Das. Ist. Nicht. Sparta. (6): Sparta in der Schlacht

Aus „300“: Leonidas (Gerard Butler) verabschiedet sich von seiner Frau Gorgo (Lena Headey) und seinem Sohn.

Von Bret Devereaux, übersetzt und mit einem Titelbild und zusätzlichen Links versehen von Lucifex. Das Original This. Isn’t. Sparta. Part VI: Spartan Battle erschien am 20. September 2019 auf dem Blog A Collection of Unmitigated Pedantry des Autors.

Zuvor erschienen: Glossar zu Sparta, Das. Ist. Nicht. Sparta. (1): Spartanische Schule(2): Spartanische Gleichheit, (3): Spartanische Frauen, (4) Spartanischer Reichtum und (5) Die spartanische Regierung.

Diese Woche gibt’s den Teil, auf den ihr alle gewartet habt – wir werden uns ansehen, wie die Spartaner kämpften. Dies ist Teil sechs unserer Serie, die Sparta und seinen Platz im kulturellen Gedächtnis betrachtet. Wie wir zuvor kurz diskutierten, gibt es in der Sparta-Mystik zwei zentrale Mythen, den Mythos von der spartanischen Gleichheit und den Mythos von der spartanischen militärischen Exzellenz. Wir haben die letzten vier Wochen mit der Untersuchung des ersteren verbracht und herausgefunden, daß er schwer zu wünschen übrig läßt.

Natürlich ist der Mythos von der spartanischen Gleichheit nicht das, was Spartas Platz in der Populärkultur garantiert. Sicher, Akademiker und die Autoren von Meinungskolumnen mögen über die spartanische Gesellschaft diskutieren, aber wir machen keine Filme und Videospiele über die spartanische Gesellschaft (vielleicht sollten wir das – sie wären erschütternde Dystopien, aber dafür gibt es heutzutage einen Markt). Wir machen Filme und Videospiele über spartanische Krieger. Und für eine Menge Leute ist das alles, was zählt – die Kindesmißhandlung, Brutalität und Sklaverei, der demographische Kollaps und der ganze Rest wird irgendwie „die Sache wert“, wenn das dazu führt, daß Sparta die „besten“ Krieger hervorbringt.

Nun erhebe ich klarerweise heftig Einspruch gegen diese Position. Welche Ehre wird gewonnen durch die mächtige Verteidigung eines entsetzlichen, unmenschlichen Systems? Aber so viel vom Ruhm der Spartaner – was sie auch immer für Lebensumstände schützten – steckt in ihrem Ruf als Krieger.

Spartaner sollen Krieger sein, vielleicht die ultimativen Krieger. Oder vielleicht totale Krieger, was immer das bedeutet (so gut ich sagen kann, bedeutet es „mittelmäßiges Hauen und Stechen“, was, wie wir sehen werden, seltsam angemessen ist). Wie soll euer Einmannarmee-Supersoldat genannt werden? Es liegt auf der Hand, daß ihr ihn Spartaner nennt. Oder John Spartan.

Und all das, bevor wir hierzu kommen:

Diese Szene – und keine andere Szene in diesem Film – ist tatsächlich eine der besseren Darstellungen von griechischem Hoplitenkrieg, die ich in Filmen gesehen habe. Sie ist nicht perfekt – die Spartaner halten wahrscheinlich ihre Speere falsch, und „alle zusammen STOSSEN und vereint drängen“ wird nirgendwo in unseren Quellen beschrieben (es ist kaum dasselbe wie der othismos, den ich hier nicht debattieren werde). Aber hinsichtlich der Darstellung der dichten Formation mit einander überlappenden Schilden ist sie besser als der Durchschnitt.

Das Bild von Sparta und den Spartanern, das hier präsentiert wird, hat ein paar ineinandergreifende Teile. Wir werden diese Teile auseinandernehmen und separat zerlegen, sodaß wir sie einen nach dem anderen gegen die antiken Belege testen können. Insbesondere wollen wir diese Vorstellungen testen:

  • Daß die spartanische Phalanx qualitativ anders und besser war – hinsichtlich Organisation, Disziplin oder Kampffähigkeiten – als die Phalanxen anderer griechischer poleis oderr sogar anderer antiker Staaten.
  • Daß der einzelne Spartaner – oder einfach Spartiat – individuell eine Art idealer oder ultimativer Krieger war.
  • Daß – als Konsequenz der beiden vorherigen – die Spartaner die beste Armee in Griechenland hatten und eine qualitativ sehr hochwertige Armee nach den Maßstäben der antiken Welt.

Jetzt ist also der Mythos von der spartanischen militärischen Exzellenz an der Reihe, um auf die Probe gestellt zu werden. Ich möchte klarstellen, daß die Analyse dieser Woche eine Kampanalyse Pfund für Pfund ist – wir werden Strategie, Logistik und Umfang nächste Woche betrachten, wenn wir die Serie beschließen. Heute geht es nur um das Gewinnen von Schlachten, was, wie wir nächste Woche sehen werden, noch lange nicht bedeutet, Kriege zu gewinnen oder große strategische Ziele zu erreichen.

Ergreift also eure Schilde, nehmt eure Speere, setzt eure Helme auf, denn es ist Zeit für ein paar Hoplitenschlachten.

Und jetzt alle zusammen

Als die Spartaner in 300 bei den Thermopylen ankommen, hält Leonidas eine Rede vor Ephialtes (der aus irgendeinem Grund von einem örtlichen Schafhirten in einen lakedaimonischen hypomeion verwandelt wurde) über die Stärke der spartanischen Phalanx. Jeder Hoplit in der Formation – wobei Hoplit der Ausdruck für den schweren griechischen Infanteristen ist, der den aspis-Schild trug (der manchmal hoplon genannt wird, daher der Name) – deckte nicht nur sich selbst mit seinem Schild, sondern auch den Mann zu seiner Linken. 300 stellt das als irgendwie einzigartig spartanisch dar – wenn die Arkadier kämpfen, sind sie verglichen mit den Spartanern „mehr Raufbolde als Krieger, sie machen ein erstaunliches Chaos daraus“.

Leonidas erklärt Ephialtes die Phalanx. Die volle Zeile lautet: „Dein Vater hätte dir sagen sollen, wie unsere Phalanx funktioniert. Wir kämpfen als eine einzige undurchdringliche Einheit. Das ist die Quelle unserer Stärke. Jeder Spartaner schützt den Mann zu seiner Linken vom Oberschenkel bis zum Hals mit seinem Schild. Eine einzige schwache Stelle, und die Phalanx zerbricht.“ Das ist ein starkes Stück von einer polis, die immer in Koalitionen mit anderen griechischen Staaten kämpfte, die immer ihre eigenen Nichtspartiaten zum Kampf in der Phalanx zwang, manchmal sogar einschließlich versklavter Heloten (sodaß es fakisch VIELE schwache Stellen gab), und die sich zunehmend auf hypomeiones – wie diese Version von Ephialtes – stützen sollte, die anstelle der ständig weniger werdenden, immer reicheren Spartiaten kämpften.

(Eine pedantische Anmerkung: Ich weiß natürlich von der Debatte unter griechischen Historikern über die Natur der Phalanx. Ich vertrete – mit einigen Modifikationen – die „orthodoxe“ Sicht auf die Hoplitenphalanx (mehr Western Way of War und weniger Greek Warfare: Myths and Realities), und daher werdet ihr hier diese bekommen. Macht euch nichts draus, wenn euch das nichts bedeutet – es ist bloß dazu da, um die Handvoll von Leuten zu informieren, die es kümmert. Dieses Argument wird dadurch weder im einen noch im anderen Fall verändert.)

Dieser Eindruck – daß der Hoplit irgendwie zu Sparta gehört – wird durch die Art, wie Objekte wie der korintische Helm, der runde griechische aspis-Schild (jene „spartanischen“ Hindernisrennen verwenden beides!), manchmal sogar die komplette Hoplitenausrüstung, in der Populärkultur als spartanische Bildsprache statt als [allgemeine] griechische Bildsprache assimiliert worden sind. Ich habe mehr schlechte Netzartikel gesehen, als ich zählen kann, wo diese Sachen als „spartanische“ Ausrüstung bezeichnet werden, als ob der Rest der Griechen etwas anderes getragen hätte.

Dies… ist Unsinn. Die Hoplitenphalanx war der gemeinsame Kampfstil von im Wesentlichen allen griechischen poleis. Sie war nicht einzigartig für Sparta.

Das hat alle möglichen Implikationen. Die Spartaner verwendeten dieselbe militärische Ausrüstung wie alle anderen Griechen: einen Stoßspeer (den dory), ein Schwert als Reservewaffe (ein Xiphos oder Kopis: die Popkultur tendiert dazu, Spartanern die kopis zu geben, weil sie cool aussieht, aber es gibt keinen Grund anzunehmen, daß sie sie bevorzugten), Körperpanzerung (entweder aus Textilien oder einen bronzenen Brustharnisch), einen aus einer Anzahl gemeinsamer griechischer Helmstile und möglicherweise Beinschienen. Wir könnten erwarten, daß die Spartiaten – nachdem sie im Grunde sehr wohlhabende Griechen waren – Ausrüstung vom oberen Ende der Qualitätsskala hatten, aber die Periöken und andere Unterklassen, die mit den Spartiaten kämpften (und ihnen zahlenmäßig stark überlegen waren) werden das normale Kontingent „armer Hopliten“ ausgemacht haben, wie es wahrscheinlich in der Armee jeder polis üblich war.

Malerei auf der Chigi-Kanne (650 – 640 v. Chr.), die sich nun im Etruskischen Nationalmuseum in Rom befindet (zusammen mit dem allerbesten Elefantenteller!), die die schwere Hoplitenausrüstung zeigt, einschließlich Beinschienen, Brustharnischen und dem schweren aspis-Schild. Interessanterweise gibt es an diesen Brustharnischen keine pyterges, die hängenden Lederstreifen, die normalerweise die Leisten schützen.

Xenophon hält seltsamerweise inne, um zu erwähnen, daß die Spartiaten einen Bronzeschild tragen sollten (kalken aspida; Xen. Lac. 11.3 – dies wird manchmal als „Messing“ übersetzt – es ist auf Griechisch dasselbe Wort -, aber alle griechischen Schildverkleidungen, von denen ich weiß, sind aus Bronze). Das ist nicht der ganze Schild, wie in 300 – der wäre viel zu schwer -, sondern bloß ein dünner (ca. 0,25 mm dicker) Belag auf dem Schild. Es ist seltsam, daß Xenophon das Bedürfnis empfindet, uns das zu sagen, denn das war der Standard für alle griechischen Schilde. Vielleicht konnten ärmere Hopliten sich die Bronzeverkleidung nicht leisten und verwendeten ein billigeres Material (sehr dünnes Leder, im Grunde Pergament, ist in vielen anderen Schildtraditionen gängig), und Xenophon merkt bloß an, daß alle Spartiaten wohlhabend genug waren, um sich die schicke und teure Art von Schild leisten zu können (es ist auch angenommen worden, daß Elemente dieser Passage verlorengegangen sind und sie ursprünglich eine vollständige Ausrüstung enthalten hat, in welchem Fall Xenophon sich bloß untypischerweise über das Offensichtliche ausgelassen hat).

Die Grundzüge der Formation – Abstände, Tiefe und so weiter – scheinen ebenfalls im Wesentlichen dieselben gewesen zu sein. Die Standardtiefe für eine Hoplitenphalanx scheint acht [Glieder/Reihen] gewesen zu sein. Die Spartaner schienen ähnlichen Unterteilungen auf einer 8er- oder 6er-Basis gefolgt zu sein, was auf eine normale Tiefe von 8 hindeutet (während des Peloponnesischen Krieges, Thuc. 5.68) oder 6 (im frühen vierten Jahrhundert, Xen. Lac. 11.4). Die Verringerung der Tiefe könnte eine Folge der Mannstärkenschwundes gewesen sein, könnte aber auch auf ein größeres Vertrauen spartanischer Befehlshaber auf die Fähigkeit ihrer Linie zu halten hindeuten. Bei der Tiefe in einer Formation geht es oft um die Moral – die tiefere Formation fühlt sich sicherer an, was den Zusammenhalt verbessert.

Wenn die roten Umhänge nicht wären – die, wie ich anmerken sollte, die Spartaner im Kampf nicht trugen -, könnte das irgendeine griechische Phalanx sein. Tatsächlich war es eine beliebige griechische Phalanx, nachdem die verschiedenen Elemente der griechischen Koalitionsarmee bei den Thermopylen ihre Kräfte hätten rotieren lassen müssen (weil Hoplitenkampf erschöpfend ist).

Es ist schwer zu sagen, ob die spartanische Phalanx besser zusammenhielt. Es hätte sein können, zumindest bei den Spartiaten. Der Lebensstil der Spartiaten schuf wahrscheinlich enge Bindungen, die dabei geholfen haben könnten, im Stress des Kampfes zusammenzuhalten – aber andererseits traf das im einen oder anderen Ausmaß im Wesentlichen auf jede griechische polis zu. Das Beste, was ich zu diesem Punkt sagen kann, ist, daß die spartanische Erfolgsbilanz in der Schlacht – die weiter unten ausführlich diskutiert wird – gegen jeglichen großen Vorteil beim Zusammenhalt spricht.

Dennoch scheint die spartanische Schlachtordnung doch in zweierlei Hinsicht bemerkenswert anders gewesen zu sein:

Erstens: sie hatte ein viel höheres Verhältnis von Offizieren zu gewöhnlichen Soldaten. Das war eindeutig ungewöhnlich, und mehr als eine antike Quelle äußert sich dazu (Thuc. 5.68; Xen. Lac. 11.4-5, wo etwas beschrieben wird, das vielleicht etwas andere Kommandosysteme sind). Sechs Reihen ergaben eine enomotia (befehligt von einem enomotarchos); zwei davon zusammengenommen wurden von einem pentekonter befehligt (wörtlich: Befehlshaber von fünfzig, obwohl er in Wirklichkeit 72 Männer unter seinem Kommando hatte); zwei von diesen bilden einen lochos (befehligt von einem lochagos) und vier lochoi ergaben eine mora, befehligt von einem polemarchos (wörtlich: Kriegsführer) – es gab zu Xenophons Zeit sechs davon. Verglichen mit den meisten griechischen Armeen sind das viele Offiziere, und das führt zu:

Zweitens: sie scheint etwas leichter manövrieren können zu haben als eine normale Phalanx. Dies folgt aus dem ersten. Kleinere taktische Unterteilungen mit mehr Kommandopersonal machten die Formation agiler. Xenophon stellt diese Fähigkeit klar als außergewöhnlich dar, und das scheint sie gewesen zu sein (Xen. Lac. 11.4). Hoplitenarmeen, die an einer Flanke siegreich waren, hatten oft echte Schwierigkeiten, diese siegreichen Soldaten umzuorganisieren und sie herumschwenken zu lassen, um dem Rest der Linie in die Flanke zu fallen und sie aufzurollen (z. B. die Athener bei Delium, Thuc. 4.96.3-4). Die Spartaner waren darin eher besser (z. B. bei Mantinea Thuc. 5.73.1-4). Sie scheinen auch besser darin gewesen zu sein, zeitgerecht zu marschieren und sich zu bewegen.

Nun möchte ich diesen Punkt nicht zu sehr überbewerten. Wir vergleichen die Spartaner mit anderen Hoplitenstreitkräften, die – besonders im fünften Jahrhundert – im Wesentlichen wie ungelenkte Raketen waren. Der General (oder die Generäle) richtet die Phalanx auf den Feind, drückt auf „los“ und hofft dann auf das Beste. Wirklich effektives Kommando – was Everett Wheeler als den General als „Schlachtmanager“ bezeichnet – kommt erst im vierten Jahrhundert wirklich auf, großteils nachdem die spartanische Macht bereits gebrochen war (E. Wheeler, „The General as Hoplite” in Armies of classical Greece, Hrsg. Wheeler (2007)). Während „rechter Flügel, links schwenkt“ kaum das komplizierteste Manöver ist (besonders angesichts dessen, daß die vorhersehbare Rechtsdrift von Hoplitenarmeen in der Schlacht bedeutete, daß es eingeplant werden konnte), kennzeichnete es die Spartaner verglichen mit den Beschränkungen der meisten Hoplitentruppen als ungewöhnlich geschickt.

Kompliziertere spartanische Manöver liefen oft schlecht. Spartanischen Truppen bei Plataiai (479 – Hdt. 9.53) gelang es nicht, befehlsgemäß zu verlegen, was ein unbeabsichtigtes Gefecht herbeiführte. Eine Lücke in der Reihe zu schließen, wenn der Vorstoß bereits im Gange war, aber bevor man in der Schlacht aufeinandertraf (etwas, das römische Armeen routinemäßig tun), lag anscheinend ebenfalls außerhalb der Fähigkeiten einer spartanischen Armee (Thuc. 5.72). Während die Spartaner in der Populärkultur oft in innovativen taktischen Formationen gezeigt werden – wie der Keil gegen Kavallerie oder die Schildkugel gegen Geschosse in 300 (was beides Unsinn ist) – war die spartanische Armee in der Praxis taktisch unkreativ. Wie jede andere Hoplitenarmee bildeten die Spartaner ein großes Rechteck aus Männern und ließen es in die Front des feindlichen großen Rechtecks aus Männern krachen. Insbesondere machten die Spartaner, wie wir sehen werden, begrenzten und ziemlich schlechten Gebrauch von anderen Waffengattungen, wie leichte Infanterie oder Kavallerie, sogar verglichen mit anderen griechischen poleis (und die Latte liegt hier sehr niedrig, der griechische Einsatz kombinierter Waffengattungen war verglichen mit, sagen wir den Römern oder Mazedoniern oder Persern, miserabel). Falls überhaupt, waren die Spartaner weniger anpassungsfähig als andere Hopliten.

Die Keilformation gegen Kavallerie, die wir im Film sehen, ist, wie ich anmerken muß, sehr dumm. Später, wenn Kavallerie ein Rechteck aus Infanterie brechen mußte, pflegte sie die Angriffe auf die Ecke zu richten. Diese Formation präsentiert die Ecke dem Feind und obendrein eine schöne lange schildlose linke Flanke, an der die Kavallerie entlangreiten kann, um Speere zu werfen oder Pfeile zu schießen.

Einerseits standen die Spartaner also verglichen mit anderen griechischen Hoplitenphalanxen des vierten und frühen dritten Jahrhunderts vielleicht eine halbe Stufe über dem Rest. Auf der anderen Seite war die spartanische taktische Flexibilität und Manövrierfähigkeit verglichen mit, sagen wir, einer hellenistischen mazedonischen Phalanx – die die Reihen öffnen, leichte Infanterie durchlassen und dann ein Rechteck bilden konnte, alles während sie angegriffen wurde (Magnesia, App. Syr. 35) – kaum beeindruckend (und der Rom-Spezialist in mir muß anmerken, daß verglichen mit der römischen Legion sogar die mazedonische sarissa-Phalanx selbst starr und reaktionsträge war, Plb. 18.31-32).

Die Schlacht von Gaugamela – Alexander der Große und seine Mazedonier gegen Darius III und die persische Armee. Schlachten von dieser Größe und Komplexität überstiegen die Fähigkeiten der spartanischen Befehlsführung.

Ein Teil davon hat, um fair zu sein, mit der Zeit zu tun – die taktische Raffinesse nimmt von 500 v. Chr. bis 50 v. Chr. um einiges zu. Aber das ist die Sache mit der Beurteilung der Spartaner – die Behauptung lautet oft nicht „sie waren um ein paar Strich besser, als für ihre Zeit zu erwarten war“, sondern vielmehr „sie waren die Besten aller Zeiten“. Wie wir sehen werden, ist diese zweite Aussage ziemlich klarer Unsinn – die Spartaner schaffen eine zutiefst enttäuschende Erfolgsbilanz von 0:2 gegen die mazedonische Phalanx (plus ein „nicht angetreten“, wo sie Philip II einfach kampflos über sie hinwegmarschieren lassen). Sie waren somit ganz klar selbst in der begrenzten Kategorie „griechischsprachige Armeen in der klassischen Antike“ nur die Zweitbesten.

Was wir stattdessen sagen könnten, ist, daß die spartanische Phalanx in meister Hinsicht einfach wie jede andere griechische Hoplitenphalanx war, mit dem Zusatz, daß das spartanische Befehlswesen und die Koordination etwas besser war, aber kaum exzellent nach den breiteren Maßstäben der Antike.

Einzelkampf

Film-Unsinn in Zeitlupe. Die Spartaner kämpften nicht so. Spartaner, die so kämpften, waren dann tot (siehe Aristodemus). Auch sieht die Griffweise an Leonidas‘ Schild falsch aus – seine Hand sollte näher am Rand sein. Auch muß er seinen Schild vor sich halten (aber die Schwierigkeit, das mit einem aspis zu tun, ist genau der Grund, warum Hopliten nicht so kämpfen!).

Nun, wenn die spartanische Phalanx nur mäßig flexibler als die irgendeiner anderen polis sind, vielleicht waren dann die Spartaner einfach individuell toll. Der „Einmannarmee“-Spartaner kommt in der Populärkultur recht oft vor – besonders in Videospielen (wie Spartan: Total Warrior, Assassin’s Creed: Odyssey oder auch God of War, wo überall ein einsamer spartanischer Krieger vorkommt, der es mit Armeen aufnimmt). 300 schwelgt ebenfalls darin – nach nur ein paar Momenten, wo sie wirklich in der Formation kämpfen, für die sie bekannt sind, brechen die Spartaner aus der Phalanx in coole Zeitlupenkampfsequenzen aus.

Die Spartaner kämpften nicht so.

Das erste Problem ist, daß die Ausrüstung der Spartaner – oder jedes Hopliten – einfach nicht zu diesem Kampfstil führte. Nun gibt es einige Debatte darüber, wie einschränkend das Gewicht von Hoplitenwaffen ist, aber es war definitiv einschränkend, die Frage ist, wie sehr.

Der größte Schuldige ist der Hoplitenschild selbst, der aspis. Das Griffsystem des aspis beruht auf zwei Riemen, einen in der Mitte des Schildes, der auf dem Ellbogen ruht, und ein weiterer am Rand des Schildes, der von der Hand ergriffen wird. Das bedeutet, daß der Schild, wenn er nach vorn gehalten wird, „außermittig“ gegenüber dem Hopliten ist (der nicht frontal zum Feind steht, sondern diesem seine Seite zuwendet). Vergleicht das mit Mittelgriff-Schilden wie dem römischen scutum oder dem Rundschild der Angelsachsen und Wikinger, die viel leichter zu handhaben sind. Selbst spätere mittelalterliche Schilde mit Doppelriemengriff verschieben den Schwerpunkt des Schildes weg vom Ellbogen und zum Unterarm hin. Das Ergebnis davon ist, daß der aspis-Schild einfach kein großartiger Schild für den Einzelkampf ist; er ist nicht wertlos, aber wenn man einen Solo-Schild wollte, könnte man sicherlich etwas Besseres entwerfen (und die Griechen taten das, mit dem pelte und später dem thureos, die für leichte Truppen verwendet wurden, von denen erwartet wurde, daß sie einzeln kämpften). Wofür er toll ist, ist natürlich der Kampf in Gruppen mit einander überlappenden Schilden.

Nein wirklich, was ist mit dem Griffsystem an diesen Schilden los? Den Schild so zu halten, sollte hässlich unbequem sein. Steckt einfach eure Schulter in den Rand[riemen?] der Schüssel und laßt sie so ruhen! Um den Schild so zu halten, müßte er seinen Oberarm nach vorn halten, aber seinen Unterarm nach unten richten, als würde er den „Robotertanz“ mit seinen Armen aufführen.

Dieses Griffsystem bedeutet, daß der aspis – im Unterschied zu einem Mittelgriff-Schild – nicht leicht herumgeholt werden kann, um die rechte Seite des Körpers zu schützen. Dies wird verschlimmert, weil griechische Formen von Körperpanzerung, entweder der linothorax oder bronzene Brustharnische, die Fähigkeit zum Verdrehen des Oberkörpers etwas einschränken. Dieses System begrenzt auch die Möglichkeit, den Schild selbst als Waffe zu benutzen – das Beste, das ein Hoplit tun kann, ist ein „Türaufreiß“-Schlag, bei dem er den Arm nach außen schwingt, was den ganzen Körper entblößt und auch kein gar so starker Schlag ist. Im Gegensatz dazu kann ein Römer mit einem scutum – einem Schild, der für den Einzelkampf gut geeignet ist – mit dem Schildbuckel zuschlagen (im Grunde wie ein Schlag mit einem 20-Pfund-Schlagring) oder mit dem metallenen Rand… alles, ohne seinen Körper für neue Angriffsrichtungen zu öffnen.

Das Gewicht einer hochwertigen Hoplitenausrüstung – die Art, die eine Elite wie die Spartiaten verwenden würde – verschlimmert dieses Problem. Es hat einiges an Debatte zu diesem Punkt gegeben – wie einschränkend war das Gewicht der Hoplitenrüstung, und die damit verwandte Frage, ob es eine leichtere Form der Ausrüstung gab, aber ich denke, Adam Schwartz (Reinstating the Hoplite (2009), 25-101) hat weitgehend recht: eine schwere Hoplitenrüstung war großteils ungeeignet für den beweglichen Einzelkampf, aber extrem gut geeignet für den Kampf in der Formation. Die nachfolgende Verringerung des Gewichts und der Einschränkung der Sicht und des Gehörs durch diese Ausrüstung milderte diese Schwierigkeit etwas, beseitigte sie aber niemals völlig.

Aha! Ich wußte, daß die Griffkonstruktion falsch war. Und sie ist sehr, sehr falsch. Der Griff plaziert in Wirklichkeit die Mitte des Unterarms (statt den Ellbogen) im Schwerpunkt, was den Schild zu einer Art vermurksten Mittelgriff-Schild macht. Das erklärt eine Menge der Schildbewegungen in dem Film, die sauber aussehen, aber mit einem wirklichen aspis unbequem oder unmöglich sein sollten.

Die Spartaner waren also wie alle Hopliten sehr stark auf den Gruppenkampf orientiert. Die Einmannarmee ist einfach nicht die Art, wie sie kämpfen, noch wie sie jemals zu kämpfen beabsichtigten.

Nun, okay, vielleicht kämpfen sie in Gruppen, sind aber individuell besser darin. Da ist etwas dran. Mehrere Quellen – besonders Xenophon – heben die größere körperliche Fitness hervor, die die Spartiaten aufweisen (Xen. Lac. 4.5, 5.9). Die Spartiaten waren immerhin reich, daher waren sie wohlgenährt und konnten entsprechende Muskeln aufbauen; sie hatten auch einen recht aktiven Lebensstil (hauptsächlich Dinge wie die Sportjagd) und hielten sich sportlich aktiv. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der durchschnittliche Spartiat daher größer und fitter als der durchschnittliche Hoplit – obwohl, nocht einmal, die anderen Lakedaimonier in der Phalanx (Periöken, hypomeiones, mothakes, neodamodes, sogar Heloten, die als Hopliten kämpfen) würden diesen Effekt wahrscheinlich mindestens zu einem gewissen Grad aufwiegen (mit verstreichender Zeit und der schrumpfenden Zahl der Spartiaten immer mehr!)

Aber was ist mit den kriegerischen Fähigkeiten und der Kampfexpertise? Tatsache ist, daß es nicht viele Belege für ein spartanisches Militärtrainingsregime gab – sicherlich nichts wie das, was die Römer hatten, oder auch was spätere hellenistische griechische poleis einführten. Wir haben bereits die agoge diskutiert, und ihr werdet bemerken, daß an keiner Stelle Schwertkampfkunst, der Gebrauch von Speer und Schild oder irgendetwas dergleichen zur Sprache kam. Es gibt, um fair zu sein, ein paar Scheinkämpfe mit Fenchelstielen anstelle von Speeren, und ein paar Kriegstänze, die der Imitation eines Kampfes gedient haben mögen, aber die agoge ist kein Trainingsprogramm, sie ist ein Indoktrinationsporgramm. Plutarch und Xenophon – die sie beschreiben – äußern sich dazu ganz klar: der Zweck ist, Männer hervorzubringen, die gehorsam gegenüber den Gesetzen sind uns sich der Gemeinschaft unterordnen (Xen. Lac. 2.10-11; Plut. Lyc. 25.3). Irgendwelche Vorteile für die militärische Qualität sind offenkundig sekundär (e.g. Xen. Lac. 2.7).

Xenophon selbst erwähnt – in den Worten von Kyros (den er als idealen Herrscher präsentiert) -, daß Kriegführung nach Art der Hopliten im Nahkampf wenig Übung erforderte (Xen. Cyrop. 2.1.9-16). Und ich möchte bezüglich dieser Aussage zwei Dinge betonen: erstens, daß Xenophon eine Menge Hoplitenkampf erlebt hatte, als er dies wußte, und in einer Position war, das zu wissen, und zweitens, daß er auch eine Menge von Sparta gesehen hatte. Man kann sich schwer vorstellen, daß Xenophon – mit seiner Lakonierphilie – sagen würde, daß Übung für Hopliten unwichtig war, wenn die Spartaner sich stark darauf gestützt hätten. Trotzdem, da ist er und sagt, daß all die Bewegungen, die ein Hoplit wirklich ausführen mußte – mit dem Schild zu blocken, mit dem Speer zuzustoßen oder mit dem Schwert zuzuschlagen – instinktiv waren und nicht gelehrt oder geübt zu werden brauchten.

Leonidas öffnet seinen ungeschützten Körper für Angriffe, indem er seinen Schild weit nach links schwenkt, wo keine Feinde sind. Und: der Hoplitenspeer (der dory) ist nicht für das Werfen ausbalanciert, daher ist dieser Plan schauderhaft. Und außerdem: wer wirft seine Hauptwaffe weg? Ich beginne zu denken, daß Leonidas in Wirklichkeit nicht sehr gut darin ist.

Plato liefert unseren ersten soliden Beleg für die hoplomachia – Übungsdrills in Hoplitenkriegführung – sagt aber sofort durch die Person des Laches, daß spezifisch die Spartaner sie nicht praktizieren (Plat. Lach. 182d-183a), weil sie denken, daß sie nicht funktioniert. Es gibt klar etwas Übungen mit Waffen in Sparta wie anderswo in Griechenland (siehe J. K. Anderson, Military Theory and Practice in the Age of Xenophon (1970), S. 84 – 93 hinsichtlich der besten Diskussion über die Belege; man beachte auch Wheeler, „Hoplomachia and Greek Dances in Arms” (1982)), aber sie nähern sich nie den formalen Waffendrills an, die wir bei den Römern sehen, oder den komplexen Kampfsystemen des späten Mittelalters. Genauso wenig scheint Sparta in dieser Hinsicht besonders außergewöhnlich zu sein; sie scheinen genauso geschult – oder ungeschult – zu sein wie alle anderen Griechen.

Genauso wenig können wir uns auf die Annahme stützen, daß der Spartaner mehr Kampferfahrung als seine Feinde hat. Tatsache ist, daß griechische poleis ziemlich regelmäßig in den Krieg zogen und daß sie dazu tendierten, den Großteil ihrer Hoplitenklasse in der Schlacht zum Einsatz zu bringen, wenn sie es taten, und daher werden die meisten Griechen der Hoplitenklasse von irgendwoher wahrscheinlich Kämpfe erlebt haben. Die Spartaner waren darin nicht einzigartig, und es ist nicht klar, daß Sparta öfter kämpft – sicher, sie ermorden Heloten öfter, aber das ist kaum eine effektive Vorbereitung auf die offene Schlacht.

(Der Gegensatz zu Rom ist wiederum lehrreich. Sparta ist in Abständen im Krieg, aber die römische Republik ist mit Ausnahme von sechs Jahren fünf Jahrhunderte lang im Krieg, wobei der durchschnittliche römische Bürger wahrscheinlich mehr als sieben Jahre unter Waffen verbringt – und dies vor der Professionalisierung der Legion. Der durchschnittliche römische Freibauer (der technische Begriff ist assidui) der mittleren Republik hätte Leonidas und seine 300 wahrheitsgemäß als vergleichsweise amateurhaft betrachten können.)

Was schlußfolgern wir also? Nun, die Spartiaten sind wahrscheinlich insgesamt besser genährt und fitter als ihr durchschnittlicher Gegner. Falls sie einen Vorteil im Waffentraining haben, ist er ziemlich klein – irgendeine Art von Martial-Arts-Experten oder superlative Waffenmeister sind sie nicht. Was sie natürlich nicht sind; die Art, wie sie kämpfen, erfordert nicht, daß sie es sind. Beim Hoplitenkampf ging es nie um individiuelle kriegerische Exzellenz oder Geschicklichkeit, sondern darum, eine Position in der Formation zu halten, die Männer um einen herum zu unterstützen und seinerseits von ihren Schilden unterstützt zu werden. Der Hoplit brauchte kein Speermeister zu sein und gewann offenkundig – wir müssen Xenophon zustimmen – wenig daraus, einer zu werden.

Der spartanische Schlagdurchschnitt

Wir haben also gesehen, daß die Spartaner einen signifikanten, aber nicht überwältigenden Vorteil in der Organisation und vielleicht einen leichten Vorteil bei der individuellen Qualität hatten. Aber in meister Hinsicht war die spartanische Phalanx eine Phalanx wie jede andere. Wie gut waren sie also? Anders ausgedrückt: wie wirksam waren diese Vorteile?

Wenn die Spartaner so gut im Kampf waren, wie unsere Populärmedien und die Volksmeinung sie darstellen, müssen sie sicherlich mindestens fast alle ihre Schlachten gewinnen, richtig? Testen wir das, wollen wir? Untenstehend habe ich ungefähr vierzig Schlachten im Zeitraum zwischen 500 v. Chr. und 323 v. Chr. aufgelistet – manche groß, manche klein -, an denen die Spartaner beteiligt waren. Ich habe diesen Zeitraum nicht zufällig ausgewählt – er repräsentiert den besten und kontinuierlichsten Zeitraum für unsere Belege und verringert die Chance, daß größere Schlachten „verpaßt“ werden, weil unsere Quellen nichts von ihnen wissen. Er repräsentiert auch einen großen Brocken der Laufzeit des spartanischen Staates. Es ist keine erschöpfende Liste, aber ich denke, es ist mir gelungen alle größeren Schlachten und viele der bedeutenden kleineren Schlachten zu erwischen (und sogar einige unbedeutende!).

„Oh Scheiße, dieser Trottel hat tatsächlich alle unsere Schlachten gezählt, statt einfach anzunehmen, daß wir toll sind? Uh-oh.“

Das Ziel ist hier insbesondere, zu testen, wie die Spartaner gegen gleichrangige Gegner kämpfen, das heißt, hauptsächlich gegen andere poleis oder zumindest andere Staaten (ich habe Schlachten gegen Persien und Mazedonien ebenfalls dazugenommen). Weil wir wissen wollen, wie Sparta im Vergleich zu anderen Staaten dasteht, schließe ich Schlachten gegen die Heloten aus – Sparta gewinnt keinen Vorteil daraus, häufige (aber leicht zu unterdrückende) Sklavenrevolten zu haben.

(Das Format ist hier Datum – [Name der Schlacht] – Ergebnis; ich habe Angaben hinzugefügt, wo die Spartaner sich in einer pan-griechischen Koalition befanden und wo die Schlacht auf See stattfand. Für einige der obskureren Schlachten habe ich Textverweise hinzugefügt.)

  • 494 – Schlacht von Sepeia – Sieg über die Argiver
  • 480 – Schlacht bei den Thermopylen – Niederlage gegen die Perser (Koalition)
  • 480 – Schlacht von Artemision – Unentschieden/Niederlage gegen die Perser (Koalition), Seeschlacht
  • 480 – Schlacht von Salamis – Sieg über die Perser (Koalition; minimale spartanische Beteiligung), Seeschlacht
  • 479 – Schlacht von Plataiai – Sieg über die Perser (Koalition)
  • 479 – Schlacht von Mykale – Sieg über die Perser (Koalition)
  • 4?? (früh) – Schlacht von Tegea – Sieg über Tegea (Hdt. 9.35.2)
  • 4?? (früh) – Schlacht von Dipaia – Sieg über Tegea und Arkadien (Hdt. 9.35.2)
  • 457 – Schlacht von Tanagra – Sieg/Unentschieden gegenüber Athen und Argos (Anm: Auswirkungen innerhalb dieses Jahres rückgängig gemacht aufgrund schwerer spartanischer Verluste, die den spartanischen Rückzug zur Folge haben. Mit der Plünderung von Gythion, Thuc. 1.108.3-4, endet der Krieg in einem Unentschieden)
  • 427 – Belagerung von Plataiai – Sieg über Plataiai
  • 426 – Schlacht von Olpae – Niederlage gegen Athen (Thuc. 3.108)
  • 425 – Schlacht von Pylos/Sphacteria – Niederlage gegen Athen
  • 422 – Schlacht von Amphipolis – Sieg über Athen
  • 418 – Schlacht von Mantinea – Sieg über Koalition aus Athen und Argos
  • 418/7 – Schlacht von Hysiae – Sieg über Argos
  • 417 – Schlacht von Ornaea – Niederlage gegen Koalition von Athen und Argos
  • 411 – Schlacht von Syme – Sieg über Athen, Seeschlacht
  • 411 – Schlacht von Eretria – Sieg über Athen, Seeschlacht
  • 411 – Schlacht von Kynossema – Niederlage gegen Athen, Seeschlacht
  • 411 – Schlacht von Abydos – Niederlage gegen Athen, Seeschlacht
  • 410 – Schlacht von Kyzikos – Niederlage gegen Athen, Seeschlacht
  • 406 – Schlacht von Notium – Sieg über Athen, Seeschlacht
  • 406 – Schlacht von Mytilene – Sieg über Athen, Seeschlacht
  • 406 – Schlacht bei den Arginusen – Niederlage gegen Athen, Seeschlacht
  • 405 – Schlacht von Aigospotamoi – Sieg über Athen, Seeschlacht (gewinnt den Peloponnesischen Krieg)
  • 395 – Schlacht von Haliartos – Niederlage gegen Theben
  • 394 – Schlacht von Nemea – Sieg über Koalition aus Theben, Argos, Athen und Korinth
  • 394 – Schlacht von Koronaia – Sieg über Koalition aus Theben und Argos
  • 394 – Schlacht von Knidos – Niederlage gegen Persien, Seeschlacht
  • 391 – Schlacht bei Lechaion – Niederlage gegen Athen
  • 382 – Erste Schlacht von Olynth – Unentschieden/Niederlage gegen Olynth (Xen. Hell. 5.2.35-43; Die Spartaner versuchen Olynth zu belagern, werden von der olynthischen Kavallerie angegriffen, verjagen sie, sind aber zu geschädigt, um die Belagerung fortzusetzen, und ziehen sich zurück – Ich zähle das als Unentschieden/Niederlage, obwohl die Spartaner eine Siegestrophäe errichteten, weil sie ihr Operationsziel nicht erreichten)
  • 381 – Zweite Schlacht von Olynth – Niederlage gegen Olynth (Xen. Hell. 5.3.3-7; die spartanische Armee von Olynth I versucht es wieder und wird dabei vernichtet)
  • 376 – Schlacht von Naxos – Niederlage gegen Athen, Seeschlacht
  • 375 – Schlacht von Tegyra – Niederlage gegen Theben
  • 371 – Schlacht bei Leuktra – Niederlage gegen Theben (messenische Heloten befreit)
  • 368 – Schlacht ohne Tränen – Sieg über Koalition aus Arkadien, Argos und Messene
  • 362 – 2. Schlacht von Mantinea – Neiderlage gegen Theben
  • 338/7 – Philip II von Mazedonien marschiert gegen Sparta und besetzt Territorium, keine Schlacht findet statt, weil kein ernsthafter spartanischer Widerstand geleistet wird.
  • 331 – Schlacht von Megalopolis – Niederlage gegen Mazedonien

Puh, okay. Diese Liste ist groß und einschüchternd. Nennen wir ein paar grundlegende Zahlen. Als erstes den gesamten Schlagdurchschnitt (wobei Sieg/Unentschieden als halber Sieg gezählt wird und Unentschieden/Niederlage als halbe Niederlage, wo jedes auch ein halbes Unentschieden ist):

Spartanische Siege: 18.5

Spartanische Niederlagen: 18

Unentschieden: 1.5

Spartanischer Schlagdurchschnitt (Siege/Schlachten): 0.486

Sparta gewinnt etwas mehr Schlachten, als es verliert, aber die Grenzfälle sind genug, um Sparta unter Münzenwurfchancen zu drücken. Wenn man das als Prozentanteile Sieg/Verlust/Unentschieden aufschlüsselt, so beläuft sich das auf 48,7 % / 47,4 % / 3,9 % (Zahlen gerundet; bitte beachtet, daß Philips Invasion von 338 in dieser Rechnung nicht mitgezählt ist, nachdem keine Schlacht stattfand, was bedeutet, daß es in der obigen Liste 38 Schlachten gibt, nicht 39. Wenn man sie als Niederlage zählt (nicht angetreten), würde das Sparta richtig unter Wasser drücken, mit mehr Niederlagen als Siegen. Die spartanische Bilanz gegen Mazedonien ist schlimmer: Sellasia (222) fällt außerhalb meiner Zeitspanne, ist aber ein erdrückender mazedonischer Sieg. Sparta besiegt niemals wirklich eine mazedonische Feldarmee, die Spartaner verlieren jedes Mal).

Vielleicht sind die Seeschlachten das Problem? Immerhin hatten die Spartaner nie einen Ruf der Exzellenz zur See – was passiert, wenn wir die herausnehmen? Wir bekommen 12 Siege, 11,5 Niederlagen und 0,5 Unentschieden, die Bilanz ist funktionell unverändert. Schlachten herauszunehmen, wo Sparta sich in einer pan-griechischen Allianz befand, schadet ihrem Durchschnitt in Wirklichkeit, nachdem dabei 3 Siege entfernt werden, aber nur 1,5 Niederlagen und 0,5 Unentschieden. Es waren immerhin keine Spartaner notwendig, um persische Armeen zu besiegen, die Athener schafften es ganz gut allein bei Marathon.

Kurz gesagt: Spartas militärische Gesamtleistung ist zutiefst Durchschnitt über die klassische Periode hinweg. Sie schaffen nicht einmal eine positive Bilanz!

Aber wartet, höre ich den Ruf, die Spartaner sollen doch besser sein! Aber ihre Bilanz liegt innerhalb eines Rundungsfehlers beim Münzenwerfen!? Wie ist das möglich, wenn alles, was uns über die Spartaner gesagt wird, davon handelt, daß sie Superlativkrieger sind?

Herodot und sein Spiegel

Die Antwort wird tatsächlich – ausnahmsweise einmal – sauber in einem Satz aus 300 zusammengefaßt: „Und natürlich haben Spartaner ihren Ruf zu bedenken.“ Der größte militärische Pluspunkt, den die Spartaner hatten, war nicht ihre wirkliche militärische Exzellenz – obwohl, noch einmal, die spartanischen Fähigkeiten etwas besser als der Durchschnitt gewesen zu sein scheinen -, sondern die Wahrnehmung militärischer Exzellenz.

Herodot scheint an deren Beginn zu stehen, zumindest in unseren Quellen – er erzählt eine Geschichte, wo die Spartaner nach einer peinlichen Niederlage in einem Versuch in der Mitte des sechsten Jahrhunderts, das winzige Tegea zu Heloten zu machen (die Tegeaner traten den Spartanern in die Ärsche) angeblich die Gebeine des Helden Orestes stahlen. Als Folge davon, merkt Herodot an, waren die Spartaner von diesem Zeitpunkt an immer in der Lage, Tegea zu besiegen, und unterwarfen den Peloponnes (Hdt. 1.68), was in der Schaffung des spartanisch geführten Peloponnesischen Bundes resultierte. Die unschlagbaren Spartaner treten somit in Erscheinung. Es ist möglich, daß der spartanische Ruf älter war, aber – wie wir sehen werden – Herodot wird derjenige sein, der diesen Ruf kodifiziert und zementiert.

Büste von Herodot, 2. Jhdt. n. Chr., römische Kopie eines griechischen Originals aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert; diese könnte tatsächlich Ähnlichkeit mit dem Mann selbst haben, aber wahrscheinlich nicht.

Nur, Moment mal – wie schwer war es, den Peloponnes zu unterwerfen? Das scheint mit einer ziemlich geschickten Mischung aus Diplomatie und militärischer Gewalt erreicht worden zu sein (sich für eine Seite in einem lokalen Konflikt einsetzen, die andere schlagen, beide in die eigene Allianz zwingen, das dann wiederholen, Details siehe Kennell (2010), S. 51 – 53). Aber es überrascht wenig, daß Sparta auf dem Peloponnes dominant ist. Messenien und Lakonien zusammen hatten ungefähr 2600 Quadratmeilen. Dies ist verdammt massiv nach den Maßstäben griechischer poleis. Mehr als zweimal so groß wie die zweitgrößte polis in ganz Griechenland (Athen). Sparta ist ein volles Drittel des Peloponnes (der Halbinsel, auf der Sparta liegt). Die verbleibenden zwei Drittel sind Heimat vieler anderer poleis – Korinth, Argos, Elis, Tegea, Mantinea, Troezen, Sicyon, Aigeira und so weiter. Unnötig zu sagen, daß Sparta mehrmals so groß war wie sie alle – nur Korinth und Argos kamen ihm größenmäßig auch nur entfernt nahe. Die Populationsunterschiede scheinen ungefähr der Landfläche gefolgt zu sein. Sparta war am Beginn des fünften Jahrhunderts einfach viel, VIEL größer und mächtiger als jeder in der Nähe liegende Staat.

Sparta verbringt also die hintere Hälfte der 500er als der Teenager, der alle kleinen Jungs in der Sandkiste verprügelt und sich zum Führer macht. Wenn man mehr als dreimal größer ist (und in manchen Fällen mehr als zehnmal größer) als seine Rivalen, dann sollte ein Ruf als Sieger nicht schwer zu erlangen sein. Und es stellt sich schließlich heraus, daß es das nicht war.

Was uns wieder zu Herodot zurückführt (erinnert euch, damals im ersten Teil sagte ich, daß wir über Herodot reden werden), weil er nicht bloß den spartanischen Ruf beobachtet, sondern den spartanischen Ruf fabriziert. Herodot ist unsere Hauptquelle für die frühe griechische Geschichte (lies: vor 480) und für die beiden persischen Invasionen in Griechenland. Herodots Historien behandeln ein Spektrum von Orten und Themen – Persien, Griechenland, Skythien, Ägypten – und enthalten eine Mischung aus Geschichte, Ethnographie, Mythologie und schlichten Falschheiten. Aber – wie François Hartog bekanntlich in seinem Buch The Mirror of Herodotus (ursprünglich auf Französisch als Le Miroir d’Hérodote) betont – Herodot schreibt über Griechenland, selbst wenn er über Persien schreibt – jene anderen Kulturen und Orte existieren als Kontraste zu den Dingen, von denen Herodot denkt, daß sie all die zänkischen und erbittert unabhängigen griechischen poleis verbinden. Und er ist völlig willens, die Vergangenheit zu fabrizieren, um sie dieser Vision anzupassen.

Sparta hat in diesem Narrativ eine Rolle zu spielen: die gut regierte polis, eine Bastion der Freiheit, immer gegen Tyrannei, sei sie griechisch oder persisch. Wir werden nächste Woche auf Spartas… sagen wir, Verhältnis… zur persischen „Tyrannei“ zurückkommen. Aber für Herodot ist Sparta der Ausdruck einer idealen Form von „Griechentum“, und in Herodots Logik resultiert gut regiert zu werden (eunomia ist der griechische Begriff) hauptsächlich in militärischer Exzellenz. Damit die Geschichte funktioniert, die Herodot erzählt, muß Sparta – als einer der führenden Staaten, die sich Persien widersetzen – gut regiert sein, und es muß militärisch exzellent sein. Das ist es, was eine gute Geschichte ergibt, und Herodot läßt niemals die Fakten einer guten Geschichte in die Quere kommen.

(Randnotiz: Athen – zumindest das Athen nach Kleisthenes – bekommt diese Behandlung ebenfalls. Athen verkörpert eine andere Anzahl „griechischer“ Tugenden, und wo Sparta seine Tüchtigkeit an Land zeigt, tun die Athener das auf See.)

Herodot kommt in „300“ nicht vor, aber er kommt in Assassin’s Creed: Odyssey vor, wo er als berühmter Historiker behandelt wird, der viele Dinge weiß. Was ein bißchen komisch ist, angesichts dessen, daß der Historiker dieser Zeit, Thukydides, nicht viel von ihm hält.

Und so spielt Herodot – der Mythenmacher – die Spartiaten bei den Thermopylen hoch (ihr wißt schon, die tapferen 300) und läßt still die anderen Lakonier weg (von denen er, wenn man seine Zahlen genau untersucht, wissen muß, daß sie da sind, in der Höhe von ca. 900 Männern), und er spielt die anderen Griechen herunter. Die spartanische Führung wird vergöttert, selbst wenn sie dumme Fehler macht (die Schlacht bei den Thermopylen war eine militärische Katastrophe, und die spartanische Uneinsichtigkeit führt beinahe zum Verlust der Schlacht von Plataiai, aber Herodot stellt das als Kühnheit im Angesicht des Feindes dar; noch fantastischer ungeschickt war der ursprüngliche spartanische Plan, den Isthmus von Korinth zu halten, als ob noch niemand ein Boot gesehen hätte).

Diese Schilde werden euch täuschen

Die Meinungsmache funktionierte. Herodots Werk war wohlbekannt, selbst in der Antike, und er legt die Tonart für alle nachfolgenden Neuerzählungen der Perserkriege fest (trotz der häufigen Beschwerden späterer antiker Autoren, daß Herodots Zuverlässigkeit – sagen wir – kompliziert war. Ich möchte keinen falschen Eindruck machen: Herodot ist eine wertvolle Quelle, bloß eine, die – wie alle Quellen – ihre eigene Agenda im Spiel hat). Der Ruf der Spartaner scheint somit das Produkt eines halben Jahrhunderts zu sein, das mit der Bekämpfung viel, viel schwächerer Gegner verbracht wurde, kombiniert mit einem sehr geschickten Propagandisten mit einer Agenda.

Dieser Ruf war bereits in den frühen Stadien des Peloponnesischen Krieges tief etabliert, so sehr, daß Thukydides anmerkt, daß: „nichts, das in dem Krieg geschah, die Griechen so sehr schockte wie“ die Kapitulation von 120 Spartiaten bei Pylos/Sphacteria, statt mit ihren Waffen in den Händen zu sterben (Thuc. 4.40.1). Den Athenern war es dabei gelungen, eine Streitmacht von Spartanern – Spartiaten und anderer Lakonier – auf einer Insel in die Falle zu locken, und sie traktierten sie mit Pfeilbeschuß aus der Distanz und wurden nie handgemein mit ihnen, bis die Spartaner kapitulierten. Dies geschah, wie ich betonen muß, im Kontext eines Krieges, der ganze poleis auslöschte, das diplomatische Gewebe von Griechenland zerfetzte und bei weitem der größte Krieg zwischen Griechen war, von dem irgendjemand von ihnen wußte. Aber dies, die Zerschmetterung – wenn auch nur für einen Moment – des spartanischen Rufs, das war es, was die Leute schockierte. Das Image von Sparta – was auch immer die Realität war – saß so tief.

Bronzene Schildverkleidung, geplündert von der Schlacht von Pylos/Sphacteria (425). Es ist hier schwer zu sehen, aber es gibt darauf eine Inschrift aus Körnerschlägen, die übersetzt lautet „[Genommen] Von den Athenern, von den Spartanern, bei Pylos.“ Er wurde wahrscheinlich als Votivgabe zum Dank für den Sieg abgelegt.

Thukydides erzählt amüsanterweise, daß manche Griechen so schockiert waren, daß sie es nicht glauben konnten, und ein Verbündeter von Athen befragte die Spartiaten – die zu der Zeit in Athen gefangengehalten wurden – ob es vielleicht so war, daß alle tapferen Männer (ihr wißt schon, die echten Spartiaten) von den Pfeilen gefällt worden waren, worauf die Spartaner antworteten: „Ein Pfeil wäre sehr viel wert, wenn er noble und gute Männer von dem Rest unterscheiden könnte, in Anspielung darauf, daß die Getöteten diejenigen waren, die die Steine und die Pfeile zufällig getroffen hatten“ (Thuc. 4.40.2).

Fairerweise muß man sagen, daß die Spartaner sich in Herodots Bild von ihnen als die besten Krieger in ganz Griechenland und die ewigen Gegner aller Arten von Tyrannei hineingelehnt zu haben scheinen. Das spartanische „messaging“ im Krieg gegen Athen stellte Athen selbst als „Tyrannenstadt“ dar, die über den Rest Griechenlands herrsche (was, um fair zu sein, zu der Zeit ziemlich zutreffend war). Ebenso wird das Bild der militärischen Exzellenz, das die Spartaner präsentierten, aufgegriffen und klar in den Schriften von Xenophon, Plato, Aristophanes und Thukydides repräsentiert (obwohl letzterer zumindest skeptischer ist, daß die Spartaner Supermänner sind) und wiederum von späteren Autoren (Diodorus, Plutarch) aufgegriffen und vergrößert, die sich auf sie stützen. Andere Staaten holten sich spartanische Militärberater, bekanntlich Syrakus (beraten von dem mothax Gylippus) und Karthago (von Xanthippus, einem spartanischen Soldner).

Dieser Ruf konnte ein echter militärischer Vorteil sein. Griechische Hoplitenarmeen arrangierten sich von rechts nach links entsprechend dem Status der Armee jeder polis (poleis kämpften fast immer in Allianzen). Nachdem Sparta immer der Führer seiner Allianz war, nahmen der spartanische König und seine Streitmacht immer die rechte Seite ein – gegenüber dem schwächsten Teil der feindlichen Armee. Man kann sich die Männer gut vorstellen, die den Spartanern gegenüberstehen – sie kennen den spartanischen Ruf der Kampffähigkeit (und haben nicht den Vorteil, daß ich ihnen sage, daß das zum Großteil Quatsch ist), und wissen allein schon aufgrund dessen, wo sie stehen, daß sie nicht denselben Ruf haben. Häufig resultierten solche Gegenüberstellungen darin, daß die andere Seite davonlief, bevor die Spartaner überhaupt in Speerreichweite kamen (z. B. Thuc 5.72.4).

Es gibt eine Geschichte bei Xenophon, eingebettet in die größere Schlacht von Lechaeum, von der ich denke, daß sie diesen Punkt gut veranschaulicht. Schon früh stoßen die Argiver (die Männer von Argos, immer der Feind von Sparta) auf eine Gruppe von Sikyoniern (die Verbündete von Sparta sind) und schlagen sie in die Flucht. Eine vorbeikommende spartanische Kavallerieeinheit unter einem Pasimachus sieht das und eilt herbei; sie steigen von ihren Pferden, nehmen die sikyonischen Schilde (die mit dem Sigma der Stadt markiert sind) und rücken gegen die Argiver vor. Aber während die Ankunft der Spartaner später in der Schlacht Panik und Rückzug auslösen wird, wissen die Argiver hier nicht, daß sie gegen Spartaner kämpfen (wegen der Schilde) – und so rücken sie zuversichtlich vor; Pasimachus mit seiner kleinen Streitmacht wird zermalmt. Als er angreift, erklärt Pasimachus (laut Xenophon): „Bei den zwei Göttern, Argiver, diese Sigmas werden euch täuschen“ (Xen. Hell. 4.4.10; die „zwei Götter“ oder „Zwillingsgötter“ hier sind Castor und Pollux).

Ich denke eher, daß Pasimachus durch das Lambda getäuscht wurde, das sein eigener Schild vielleicht getragen hat (es gibt eine Debatte darum, ob spartanische Schilde immer das Lambda-Zeichen hatten; ich tendiere dazu, daß es nicht so war). Pasimachus erwartete, die Argiver mit seiner spartanischen Kampffähigkeit zu überraschen. Stattdessen fand er – fatalerweise – heraus, daß die Magie nie im Spartaner lag, sondern im Image von Sparta, das im Kopf seines Gegners lebte.

Der Mythos von der spartanischen militärischen Exzellenz

Was haben wir also herausgefunden?

Sparta hatte einen formidablen militärischen Ruf, aber seine Leistung auf dem Schlachtfeld untermauerte ihn kaum. Während des fünften und vierten Jahrhunderts verlor Sparta so oft, wie es gewann. Spartanische Schlachtfeldtaktiken waren ein bißchen besser als jene anderer griechischer poleis, aber das ist ein Tadel mit spärlichem Lob. Die Spartiaten selbst waren zum Großteil wie jede andere Gruppe wohlhabender griechischer Hopliten. Aber der spartanische militärische Ruf war extrem wertvoll – der Verlust dieses Rufs während des Peloponnesischen Krieges erklärt viel von den schwierigen Jahrzehnten, die Sparta nach dessen Ende erleben sollte.

Das ist eines der zentralen Dinge, die wir von Sparta lernen können: ein Ruf militärischer Exzellenz kann oft wertvoller sein als die Exzellenz selbst – ob real oder eingebildet. Eine mächtige Armee kann nur eine Schlacht auf einmal führen, aber die Vorstellung einer mächtigen Armee kann eine beliebige Zahl von Feinden gleichzeitig einschüchtern. Wie wir nächste Woche sehen werden: als Sparte gezwungen war, von der Einschüchterung zur Gewalt überzugehen, ging ihm die Kraft mit erschreckender Geschwindigkeit aus.

Diejenigen, die schon eine Weile hier sind, werden sich vielleicht schon fragen: „Wartet mal – das ist der Kerl, der uns immer sagt, daß Schlachten zu gewinnen nicht so wichtig ist wie strategische Ziele zu erreichen, und der immer von Logistik und Operationen redet! Was ist damit?“ Ich denke, das erklärt eigentlich viel davon, wie eine Armee mit einem bescheidenen Vorteil in Taktik und Organisation ohne eine positive Siegesbilanz dasteht. Wir werden uns nächste Woche mit den Beschränkungen der spartanischen Strategie, Operationen und Logistik befassen.

Aber bevor wir dazu kommen, möchte ich hier etwas betonen: die Schrecken der spartanischen Gesellschaft können nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, daß sie überlegene Soldaten hervorbrachte, weil sie das ganz offenkundig nicht tat. Spartas wirkliche militärische Bilanz war deprimierend durchschnittlich. Nur der Ruf war besonders; die Männer waren bloß Männer.

Nächste Woche, im letzten Teil dieser Reihe, werden wir ein bißchen herauszoomen und die operationellen und strategischen Schichten betrachten – denn im Krieg geht es um mehr als nur um Schlachten. Wie gut koordinierte Sparta Operationen, handhabte es die Logistik, wurde es mit Belagerungen, Finanzen und den anderen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung von militärischer Aktivität fertig? Und wie gut hat all diese militärische Aktivität und Diplomatie wirklich die Ziele des spartanischen Staates erreicht? Und was können wir aus all dem lernen?

Nächster und letzter Teil: Das. Ist. Nicht. Sparta. (7): Spartanische Ziele

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Hier ist – ohne tieferen Zusammenhang, einfach wegen der Optik – ein Bild, das ich bei der Suche nach Sparta-Bildern gefunden habe: die Glock 17 Spartan Edition von Verex Tactical:

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Neue Kommentarpolitik auf „Morgenwacht“: Wie bereits hier unter Punkt 1 angekündigt, am Schluß dieses Kommentars wiederholt als Absicht geäußert und in diesem Kommentar endgültig festgelegt, werden neue Kommentatoren nicht mehr zugelassen und sind die Kommentarspalten nur noch für die bereits bekannte Kommentatorenrunde offen.

14 Kommentare

  1. lupus

     /  Januar 9, 2021

    Seufz. Nun habe ich zwei Abende damit zugebracht, Teil 1 bis 6 zu lesen. 7 schaffe ich heute nicht mehr. Ich meine das durchaus auch nervlich. Was ich hier lese, ist echter Konstruktivismus – eines der wirksamsten Werkzeuge des Kulturmarxismus. Der Autor bezieht sich eingangs auf einen Film, den er in weiten Teilen für Quatsch hält und geht dann umfassend auf den Mythos Sparta ein, den er lang und breit auseinander nimmt und zu dem Ergebnis kommt: Durchschnittlich, wenn überhaupt.
    Nun gibt es ja nur zwei Möglichkeiten für die Entstehung eines solchen Mythos – entweder durch die Gunst der Götter (gibt´s vielleicht und gerade im alten Griechenland waren die ja empfänglich für sowas) oder es war was dran an den nachgesagten Leistungen. Aber dem Autor ging es darum, selbstgefällig mit Schmutz zu werfen. Erstmal muss er für die Spartaner einen neuen Begriff einführen: Spartianer. Sparta wurde also nicht von Spartanern geführt, sondern von anderen. Klangen im Namen nur so ähnlich. Und das waren ganz böse Menschen. Ungeschickt in allem, jeglicher nützlicher Beschäftigung abhold, Mörder, Vergewaltiger, Ausbeuter, Fleischesser, ohne Waffenausbildung als Einzelkämpfer unfähig und mit fehlkonstruierter Ausrüstung versehen. Die Einheiten haben „ein wenig besser“ auf ihre Offiziere in der Schlacht gehört, das war aber auch alles. Die Benutzung der Waffen und Schilde erfolgte „intuitiv“, weil ja gar keine Ausbildung daran stattgefunden hatte. Da fragt man sich doch, wie es ihnen überhaupt gelingen konnte, auch nur in der Hälfte aller Feldzüge, die der Autor aufführt, zu gewinnen.
    Wenn man sich in die Aufarbeitungsliteratur nach 45 zum Thema Waffen#ss einliest, kommt man auch auf diese Widersprüche. Als Frontfeuerwehr war sie im Felde überall gerne gesehen, der Kampfwert der Einheiten wurde von allen Feldkommandeuren, denen sie zugeteilt waren, in höchsten Tönen gelobt. Nur im Nachhinein wurden sie als Verbrecher und/oder militärische Selbstmörder, stets mit den besten Soldaten (schöner Widerspruch) und dem modernsten Material ausgestattet, dargestellt. Auch die hätten eigentlich nicht und niemals ein Gefecht gewinnen dürfen.
    Und auch andere Eliteeinheiten werden immer wieder so dekonstruiert. Es scheint ein eigenes historisch-literarisches Genre zu sein.
    Tja, hm. Ich wollte hier in diesem Falle nur meine kognitive Dissonanz mitteilen.

    • Meinst Du? Er erörtert die Angelegenheit durchaus sachlich. „Fehlkonstruierte Ausrüstung“ – zum Beispiel – bezieht sich nur und ausschließlich auf eben diesen Film.
      Fehlkonstruiert ist ja wohl eine Ordnung, bei welcher ein noch so tüchtiges Mitglied durch Umstände, auf die er durch noch so große Tüchtigkeit keinen Einfluß hatte, unten herausfallen konnte, ohne je wieder hochzukommen.
      Ein wenig sauer stößt mir allerdings auf, daß er die Kaiserlicher Armee und die Wehrmacht in holzhammerartiger Weise anpinkelt (Teil 2), als hätte es dergleichen bei keinem Heer je gegeben.

  2. lupus

     /  Januar 10, 2021

    Diese „Sachlichkeit“ ist auch ein Werkzeug der linksdrehenden Faktenchecker und Dekonstruierer. Dabei werden Tatsachen immer wieder mit Vermutungen oder Unterstellungen vermischt und hin- und hergeschoben, so dass der Leser des Fließtextes die Sprünge gar nicht registriert. Beispiel Bewaffnung: Sicher betrachtet der Autor die ungünstig angebrachten Tragevorrichtungen des Schildes nur anhand des Filmes, aber er äußert es nicht als Kritik am Fundus oder den Requisiteuren des Filmes, was ja durchaus berechtigt wäre, worum es ihm aber gar nicht geht, sondern er schlägt den Bogen dahin, dass man (wir?) seine Vorstellungen von Sparta aus solchen Filmen bezieht. Und just hier in diesem kleinen Detail wird ja wohl nachgewiesen, dass es entweder gar nicht so gewesen sein kann oder – wenn es dann doch so war – eben schlecht, weil viel zu anstrengend für erfolgreiches Kämpfen war. Also: Spartaner alles Idioten, alle Überlieferungen falsch, und das hat er, der ironisch daherkommende angelsächsische Historiker ganz klar herausgefunden, obwohl, wie er immer wieder bemerkt, keine Überlieferungen existieren, die die vorhandenen Zeugnisse Xenophopos et.al. korrigieren könnten – außer der einen Überlieferung, dass die Sklaven die „Spartianer“ gerne roh gefressen hätten. Aber welcher Sklave hätte diese Gelüste nicht?
    Insofern halte ich die Texte, gleichwohl man sie gelesen haben sollte, nicht für gut. Warum hat der Autor sie verfasst? Es wird wohl die pure Lust am Verdrehen von Geschichte und Verächtlichmachen von Legenden sein. Sicher, wenn es gelingt, dass ihm da jemand zustimmt, hat er von seinem Schreibpult aus über Völker und Stämme triumphiert, ihnen die Maske heruntergerissen. Er wird sich damit brüsten und sich als Sieger der Geschichte wähnen.

    • Zwischen sachliche, unaufgeregte Betrachtung einerseits, und dem „üblichen“ Zerquasseln (sehr grobe, aber nicht falsche Übersetzung für >Diskutieren<) andererseits (alles "hinter"fragen, seit wann gibt es diesen Neologismus eigentlich? – grundsätzlich das Haar in der Suppe suchen) – passen noch etliche Bätter Papier.

  3. Warum hat der Autor sie verfasst? Es wird wohl die pure Lust am Verdrehen von Geschichte und Verächtlichmachen von Legenden sein.

    Eben nicht. Vor Allem: Er „verdreht“ ja nicht.
    Jetzt (5 vor 11) schmeißt mich mein Leib-Kurde raus.

  4. Genau, hildesvin; Devereaux liefert bloß eine umfassende Darstellung aufgrund von Fakten, die mir auch aus diversen anderen Quellen mehr oder weniger so bekannt waren, weshalb ich den rechten Spartafetischismus, dessen Anhänger er damit verärgert, schon lange kritisch gesehen habe.

    Eigentlich wollte ich mich, wie in meinem Anhang zu Teil 2 angekündigt, im Zuge meines endgültig ausgelaufenen Morgenwacht-Engagements hier nicht mehr äußern, aber nachdem Deine Kommentare, lupus, implizit darauf hinauslaufen, daß ich da einem „linksliberalen Zersetzer und kulturmarxistischen Faktenverdreher“ auf den Leim gekrochen sei und das nicht ausreichend beurteilen könne, habe ich mich doch noch (verärgert aufgrund dessen und wegen der aufgezwungenen nochmaligen Zeitverschwendung für „Morgenwacht“) zu diesem ausführlichen Kommentar aufgerafft.

    Bret Devereaux ist zwar weltanschaulich nicht gerade #OurGuy, wie ich anhand verschiedener politkorrekter Äußerungen in anderen Beiträgen in seinem Blog gesehen habe, aber seine kritische Haltung zu Sparta ist faktisch fundiert, zumal er ja für alles Quellen nennt (und bei weitem nicht nur Herodot!). So hat er schon mal den Begriff „Spartiaten“ nicht erfunden (es heißt Spartiaten und nicht „Spartianer“, so viel sollte nach dem Lesen von sechs Teilen doch hängengeblieben sein); vielmehr ist dieser Begriff für die Vollbürger Spartas allgemein bekannt; siehe zum Beispiel diese Scans des Eintrags „Sparta“ aus meiner alten Bertelsmann-Lexikothek von 1974:

    Daraus gehen in knapper Form auch die anderen Eckdaten hervor, wie die geringe Zahl der Spartiaten und ihr schneller Schwund, die Rechtlosigkeit der zu Heloten unterworfenen Vorbevölkerung Lakoniens und die spartanische Allianz mit Persien im Peloponnesischen Krieg.

    Bevor ich zu anderem Allgemeinerem komme, noch etwas zu der Sache mit der Waffenbenutzung und den Schilden: hier streicht Devereaux sehr wohl klar heraus, daß die Bewaffnung, Ausrüstung und Kampfweise von Hopliten (einschließlich der „instinktiven“ Waffen- und Schildverwendung) so ziemlich allen griechischen poleis gemeinsam war, und das mit den Schilden ist tatsächlich eine reine Kritik am Film: Nämlich, daß die Tragemöglichkeit des Hoplitenschildes aspis wie an dieser antiken Figur zu sehen…

    …die sich sehr gut für den traditionellen Hoplitenkampf in der geschlossenen Phalanx eignete, für den aufgelösten Einzelkampf wie im Film gezeigt ungeeignet war, weshalb erstens weder die Spartiaten noch andere Hopliten einzeln kämpften wie in 300 gezeigt und zweitens die im Film verwendeten Schilde andere Halterungen hatten, mit denen die für den Einzelkampf erforderliche Haltung besser möglich war.

    Das alles geht klar so aus den Passagen in Teil 6 hervor und sollte eindeutig ersichtlich sein, wenn man ihn nicht schon davon „getriggert“ liest, daß da ein „angelsächsischer“ Autor (was ist Devereaux nochmal für ein Name?) vermeintlich wieder einmal nicht anders konnte, als den (rechten) Deutschen durch Anpatzen ihrer spartanischen Idole eins auszuwischen. Allein schon das Wiedererscheinen dieser abgenudelten Naziplatte von den „Angelsachsen“ als die Bösen und Verderbten der Geschichte zeigt mir wieder einmal, wie wenig wirklich von den Lehren hier auf „Morgenwacht“ hängengeblieben ist und wie wenig dauerhaftes Gewicht das gegenüber den vielen einschlägigen Blogs und Foren da draußen hat, wo Leser immer wieder in die andere Richtung beeinflusst werden.

    Zudem ist die Bezeichnung „Angelsachsen“ für das, was damit gemeint ist, gar nicht zutreffend, denn die englischen/britischen Eliten stammen überwiegend von den normannischen Eroberern ab, während die eigentlichen Angelsachsen die aus dem Übergangsbereich zwischen Norddeutschland und Jütland stammende unterlegene Vorbevölkerung Englands waren, die später von ihren „aristokratischen“ anglonormannischen Eliten von ihren Höfen vertrieben, geknechtet und teils sogar in die Sklaverei nach Nordamerika verschleppt und verkauft wurden.

    Die Versklavung der Heloten und ihre Behandlung durch die dorischen Invasoren ist ebenfalls keine Erfindung von Devereaux, sondern wird auch anderweitig immer wieder geschildert. Hier zum Beispiel der betreffende Abschnitt aus „DAMALS 11/2006“, Titelthema „Sparta: Die Stadt und ihr Mythos“:

    Die größte Bevölkerungsgruppe waren aber die Heloten. Der Begriff leitet sich wahrscheinlich von der griechischen Verbform helein = „nehmen, erobern“, ab, Heloten wären dann also „die Eroberten“, „die Gefangenen“. Das könnte zumindest sachlich passen, man hätte nämlich eine Erklärung dafür, wie Heloten in ihren rechtlichen Status gelangten. Denn die gängigste – freilich keineswegs allseits akzeptierte – Erklärung ist, dass die Polisbildung Spartas sich gewaltsam durch Einwanderung der Dorier von Norden her vollzog und diese Dorier zunächst Lakonien, spätestens im 7. Jahrhundert v. Chr. nach zwei blutigen und langwierigen Kriegen auch das fruchtbare Messenien eroberten und die Urbewohner in den Status von Heloten herabdrückten.

    Welche Stellung hatten diese nun im spartanischen Staat? Der wohl bedeutendste Historiker der Antike, Thukydides, läßt keinen Zweifel daran, daß sie eine Art Sklaven waren, allerdings nicht, wie „normale“ Sklaven, in den Privatbesitz ihrer Herren gelangten, sondern vielmehr rechtlose Menschen waren, über deren Status nur die spartanische Bürgerschaft als Ganzes zu verfügen hatte. Wie viele Heloten es gab, können wir heute nicht mehr in Erfahrung bringen, außer daß Heloten gegenüber den Spartiaten weit in der Überzahl waren.

    Alljährlich erklärten die Ephoren (wörtlich „Aufseher“) den Heloten rituell den Krieg (was auf ein sehr prekäres Verhältnis deutet), und im Rahmen einer sehr merkwürdigen Einrichtung, der krypteia („Auflauern) durften junge Spartiaten des Nachts ausziehen, Heloten aufspüren und töten. Heloten waren an die Scholle gebunden und durften nicht außerhalb Lakoniens und Messeniens verkauft werden, denn sie sorgten mit ihrer Hände Arbeit für den Lebensunterhalt der Spartiaten.

    Die antiken Autoren kommentieren ihren Status unterschiedlich. Für Strabo und Pausanias waren sie irgendwo zwischen Freien und Sklaven angesiedelt, anderen waren sie „auf eine gewisse Weise Staatssklaven“, der Philosoph Platon wiederum bekannte offen seine Ratlosigkeit diesem Institut gegenüber, und den meisten erschien die Helotie als eine besonders abstoßende Form der Unterdrückung.

    Der hellenistische Geschichtsschreiber Myron von Priene schrieb in seiner (nur in wenigen Bruchstücken bekannten) „Messenischen Geschichte“ folgendes zu den Heloten:

    „Den Heloten tragen die Spartiaten jede nur denkbare und vollständig entehrende Demütigung auf. So setzten sie fest, daß jeder eine Hundsfellkappe tragen und ein Fell sich umlegen muß, ferner, daß sie ohne Verfehlung rituell in jedem Jahr Schläge hinnehmen müssen, daß sie nie das Sklavendasein verlernen. Darüber hinaus, wenn mal jemand an Kraft das übliche Erscheinungsbild übertreffen sollte, setzten sie dafür die Todesstrafe fest und bestraften auch ihre Besitzer, wenn sie die Starken nicht töteten. Sie übergaben ihnen Land und setzten den Anteil fest, den sie immer abführen sollten.“

    Und während Du, lupus, offenbar meinst, daß solche Darstellungen nur „linke, kulturmarxistische Dekonstruktion“ der „edlen Spartaner“ seien, werden genau solche Sachen von Teilen der Rechten für gut gehalten, befürwortet und gerechtfertigt. Siehe zum Beispiel Franks Kommentar zu Teil 2:

    „Devereaux scheint ein linksliberaler Schreiberling zu sein. Heloten verdienen seine Anteilnahme, überhaupt wird im ganzen Artikel übler Humanismus verbreitet. Mit keinem Wort geht er darauf ein, dass der Hauptunterschied und der Grund für die Ungleichbehandlung zwischen Spartiaten und der Unterschicht (Heloten, Periöken) in rassischer Ungleichheit bestand (Spartiaten nordisch, Heloten mediterran)“

    „Übler Humanismus“ – das ist auch wieder so ein Fall, wo Rechte das Zwei-Pole-Prinzip der Matrix nicht kapieren. In dieser Erscheinungsform wird auf der einen, der Mainstream-Seite, suggeriert, zur „Menschlichkeit“ würde auch gehören, keinen Unterschied zwischen den eigenen Leuten und anderen zu machen, unsere Länder von nichteuropäischen Zudringlingen überfluten zu lassen und unser Geld an deren Herkunftsländer zu verschenken. Auf der rechten Seite (auch vertreten von Seiten wie Counter-Currents) wird „Humanismus“ negativ besetzt, was uns von den (((Einflußgebern))) aus dazu bringen soll, unsere natürliche Menschlichkeit beiseite zu schieben und unserem inneren kleinen Alphapavian zu folgen, dem sie nur im Weg ist. Siehe zum Beispiel diese Stelle in Greg Johnsons Essay über Frank Herberts „Dune“:

    „Herberts Romane sind zutiefst anti-humanistisch und anti-individualistisch.“

    Von daher auch die Glorifizierung Spartas durch Leute wie Frank, der die Behandlung der Heloten mit dem Unterschied zwischen den „Kleinrassen“ der Mediterranen und der „Nordischen“ rechtfertigt, wobei fraglich ist, wie „nordisch“ die Dorier zu dieser Zeit noch waren. Kommentatoren in Chechars Blog „The West’s Darkest Hour“, wo dieser Spartafetischismus auch gepflegt wird, haben sogar geschrieben, die Dorier hätten die Heloten bei ihrer Einwanderung überhaupt ausrotten sollen (dann hätten sie aber alle ihre Arbeit selber machen müssen).

    Die parasitäre Lebensweise der Spartiaten samt ihrer Verachtung von produktiver Arbeit ist ebenfalls keine Erfindung von Devereaux, sondern ist auch aus anderen Quellen über sie bezeugt und widerspiegelt sich auch in dem, was (weiße!) „Aristokraten“ in verschiedenen späteren Zeiten und Ländern praktizierten bzw. in unterschiedlichem Maß für sich verwirklichen konnten, wobei die Spartiaten diesbezüglich anscheinend historisch die radikalste Form verkörperten. Irgendein spanischer Maler (vielleicht Velasquez, ich weiß es nicht mehr genau) mußte für die von ihm beantragte Erhebung in den Adelsstand nachweisen, daß er noch nie im Leben gegen Bezahlung gearbeitet hatte. Und auch diese parasitäre Haltung und Lebensweise von „aristokratischen Kriegern“ wird von Rechten wie z. B. Nicholas R. Jeelvy (Work Stinks, wovon man nur die ersten paar Absätze zu lesen braucht, um zu erkennen, was für ein zynisches, parasitäres Anspruchsdenken der wahre Wesenskern der „Aristokratie“ ist) oder Bronze Age Pervert (siehe Bronze Age Mindset von Howe Abbott-Hiss) befürwortet.

    Abgesehen davon, daß solch eine Lebensweise als räuberischer Krieger und Schutzgelderpresser im heutigen Industrie- und postindustriellen Zeitalter gar nicht mehr möglich wäre, ist diese ganze bei Rechten so beliebte Aristokratie- und Hierarchiewixerei letztendlich ein Beschiß, denn die gleiche rücksichtslose, egoistische Hartherzigkeit, mit der am Anfang nur die von den „Aristokraten“ Unterworfenen behandelt werden, werden die Mächtigeren dieser Elite später auch gegen ihren unteren Ränge anwenden, bis die Elite zum Schluß ausgedünnt ist und fällt. Siehe dazu diesen Absatz vom Schluß meines Artikels Frank Herberts „Dune – Der Wüstenplanet“, richtig gelesen:

    „Nachdem Hierarchie dazu tendiert, selbstverstärkend zu sein, je steiler sie wird (und je größer das Staatswesen ist, und je mehr dort materiell zu holen ist), kann diese Fehlentwicklung sich nur verschärfen, wenn sie einmal eingesetzt hat. Je mächtiger und autoritärer ein Regime wird, desto interessanter wird es auch für die Juden als Hebel, um das Volk in eine Richtung zu bewegen, in die es nicht will. Mit der Zeit werden die unteren Ränge der Hierarchiepyramide ebenfalls abgekoppelt und nach unten abgedrängt, zum Vorteil der Spitze, bis diese von den Juden abgesägt und unter den Bus gestoßen wird. Aber das wollen die Hierarchiebesoffenen ja nie wahrhaben.“

    Aus „Gesammelte Weisheiten des Lucifex“ von Deep Roots.

    Die Spartiaten haben das ganz ohne jüdische Einwirkung geschafft. Damit, und was das für heute bedeutet, werde ich mich in einer Fortsetzung zu diesem Kommentar befassen; ich muß jetzt weg.

  5. So, Teil 2. Zunächst einmal möchte ich auf lupus‘ Frage, warum Bret Devereaux diese Artikelserie verfaßt hat, Gegenfragen präsentieren:

    Warum hat (((Hollywood))) mit „300“ eine so verlogen positive Darstellung der Spartaner produziert? (Ob der Regisseur Zack Snyder und der Schöpfer der Comicvorlage. Frank Miller, Juden sind, konnte ich nicht verifizieren, ich meine aber, mich an diesbezügliche Behauptungen zu erinnern.) Warum haben sie darin die feindlichen Perser, wie den in den Brunnen gestoßenen Gesandten und ihren Herrscher Xerxes entgegen der sonstigen Hollywood-Gepflogenheiten und der allgemeinen Political Correctness als negroid dargestellt, obwohl die damaligen Perser wahrscheinlich noch weißer waren als heutige Iraner? Warum haben sie dafür sogar Rodrigo Santoro, den Darsteller des Xerxes, der normalerweise so aussieht:

    …für seine Rolle so künstlich negroid (und dazu noch etwas tuntig) hergerichtet?

    Ich behaupte nicht, die Antworten zu kennen (es sind Vermutungen geäußert worden, daß damit die Amerikaner für einen Krieg gegen den Iran aufgeputscht werden sollten), gebe aber zu bedenken, daß Juden nicht nur „gutmenschlich“ und „links“ können, sondern auch „rechts“ und „Jingoismus“, und daß sie die eine Richtung wie die andere aus ihren eigenen Motiven bedienen, die sich normalerweise nicht mit unseren Interessen decken. Hominidendressur eben, wie der Erzähler sagt.

    Und jetzt zum Elitismusproblem, von Sparta bis heute:

    Ich hatte schon länger mal das Argument darlegen wollen, daß selbst ein erfolgreicher Eroberungskrieg auch für das Siegervolk langfristig nachteilig ist, denn selbst wenn dessen Basisschicht ein bißchen davon profitiert, profitieren die Eliten deutlich mehr, und die Elite der Eliten am meisten. Das hat im Laufe der Zeit eine zunehmende Wohlstands- und Machtverschiebung zur Oberschicht und zur Spitze hin zur Folge, bis eine volksfremde Macht – die Juden oder ein anderer Staat – die Unzufriedenheit für ein Eingreifen (Revolution oder „rettender Einmarsch“) ausnützt (so wie die spanischen Conquistadoren von der Unterstützung durch die von den Inka und Azteken unterdrückten Indianervölker profitierten). Und Sparta ist ein Musterbeispiel dafür.

    Zu den Periöken steht in „DAMALS 11/2006“:

    Die Periöken, die „Herumwohnenden“, lebten in eigenen, selbstverwalteten Gemeinden, an den Gebirgsrändern von Parnon und Taygetos oder an der Küste südlich der Stadt Sparta. Sie gehörten ebenfalls zu den Doriern und sprachen den spartanischen Dialekt. Sie waren persönlich frei, mußten aber Abgaben zahlen und Heeresdienst leisten. In Sparta besaßen sie allerdings keinerlei politische Rechte. Ihr Leben fristeten sie als Bauern, Geschäftsleute oder Handwerker; ihre Interessen dürften sich in vielen Bereichen mit denen der Spartiaten gedeckt haben.

    Auf Wikipedia heißt es über ihren Ursprung:

    Über den Ursprung der Periöken wurde die Vermutung angestellt, dass die Periöken Angehörige der um 1000 v. Chr. verdrängten vordorischen Bevölkerung waren, die sich so erfolgreich wehrten, dass sie durch einen Vertrag der Sklaverei entgingen. Dagegen spricht aber, dass die Periöken den dorischen Dialekt sprachen.

    Eine andere These besagte, dass die Periöken zwar Dorer waren, jedoch nicht die gleichen Rechte wie die Spartiaten hatten, weil sie nicht direkt in Sparta lebten und so nicht allzeit abkömmlich für politische Aufgaben und militärische Einsätze waren. Dagegen spricht, dass die Besitzer messenischer Landlose Vollbürger sein konnten. Ebenso gut hätten sich lakonische Landlosbesitzer fern ihres Landloses in Sparta einrichten können wie diese.

    Ich glaube auch nicht, daß die Periöken von der vordorischen Bevölkerung wie die Heloten abstammten und bloß wegen ihres Widerstandes und der sparta-ferneren Lage vom Helotenstatus verschont blieben, denn immerhin wurde auch das noch fernere Messenien von den Spartiaten unterworfen und seine Bewohner zu Heloten gemacht.

    Deshalb halte ich es für wahrscheinlich, daß die Periöken ebenfalls der eingedrungenen dorischen Volksgruppe angehörten und nach dem Sieg von ihren „Aristokraten“ mit schlechterem Land in Randlage und einem Status als gerade noch Freie, aber Abgabenpflichtige ohne Bürgerstatus abgespeist wurden, während ihre Oberschicht, die späteren Spartiaten, das beste Land um die zentral gelegenen fünf Dörfer unter sich aufteilten und sich von den Heloten versorgen ließen, die sie von dort aus am besten unter Kontrolle halten konnten. Natürlich haben ihre obersten Häuptlinge, die Begründer der beiden nachmaligen Königslinien, sich dabei besonders große Ländereien herausgerissen, und das daraus entstandene Wohlstands- und Machtgefälle ist über die folgenden Jahrhunderte für eine immer stärkere Konzentration nach oben hin ausgenützt worden. Weil die reichen und mächtigen Spartiaten – wie es auch für spätere europäische Aristokratien typisch sein sollte – mit ihren weniger reichen Standesgenossen genauso wenig solidarisch waren, wie es die Spartiaten insgesamt gegenüber dem Rest ihres Volkes (den Periöken) waren, schrumpfte diese Oberschicht immer mehr zusammen, bis Spartas Macht unbedeutend wurde und die verbliebenen Spartiaten wohl durch Vermischung in den Periöken und Heloten aufgingen, nachdem sie an Letzteren jahrhundertelang eine negative Eugenik betrieben hatten. Nice Job Breaking It, Hero!

    Und alles ohne jüdische Beteiligung, anders als in den späteren christlichen europäischen Feudalherrschaften, wo Juden von denselben wesensgemäßen Verhaltensweisen von „Aristokraten“ profitierten. Und was für diese glorifizierten Räuber, Raubmörder und Schutzgelderpresser – mit einem Wort, Verbrecher – gilt, trifft auch auf die heutigen Plutokraten zu. Derselbe rücksichtslose, asoziale Egoismus beim Ausnützen von Machtgefälle, auch gegenüber den kleineren Plutokraten.

    Wenn ich da nur als kleines Ausschnittsbeispiel Österreich hernehme: Wie haben die kleinen Geschäftsleute nach der ÖVP-geführten Regierungsbildung und den folgenden arbeitnehmerfeindlichen Regelungen – 12-Stunden-Tag, 60-Stunden-Woche, Flexibilisierung, mehr „qualifizierte Zuwanderung“ etc. sich fast schon hämisch gefreut und gedacht, daß „ihre“ ÖVP ihnen jetzt goldene Zeiten beschert. Und jetzt, wo die vom Großkapital bestochene und medial propagierte ÖVP im Rahmen der globalen Corona-Agenda mit planungsfeindlich unvorhersehbar variierenden Lockdownmaßnahmen den kleinen Geschäftsleuten, Gastwirten und Hoteliers zugunsten der Großwirtschaft schadet, kommen sie drauf, daß sie als Angehörige einer Klasse ohne Volks- und Rassensolidarität von den Bessergestellten ihrer Klasse auch keine Klassensolidarität erwarten können. Duh!

    Die Lehre aus all dem? Das Kernproblem aller unserer Probleme (einschließlich des Judenproblems, das wir ebenfalls den Aristokraten verdanken), sind die ALPHAPAVIANE, ist deren überzogenes, asoziales, hyperindividualistisches Herrenmännergehabe, das einem Teil unserer (jüngeren) Männer im Sinne dessen eingeimpft werden soll, was ich Nietzsche-Syndrom
    genannt habe, und für das die ansonsten als jüdischer Zersetzungsbegriff eingeführte Bezeichnung „toxic masculinity“ tatsächlich zutrifft.

    Hasst die Herrscher! Furzt auf Führer! Kackt auf Könige! Scheißt auf Chefs!

    Oder in den Worten Hoffmann von Fallerslebens:

    So ist es gut, so ist es recht:
    Niemandes Herr, niemandes Knecht!

    • John Doe

       /  Februar 7, 2021

      Ich stimme dir mehrheitlich zu, wir haben ein massives Führungsproblem. Ob es allerdings nur Alphapaviane sind? Schaue ich mir die Arschlochherrscher der letzten Jahrhunderte an, so sehe ich neben Alphapavianen auch herzlose Psychopathen wie Friedrich den „Großen“, Hassschwuchteln wie die frz. Könige, Machtmatronen wie Katharina die große (Pferdebeglücketin) und Merkel, jämmerliche Mitdengroßenmitpinkler wie so viele Kleinfürsten und viele andere Varianten und Mischformen (Träumer, Aufsteiger, Reformer, Parasiten, usw).

  6. Schildbürger

     /  Januar 14, 2021

    Der Zweibeiner ohne Federkleid hat so einen Hang zur Mystifizierung.
    Das Verklären Spartas kam soweit ich weiß ja auch während der griechischen Unabhängigkeitsbewegung im 19. Jahrhundert stärker wieder hoch.
    Nachvollziehbar, die östliche Bedrohung des osmanischen Reiches dargestellt durch die Perser, und die materiell unterlegenen griechischen Freiheitskämpfer der kleine Haufen der sich dem übermächtigen Feind entgegenstellt.
    Warum man sich da nicht der Athener bedient hat die weitaus hingebungsvoller und weitaus erfolgreicher gegen die Perser gekämpft haben (und darüber hinaus gesehen von dem was historisch überliefert ist wesentlich sympathischer rüberkommen) kann ich nur mutmaßen.
    Eine Idee, es gibt doch dieses gerne wiederkehrende Motiv des Bösewichtes der sich am Ende in einem Moment der Selbstaufopferung sozusagen reinwäscht, mag sein dass es damit zusammenhängt.

    Wo ich dem Autor der Artikel aber nicht folgen kann ist die Aussage über die Kampfkraft der Spartiaten.
    Ich mein, wie schonmal richtig gesagt, irgendwo musste deren Ruf ja herkommen.
    Die reine Zahl der militärisch gewonnenen Gefechte da zugrundezulegen ist da mmn. ein wenig kurz gedacht. Denn, wie er schon richtig sagt, die spartanische Armee bestand ja nicht nur aus den Spartiaten.
    Es liegt im Bereich des Möglichen dass die Spartiaten selber eine eisenharte, gefürchtete Eliteeinheit waren die ihren Ruf nicht umsonst hatte, aber da der Rest der Armee aus (aus gutem Grunde) wenig motivierten und vernachlässigten Truppen bestand das militärische Gesamtkonzept (also ein „harter Kern“ umgeben von dem was man halt irgendwie aufbringen kann) nicht wirklich effektiv war.

  7. Das mit der „geschichteten“ Kampfkraft der spartanischen Armee und der daraus resultierenden gerade etwas über dem Durchschnitt liegenden Gesamtkampfkraft könnte mit eine mögliche Erklärung sein.

    Herodots Rolle bei der Schaffung des spartanischen Rufs und seine Agenda dabei hat Bret Devereaux oben geschildert, und ein weiterer Faktor könnte die Verklärung der Spartiaten und besonders der „300“ bei den Thermopylen durch verschiedene Herrscher späterer Jahrhunderte und Jahrtausende sein, die ihre Kämpfer zur Hingabe für ihre Zwecke motivieren wollten, was dann aber letztendlich immer Beschiß war.

    Nur ein Beispiel: die englischen Freibauern, die – wie hier geschildert – gegen Ende der Herrschaft Königin Elizabeths I. im Zuge einer weitverbreiteten Landenteignung durch den „Adel“ von ihren Familienhöfen vertrieben und in die Armut in den Städten gedrängt wurden, wo sie später in ständiger Gefahr waren, in die Sklaverei nach Nordamerika oder als Quasi-Sklaven auf die Kriegsschiffe Seiner „Majestät“ verschleppt zu werden.

    Das werden nicht nur Nachkommen der angelsächsisch-keltisch-dänischen Vorbevölkerung Englands gewesen sein, die nach der normannischen Eroberung ihre Höfe noch behalten konnten, sondern sicher auch Nachkommen des Fußvolks im Heer von Wilhelm dem Eroberer, das ja nicht nur als „Aristokraten“ bestanden haben wird. Diese Leute haben mitgeholfen, England für ihre Bosse zu erobern, ihre Nachfahren haben für eine ganze Reihe englischer Könige (darunter Richard Löwenherz und Henry V) in Nordfrankreich herumgekriegert, wo es nur um die vermeintlichen Herrschaftsansprüche der Könige ging und nicht um die Interessen des englischen Volkes, und ihre noch späteren Nachfahren wurden von ihren Höfen in Armut und Sklaverei vertrieben.

    A propos Richard Löwenherz: da fällt mir wieder ein, was ich noch als Beispiel für Verklärung anführen wollte. Von dem hatte ich aus den Robin-Hood-Geschichten und aus „Ivanhoe“ früher immer ein positives Bild als gutem und gerechtem König, und als ein Freund eine Fernsehdokumentation über ihn gesehen hatte, wo er nicht so gut wegkam, hatte ich noch gedacht, das sei bloß von neuzeitlicher Political Correctness wegen seiner Rolle in den Kreuzzügen motiviert. Aber Richard Löwenherz war tatsächlich ein egoistischer Machtmensch, der mehr Zeit auf Kriegsabenteuern im Ausland verbrachte als damit, sich um sein Land zu kümmern, und der schon als Prinz mit dem französischen König gegen seinen eigenen Vater, den regierenden König Englands, paktierte (Letzteres habe ich aus „Glanz und Elend des Mittelalters“ von Ferdinand Seibt, 1987).

    • Schildbürger

       /  Januar 27, 2021

      Der gute Ruf Richards I. hängt einerseits sicher damit zusammen dass er ein recht fähiger Heerführer war, und auch einer (wenn man den historischen Quellen Glauben schenken darf, sein Tod in der Schlacht spricht dafür) der sich nicht selbst geschont hat und an der Seite seiner Soldaten gekämpft hat.

      Und andererseits vielleicht auch ironischerweise grade deswegen weil er die meiste Zeit nicht zuhause verbracht und die Leute weitestgehend in Ruhe gelassen hat.
      Man muss bedenken, das war eine Zeit in der neuzeitliche Phänomene wie Überbevölkerung und damit einhergehende massive Probleme wie Industrieproletariat und so weiter praktisch nicht existent waren und (weitgehende, die Sherriffs gabs ja auch noch) Selbstverwaltung ohne größere politische Eingriffe noch ganz ansprechend funktioniert hat.
      Bezogen nur auf England selbstverständlich, die Franzosen dürften da eine ganz andere Meinung drüber haben.
      Ist eine recht verzwickte Angelegenheit, mit ein paar Jahrhunderten und damit einhergehender Veränderung dazwischen bewertet man so etwas zwangsweise ganz anders als ein Zeitgenosse damals.

      Die in dem ersten verlinkten Beitrag geschilderten Hässlichkeiten kamen auch später. Und das zieht sich wie ein roter Faden durch die europäische Geschichte, die herrschende Klasse und ihr klerikales Anhängsel haben zunehmend das Volk drangsaliert.
      Das hat zu zahlreichen Bauernkriegen geführt, und zwischenzeitlich in der französischen Revolution seinen Höhepunkt gefunden.
      Über die Auswirkungen gerade Letzterer kann man durchaus geteilter Meinung sein, aber ich halte es für wichtig herauszustreichen dass ohne massive soziale Probleme so etwas niemals stattgefunden hätte.
      Gibt auch Stimmen die einen gewissen (((Einfluss))) da hervorheben, was durchaus richtig ist. Aber die übersehen leider etwas zu oft dass (((gewisse Kreise))) eine Vorliebe dafür haben sich mit den Mächtigen gemein zu machen, wie die Maden im Speck davon zu leben und sobald die Stimmung kippt sich schnellstmöglich auf die Gegenseite zu wieseln, einen auf „ich war doch immer auf eurer Seite“ zu machen und das Spielchen von Neuem zu beginnen. Oder sogar selber die Macht zu übernehmen.

      Zurück zur Verklärung, wenn man sich in sozialen Medien etwas mit heutigen nationalen Strömungen beschäftigt fällt das einem wieder stark auf.
      Es gibt da einen ziemlich wilden Wust wo eben das wieder auffällig heraussticht.
      Die französische Revolution und die Aufklärung als Wurzel des Übels, Monarchisten, welche die meinen man müsste zurück zur „Mutter Kirche“, und so weiter.
      Der verklärte Blick auf vermeintlich bessere Zeiten blendet leider oft genug, aber ich kann das angesichts des Wahnsinnes der jetztigen Zeit noch nichtmal verdenken.
      Abgesehen davon, ein etwas positiv verklärter Blick in die Vergangenheit mag nicht richtig sein, das Gegenteil davon, der aufgenötigte, fast annähernd negative Blick darauf welcher heute im kompletten „Westen“ seit Kindesbeinen aufgenötigt wird ist um ein Unendliches fataler.

  8. Der Althistoriker Dr. Roel Konijnendijk sagt in diesem Video, wo er gleich am Anfang „300“ bespricht, daß die griechische Taktik des othismos wahrscheinlich nicht in der Form des geschlossenen Massendrängens durchgeführt wurde, wie man es sich in den letzten hundert Jahren vorgestellt hat, weil man vermeiden wollen würde, die feindlichen Speere direkt im Gesicht zu haben.

    Aber den Übergang von der geschlossenen Formation zum Einzelkampf, um noch Widerstand leistende Individuen zu erledigen und möglichst viele Feinde zu töten, hält er für realistisch, zumindest für diese Zeit in den Perserkriegen; erst viel später in der spartanischen Geschichte habe man fliehende Feinde nicht mehr verfolgt, um nicht außerhalb der geschlossenen Formation erwischt zu werden und verwundbar zu sein.

    Allgemein, hinsichtlich der Waffen und Taktiken, fühle „300“ sich wie ein Fantasyfilm an, und er gibt eine Bewertung von 4 von 10 Punkten.

    Ancient Warfare Expert Rates 10 Battle Tactics In Movies And TV | How Real Is It?

    Roel Konijnendijk, who has a doctorate in ancient history and is a lecturer at the University of Oxford’s New College, rates 10 ancient-warfare scenes in movies and shows for realism.

    Konijnendijk rates the realism of tactics portrayed in films such as “300″ (2006), „Alexander“ (2004), and „Braveheart“ (1995). He breaks down the martial arts prowess of stars such as Brad Pitt in „Troy“ (2004), Orlando Bloom in „Kingdom of Heaven“ (2005), and Russell Crowe in „Gladiator“ (2000).

    He also looks at some fantastical scenes such as the battle of Helm’s Deep from „The Lord of the Rings: The Two Towers“ (2002) and the battle of Winterfell from „Game of Thrones.“ Konijnendijk analyzes the historical accuracy of scenes from „The Last Kingdom“ (2015) and „Red Cliff“ (2008), and he rates the realism of the military formations, tactics, movements, and weaponry of each scene.

    • John Doe

       /  Februar 7, 2021

      Für sehr praxisnahe und unterhaltsame Militär- und Geschichtsbetrachtungen empfehle ich den YT Kanal lindybeige. Nicht nur denkt er viel nach, er probiert auch aus.

      Zur krypteia: das nächtliche Überfallen von Bauern war mMn wohl nichts anderes als eine durch Personalmangel bedingte terroristische Notlösung zur Durchsetzung der allgemeinen nächtlichen Ausgangssperre, die die Flucht der Sklaven verhindern sollte.