Die Maschinenpistole MP 40/I im scharfen Schuß

Rekonstruktion: Gefreiter der Artillerie patrouilliert 1944 an der Ostfront in der Umgebung seiner Batterie, bewaffnet mit der Maschinenpistole MP 40/I.

Von Robert Bruce, übersetzt von Cernunnos. Dies ist meine Übersetzung des Kapitels über die Maschinenpistole MP 40/I aus dem Buch „German Automatic Weapons of World War II – Live Firing Military Weapons in Colour Photographs“ von Robert Bruce (ISBN I-85915-043-8). Sämtliche Bilder stammen ebenfalls aus diesem Buch, wie auch die von mir übersetzten Bildunterschriften (am Schluß gibt es eine mit Fotos illustrierte Zerlegeanleitung).

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Die mängelbehaftete Mauser R713 war nur eine Nebenveranstaltung im deutschen Arsenal. Es waren seit langem Arbeiten im Gange an einer wahren Maschinenpistole, um eine taktische Rolle auszufüllen, die sich allmählich entwickelt hatte, beruhend auf Erfahrungen aus dem Großen Krieg und vorausschauend auf die neue „Blitzkriegs“-Doktrin der hohen Beweglichkeit und maximalen örtlichen Überlegenheit. 1938 eingeführt, zu einer Zeit, als alle Maschinenpistolen der Welt unnötig schwer und teuer waren – nach den traditionell engen Toleranzen der Büchsenmacherei aus solidem Stahl gearbeitet und mit Hartholzschäften ausgestattet – revolutionierte die neue Maschinenpistole MP 38 aus der deutschen Firma Erfurter Maschinenfabrik (Erma) konventionelle Vorstellungen von dem, was eine Maschinenpistole sein sollte. Mit klappbarem Skelettschaft, Plastikgriff und vielen Blechprägeteilen boten sich die MP 38 und die nachfolgende MP 40-Familie von Maschinenpistolen für die effiziente Massenproduktion an und waren im Nahkampf sehr wirksam. Sie dienten dem deutschen Soldaten gut, von der Invasion Polens im September 1939 bis zum Zusammenbruch des „Tausendjährigen Reiches“ im Mai 1945.

Entwicklung

Obwohl Hugo Schmeissers MP 18/I von Bergmann – die erste wahre Maschinenpistole der Welt – zu spät gekommen war, um den Ausgang des Ersten Weltkrieges zu beeinflussen, spielte sie eine prominente Rolle in den sozialen Unruhen, die örtlich auf Bürgerkrieg hinausliefen, die auf Deutschlands Niederlage folgten. Anderswo in der unruhigen Nachkriegswelt befeuerten interne Rebellionen und Grenzkriege eine Nachfrage nach Maschinenpistolen, die von verschiedenen europäischen Waffenherstellern befriedigt wurde. Deutsche Firmen gehörten zu den stärksten Mitbewerbern und produzierten die von Schmeisser konstruierte Haenel-MP 28, die Bergmann-MP 34 und MP 35 und eine innovative Waffenserie von Erma.

1927 erhielt Heinrich Vollmer, ein Waffenkonstrukteur bei Erma, ein Patent für ein raffiniert konstruiertes Verschlußsystem. Ein mehr oder weniger gewöhnlicher gefräster Stahlverschluß wurde von einer Röhre getrieben, die sich teleskopartig in drei zunehmend kleineren Abschnitten zusammenschob. Darin befand sich eine Schraubenfeder, die sich um einen langen Stab wand, der aus der Rückseite eines nagelartigen Schlagbolzens hervorstand. Die Hauptvorteile dieser Anordnung waren Zuverlässigkeit und glatte Funktion. Die Abschnitte der Teleskopröhre schützten die Schließfeder vor Schmutz und verhinderten, daß sie bei hartem Gebrauch und häufigem Zerlegen zur Reinigung geknickt wurde.

Frühe Produktionsmuster der Vollmer/Erma-Maschinenpistole – 1928 vorgestellt und nach Frankreich und Lateinamerika exportiert – kamen in zwei Versionen: mit einem langen konisch verjüngten Lauf und einer Einbein-Teleskopstütze, und mit einem kürzeren Lauf und ohne Einbeinstütze. Die davon abgeleiteten Erma-EMPs ab 1930 waren, auch wenn sie in drei verschiedenen Versionen erschienen, der MP18 äußerlich sehr ähnlich, mit einer Menge traditionell verarbeitetem Stahl, geschlitzten Laufmänteln und schweren Hartholzschäften. Ein leicht identifizierbares Merkmal vieler EMPs war der senkrechte hölzerne Vordergriff, der vielleicht von jenem der amerikanischen Thompson-Maschinenpistole inspiriert war. Der Spanische Bürgerkrieg brach im Sommer 1936 aus, und deutsche Militärbeobachter und Spezialistenpersonal der „Legion Condor“ wurden fast sofort ausgesandt, um die Nationalisten zu unterstützen; hier hatten sie zahlreiche Gelegenheiten, aus erster Hand den praktischen Wert von Maschinenpistolen im Nahkampf zu beobachten. Wieder in Deutschland, verlangten Pioniere der Panzerkriegführung nach Maschinenpistolen, um die neuen Panzergrenadiereinheiten der motorisierten Infanterie zu bewaffnen.

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