Die frühen imaginären Abenteuer von Gott

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Von Bob Parkinson („The Early, Imaginary Adventures of God“, 1979); die vorliegende deutsche Übersetzung von Charlotte Winheller stammt aus einem alten SF-Taschenbuch und wurde von Deep Roots in dieser Form mit dem Titelbild von Gary Larson („The Far Side“) bereits auf „As der Schwerter“ veröffentlicht.

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Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde in genau einhundertneunundzwanzig Stunden und siebenunddreißig Minuten. Er begann an einem Sonntagmorgen, als der er sich später entpuppte, nach dem Frühstück, und war am darauffolgenden Freitagabend fertig. Selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, daß ER allwissend und allmächtig war und daß IHM dieses Projekt schon eine ganze Weile durch den Kopf gegangen war, durfte ER stolz sein darauf.

Am siebenten Tag ruhte ER sich aus.

Aber nicht lange. Denn schon nach allerkürzester Zeit schien es zwischen Adam und Eva Schwierigkeiten zu geben. Ein paar Jahre darauf zeigte es der Kain dem Abel und machte sich nach einem recht unerfreulichen Wortwechsel mit IHM in Richtung aufgehender Sonne auf, um eine Familie zu gründen und die Zivilisation in Gang zu setzen. Aber Gott ließ sich nicht entmutigen. Es hatte in seiner Absicht gelegen, interessante Situationen zu schaffen, und was auch immer geschah, ER würde sich später damit befassen und die Dinge ins Lot bringen. Was jedoch Sorgen bereitete, war der leise Verdacht, daß Kain nicht recht verstanden hatte, worauf es IHM eigentlich ankam. Als Eva ihre nächste Schwangerschaft austrug, kümmerte ER sich darum, daß das Kind ein bißchen mehr Intelligenz mit auf den Weg bekam.

Und daß Seth ein aufgeweckter Junge war, daran war nicht zu rütteln. Kain hätte ihn sicher nicht gemocht, aber Kain konnte niemanden leiden, der besser war als er, nicht einmal den Gedanken daran. Jedermann sonst war stolz auf den Jungen. Er wuchs heran, bis aus ihm ein gutaussehender Mann geworden war, bekam eine Reihe Söhne und Töchter und wurde über neunhundert Jahre alt.

Allerdings hatten die Nachkommen von Seth und die von Kain schon lange vorher damit begonnen, untereinander zu heiraten. Und wie es so kommt, erbten deren Kinder Seths Intelligenz und Kains Streitsucht. Anstatt Verständnis für Gott aufzubringen, fingen sie an, sich die Dinge zurechtzulegen.

Eines heißen Nachmittags saß ein Mann namens Kenan im Schatten einer Mauer und unterhielt sich mit seinen Freunden. Die Mauer gehörte zu einer der neuen Städte, die Kains Kinder emsig errichteten. Kaum einer würde auf Anhieb von einer Stadt reden, ja nicht einmal von einem Dorf, aber immerhin war es die erste ihrer Art, und sie konnten sie nennen, wie es ihnen paßte. Wenn die Sonne gar zu heiß auf sie herab brannte, machten sie eine Pause und setzten sich in den Schatten. Und dann unterhielten sie sich, was vielleicht auch ein Grund dafür war, warum die Stadt nicht größer werden wollte. Gott wurde auf sie aufmerksam, als sie sich über die Form, die die Welt hätte, zu streiten begannen. Seine Welt!

„Hört zu“, sagte Kenan. „Ich fände es geradezu idiotisch, wenn die Welt flach wäre.“

Einen Augenblick spielte Gott mit dem Gedanken, ihn auf der Stelle zu zermalmen – als Warnung für alle, die es wagten, Kritik zu üben. Die Welt war nämlich flach. Bis dahin war IHM das ganz selbstverständlich vorgekommen. Aber mit der Allwissenheit hatte es einen Haken: Oft ließ sich im voraus erkennen, wie es weiterging. Und das letzte, was Gott sich wünschte, war, daß Kenans zorniger Geist im Himmel aufkreuzte und IHN beschuldigte, seine Arbeit nicht vernünftig begründen zu können. Also hörte ER erstmal zu (Was seither mehr als einen Kritiker vor dem plötzlichen Ableben bewahrt hat).

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