Von Kevin MacDonald, übersetzt von Lucifex. Das Original Alexander Dugin’s 4 Political Theory is for the Russian Empire, not for European Ethno-Nationalists erschien am 18. Mai 2014 auf The Occidental Observer.
Nur sehr wenige in der alternativen Rechten kannten Alexander Dugin vor der Veröffentlichung und Übersetzung seines Buches The Fourth Political Theory im Jahr 2012. Plötzlich wurde der Inhalt dieses Buches zum Thema lebhafter Diskussion, und er wurde als „wohl der prominenteste neurechte Denker der Welt“ begrüßt. Mit der Ausnahme von Michael O’Meara auf Counter-Currents waren die meisten Rezensionen sehr positiv oder zumindest sympathisierend. Nachdem ich Rezensionen, Interviews, Blogs und Artikel gelesen und einige Videovorlesungen von Dugin angehört hatte, beschloß ich, The Fourth Political Theory (FTP) zu lesen.
Über die ersten Seiten war ich ziemlich beeindruckt von Dugins lakonischer Behandlung der Art, wie der Liberalismus die normativen Bedingungen für eine Menschheit geschaffen hatte, die empfänglich für eine Weltregierung in ihrer „Glorifizierung der totalen Freiheit und der Unabhängigkeit des Individuums von jeglicher Art einschließlich Vernunft, Identität (sozial, ethnisch und sogar geschlechtlich), Disziplin und so weiter“ ist (S. 18). Mit der „Befreiung“ des Menschen von jeder notwendigen, vorgegebenen Mitgliedschaft in irgendeiner Gemeinschaft oder Identität und der weithin akzeptierten universalen Moral der Menschenrechte standen nun wenige Hindernisse einem totalitären globalen Markt im Weg.
Dugin ist ein Patriot, und ich stimme zu, daß Rußland als kontra-hegemoniale Macht gegen die Ausbreitung amerikanischer Hollywood-Werte und die fortdauernde Ausdehnung der EU in ehemals sowjetische Territorien agieren muß.
Aber es wurde bald offenkundig, daß Dugins FPT mehr als eine Kritik an der amerikanischen Hegemonie und am Atlantizismus war: es war ein unerbittlicher Angriff auf die ganze Essenz der westlichen Zivilisation. Die folgende Argumentation zieht sich durch sein ganzes Buch: Liberalismus = Amerikas gegenwärtige Militär- und Außenpolitik = westliche Zivilisation = europäische Geschichte seit der Antike = Böse. Für Dugin ist die Idee, daß Amerika die erste universale Nation ist, „im Wesentlichen… eine aktualisierte Version und Fortsetzung eines westlichen Universalismus, der vom Römischen Reich über das mittelalterliche Christentum, die Moderne im Sinne der Aufklärung und die Kolonisation bis zum heutigen Tag weitergegeben wurde“ (S. 74). Die Europäer sind immer oder zumindest seit römischer Zeit der intrinsische Feind der ethnischen Identität, der Tradition und Wahrhaftigkeit gewesen.
Um die Essenz des Liberalismus angemessen zu verstehen, müssen wir erkennen, daß es kein Zufall ist, daß sein Erscheinen in den politischen und ökonomischen Ideologien auf fundamentalen Prozessen beruht, die in der gesamten westlichen Zivilisation ablaufen. Der Liberalismus ist nicht nur ein Teil dieser Geschichte, sondern ihr reinster und verfeinertster Ausdruck, ihr Ergebnis (S.140).
Der Rezensent Siryako Akda sagt: Dugin kritisiert die westliche Welt vom Standpunkt der Tradition und Authentizität.“ Ich lese das so, daß Dugin das russische Volk und Reich aus der Perspektive der Tradition verteidigt, während er den Westen aus der Perspektive des Postmodernismus und Kulturmarxismus kritisiert. Es ist der Aufmerksamkeit der Kommentatoren in der alternativen Rechten entgangen, daß Dugin sich bei seiner Beurteilung des Liberalismus fast zur Gänze auf Kulturmarxisten stützt. Ich denke nicht, daß wir es leicht nehmen sollen, daß er Karl Marx‘ Ideen als „enorm nützlich und anwendbar“ feiert (S. 50), Franz Boas „den größten amerikanischen Kulturanthropologen“ nennt (S. 63) und glaubt, daß Levi-Strauss „überzeugend gezeigt hat“, daß primitive Kulturen in Afrika genauso komplex und reich wie europäische Kulturen waren (S. 109). Ohne Zögern und ohne Wertschätzung der Art, wie der Westen zur vorrangigsten Zivilisation der Welt aufstieg, zur kreativsten in Kunst und Wissenschaft, erklärt er, daß „allein schon die Ideologie des [westlichen] Fortschritts rassistisch in ihrer Struktur ist.“ Er ist sich nicht bewußt, daß das russische Reich, das er so bewundert und irrigerweise mit der Tradition per se identifiziert, sich ohne die Assimilation europäischen Knowhows durch Peter den Großen in der Neuzeit aufgelöst hätte.
Einige der anderen Denker, auf die Dugin sich stützt, sind Baudrillard, Foucault und Deleuze. Er akzeptiert Foucaults Verdammung der Aufklärung als einen Träger „all der Zeichen des intellektuellen Rassismus, der Apartheid und anderer totalitärer Vorurteile“ (S. 133). Mit solchen Aussagen würde Dugin sich leicht in eine westliche Universitätsumgebung passen. Seine Darstellung all dessen, was westlich ist, als rassistisch und böse, kombiniert mit seiner Identifikation nichtwestlicher traditioneller Kulturen als authentisch, natürlich und wahr unterscheidet sich nicht von der multikulturalistischen Schablone, die in der akademischen Welt durchgesetzt wird. Wir sollen glauben, daß die Chinesen mit ihren unterdrückten Minderheiten und ihrem offiziellen Diskurs über rassische Hierarchien, die Russen mit ihrer Geschichte des Zerbrechens von nationalem Erbe und die Inder mit ihrem dreckigen Kastensystem nicht rassistisch sind, sondern Besitzer gesunder Reiche, die von weißen Nationalisten in der Gegnerschaft zur amerikanischen Hegemonie unterstützt werden sollten.