Von Colin Liddell, übersetzt von Deep Roots. Das Original The Gas Cloud of Western Intervention erschien am 27. August 2013 im Occidental Observer. (Bild samt Unterschrift vom Übersetzer eingefügt.)
„Gas! Gas! Gas! Garstiges, böses giftig’s Gaaaaaaasssssss!!!!!”
Da, haben Sie schon einen Kniesehnenreflex? Haben Sie zu geifern begonnen und schweißfeuchte Handflächen bekommen und das notwendige unstillbare Verlangen nach einem moralistischen Krieg gegen die von den Medien bezeichneten Dämonen entwickelt, die für solch unglaubliches, einzigartiges und beispielloses Böses verantwortlich sind?
Nein? Dann wird Ihre Konditionierung fortgesetzt und die Stromspannung erhöht werden müssen, sodaß Ihre Führer und Respektspersonen Ihnen, wann immer notwendig, einen weiteren hässlichen kleinen Krieg verkaufen können, in dem der mächtige hohle Westen irgendeinen destabilisierten kleinen Fleck von natürlich vorkommendem Chaos oder Tyrannei wieder in die Tyrannei oder ins Chaos zurückbomben kann.
Aber warum ist dem Gas diese heilige, heiligende, weihrauchartige Rolle in der Lustration zum Krieg zugeschrieben worden? Ein wenig Geschichte ist vielleicht angebracht.
Obwohl es in primitiveren Zeiten vielleicht grobe Vorläufer gegeben hat, geht seine Verwendung im modernen Krieg und in der moralischen Massenhysterie auf den Ersten Weltkrieg und den deutschen Angriff auf die französischen Gräben bei Ypres am 22. April 1915 zurück, als eine Wolke von kriechendem grünem Gas, das aus Zylindern freigesetzt wurde, Tausende Verluste bewirkte und eine vier Meilen breite Lücke in der Front schuf, welche die Deutschen mangels Reserven leider nicht ausnützen konnten.
Dies war natürlich ein Krieg, in dem es keinen Mangel an Methoden zur Tötung großer Teile der Menschheit gab, aber aus irgendeinem Grund wurde diese relativ neuartige Methode mit besonderer Schmähung bedacht. Wie der Kriegshistoriker und mein teilweiser Namensvetter Captain Basil Liddell Hart in seiner Geschichte des Großen Krieges ausdrückte:
„Das ursprünglich verwendete Chlorgas war unbestreitbar grausam, aber nicht schlimmer als die häufige Wirkung von Granate oder Bajonett, und als es von verbesserten Arten von Gas abgelöst wurde, zeigten sowohl die Erfahrung als auch die Statistiken, daß dies die am wenigsten unmenschliche unter den modernen Waffen war. Aber es war neuartig und wurde daher von einer Welt als Grausamkeit bezeichnet, die Misshandlungen billigt, aber Innovationen verabscheut. Daher zog Deutschland sich das moralische Odium zu, das unvermeidlich die Verwendung einer neuen Waffe ohne irgendeinen ausgleichenden Vorteil begleitet.”
The Real War 1914–1918, S. 129
Die Einführung von Gas durch die Deutschen war ein Fehler, da die Briten und Franzosen zur Vergeltung mehr als in der Lage waren, während sie einen meteorologischen Vorteil genossen – der Wind weht in diesem bestimmten Teil der Welt im Allgemeinen aus Westen. Aber, was noch wichtiger war, das Gas paßte in das dominante britische Propagandanarrativ des Krieges mit seiner Varietéversion vom „niederträchtigen Hunnen“, der ewig Nonnen vergewaltigt und Kleinkinder auf seinem Bajonett aufspießt.
Daß Britannien seine eigenen schrecklichen Neuheiten entwickelte, wie die Hungerblockade, die Feuerwalze und die Massenverminung ganzer Abschnitte wie bei Messines, spielte keine Rolle. Seine Propaganda war viel besser.
Nach dem Krieg hing der Gestank der Propaganda so schwer um diese bestimmte Tötungsmethode, daß sie vom Genfer Protokoll verboten wurde, während Luftbombardements, massierte Artillerie, Stacheldraht und Maschinengewehrfeuer nicht verboten wurden – überraschenderweise ein Verbot, das sich den ganzen Zweiten Weltkrieg hindurch hielt, der Flächenbombardierungen, Brandbombenangriffe und Atombombenabwürfe der Mischung hinzufügte, zusammen mit ethnischen Säuberungen und Massenvergewaltigungen, lauter Kriegsmethoden, die lokale Gasangriffe vergleichsweise harmlos erscheinen ließen.
Daß die Deutschen im Zweiten Weltkrieg auf den Einsatz von Gas verzichteten, muß für die Propagandisten des Westens eine Enttäuschung gewesen sein, da diese Methode weiterhin von einer Aura der Grausamkeit umgeben war, die leicht in moralisches Kapital hätte verwandelt werden können. Dies ist mehr oder weniger das, was nach dem Krieg geschah, als das Narrativ von den Nazis entwickelt wurde, die 6 Millionen Juden vergasten.
Diese Assoziation, ob sie auf Tatsachen beruht oder nicht, hielt das extreme moralische Odium des Gases weit über allen anderen Methoden der Kriegsführung in der Nachkriegszeit weiterhin aufrecht. Dies kann mit der Rolle demonstriert werden, die Saddam Husseins Gasangriff auf das kurdische Dorf Halabja bei der nachfolgenden Dämonisierung spielte.
Es gibt historische und assoziatorische Gründe, warum Gas so verabscheut wird, aber in einer Welt, in der es viele andere und schlimmere Schrecken gibt, bleibt das besondere moralische Odium, das dem Gas vorbehalten ist, irgendwie eine Absurdität.