Der Wachtposten

Von Fredric Brown, übersetzt von Lucifex. Das Original „Sentry“ (hinunterscrollen zur zweiten Geschichte) erschien erstmals in der Februarausgabe 1954 von Galaxy Science Fiction. (PDF – 1 Seite – hier auf „Morgenwacht“)

Er war naß und verdreckt und hungrig; ihm war kalt, und er war fünfzigtausend Lichtjahre von zu Hause entfernt. Eine seltsame blaue Sonne spendete Licht, und die Schwerkraft, doppelt so stark wie die, an die er gewöhnt war, machte jede Bewegung schwierig.

Aber in Zehntausenden von Jahren hatte sich dieser Teil des Krieges nicht geändert. Die Fliegerjungs waren fein raus mit ihren schnittigen Raumschiffen und ihren hochentwickelten Waffen. Wenn es hart auf hart kam, war es aber immer noch der Fußsoldat, die Infanterie, die das Gelände einnehmen und halten mußte, Meter um blutigen Meter. Wie dieser verdammte Planet eines Sterns, von dem er nie zuvor gehört hatte, bevor sie ihn dort abgesetzt hatten. Und jetzt war es heiliger Boden, weil die Fremden ebenfalls hier waren. Die Fremden, die einzige andere intelligente Rasse in der Galaxis… grausame, häßliche und abstoßende Monster.

Der Kontakt mit ihnen war nahe dem Zentrum der Galaxis hergestellt worden, nach der langsamen, schwierigen Kolonisierung von einem Dutzend tausend Planeten; und es war Krieg vom ersten Anblick an gewesen; sie hatten geschossen, ohne auch nur zu versuchen, zu verhandeln oder Frieden zu schließen.

Nun wurde es ausgekämpft, Planet um bitteren Planeten.

Er war naß und dreckig und hungrig und fror, und der Tag war erfüllt von starkem Wind, der ihm in den Augen weh tat. Aber die Fremden versuchten einzusickern, und jeder Wachtposten war lebenswichtig.

Er blieb wachsam, die Waffe bereit. Fünfzigtausend Lichtjahre von zu Hause entfernt, auf einer fremdartigen Welt kämpfend, und er fragte sich, ob er es jemals erleben würde, die Heimat wiederzusehen.

Und dann sah er einen von ihnen auf sich zurobben. Er legte an und feuerte. Der Fremde gab diesen seltsamen, schrecklichen Laut von sich, wie sie es alle tun, und lag dann still.

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Duell im All („Arena“)

Von Fredric Brown, übersetzt von Lucifex. Das Original „Arena“ wurde erstmals 1944 im „Astounding Science Fiction Magazine“ veröffentlicht und ist hier auf „Morgenwacht“ als 18seitige PDF herunterladbar. In „Das Beste aus Reader’s Digest“ Nr. 5-1982 ist eine deutsche Fassung unter dem Titel „Duell im All“ erschienen, die aber nicht einmal ein Viertel des Originalumfangs hat und somit eher eine zusammenfassende Nacherzählung ist. Das Bild oben ist der Beginn einer Nachveröffentlichung auf „Starlog 4“ mit einer Illustration von Boris Vallejo; das Bild weiter unten im Text ist von David Schleinkofer.

*   *   *

Carson öffnete die Augen und bemerkte, daß er im Sand lag. Er blickte auf und sah in eine flimmernde, trübe Bläue. Es war heiß, und er lag auf Sand, und ein im Sand eingebetteter scharfer Stein schmerzte in seinem Rücken. Er rollte sich zur Seite, vom Stein herunter, und stemmte sich dann in sitzende Position hoch.

Ich bin wohl verrückt, dachte er. Verrückt – oder tot – oder irgendwas. Der Sand war blau, leuchtend blau. Und so etwas wie hellblauen Sand gab es doch nirgendwo auf der Erde oder sonst einem Planeten.

Blauer Sand.

Blauer Sand unter einer blauen Kuppel, die nicht der Himmel war noch sonst ein Raum, sondern ein umgrenzter Bereich – irgendwie wußte er, daß er umgrenzt und endlich war, obwohl er nicht bis zu seiner Oberseite sehen konnte.

Er nahm eine Handvoll auf und ließ die Körner durch die Finger laufen. Er rieselte auf sein bloßes Bein hinunter. Bloß?

Nackt. Er war von oben bis unten nackt, und von seinem Körper troff bereits der Schweiß von der enervierenden Hitze, blau mit Sand überzogen, wo immer Sand ihn berührt hatte.

Aber anderswo war sein Körper weiß.

Er dachte: Dann ist dieser Sand wirklich blau. Wenn er nur wegen des blauen Lichtes blau erschiene, dann wäre ich ebenfalls blau. Aber wenn ich weiß bin, dann ist der Sand blau. Blauer Sand. Es gibt keinen blauen Sand. Es gibt keinen Ort wie diesen.

Schweiß rann ihm in die Augen.

Es war heiß, heißer als die Hölle. Nur daß die Hölle – die Hölle der Alten – rot sein sollte und nicht blau.

Aber wenn dieser Ort nicht die Hölle war, was war er dann? Von allen Planeten besaß nur der Merkur eine solche Hitze, und das war nicht der Merkur. Der lag ungefähr sechs Milliarden Kilometer entfernt von…

Da fiel es ihm wieder ein, wo er sich zuletzt befunden hatte: in dem kleinen Einmannaufklärungsraumschiff jenseits der Umlaufbahn des Planeten Pluto. Und sein Auftrag war die Überwachung eines knapp anderthalb Millionen Kilometer umfassenden Raumes an der Flanke der terrestrischen Raumflotte, die die Outsider abfangen sollte.

Dieses plötzliche schrille Klingeln der Alarmglocke, als der Aufklärer der Rivalen – das Outsiderschiff – in Reichweite seiner Detektoren gekommen war!

Niemand wußte, wer die Outsider waren, wie sie aussahen, oder aus welcher fernen Galaxis sie gekommen waren, außer daß sie in der allgemeinen Richtung der Plejaden lag.

Zuerst hatte es vereinzelte Überfälle auf Erdkolonien und Außenposten gegeben, isolierte Kämpfe zwischen Erdpatrouillen und Raumschiffen der Outsider; Kämpfe, die manchmal gewonnen und manchmal verloren wurden, aber nie in der Kaperung eines fremden Schiffes resultierten. Auch hatte kein Mitglied einer überfallenen Kolonie jemals überlebt, um die Outsider zu beschreiben, die die Schiffe verlassen hatten, falls sie sie überhaupt verlassen hatten.

Keine allzu ernsthafte Bedrohung, zu Anfang, denn die Überfälle waren nicht zahlreich oder zerstörerisch gewesen. Und einzeln hatten die Schiffe sich als den besten Erdenkampfschiffen in der Bewaffnung leicht unterlegen erwiesen, obwohl sie in der Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit etwas überlegen waren. Tatsächlich war es ein ausreichender Geschwindigkeitsvorteil, um den Outsidern die Wahlmöglichkeit zwischen Flucht oder Kampf zu ermöglichen, sofern sie nicht umzingelt waren.

Dennoch hatte die Erde sich für ernsthafte Schwierigkeiten vorbereitet und die mächtigste Raumflotte aller Zeiten gebaut. Sie hatte nun schon seit langer Zeit gewartet, diese Armada. Nun kam der Showdown.

Aufklärer 30 Milliarden Kilometer weit draußen im Raum hatten die Annäherung einer mächtigen Flotte der Angreifer gemeldet. Jene Aufklärer waren nie zurückgekehrt, aber ihre radiotronischen Botschaften. Und nun befand sich die terrestrische Armada mit 10.000 Raumschiffen und einer halben Million Raumkämpfern da draußen, außerhalb der Plutobahn, und wartete darauf, die Outsider abzufangen und bis zum Tod zu kämpfen.

Und es würde eine ausgeglichene Schlacht werden, nach den Vorausmeldungen der Männer der fernen Vorpostenlinie zu urteilen, die ihr Leben gegeben hatten, um – vor ihrem Tod – über die Größe und Stärke der fremden Flotte zu berichten.

Es war die Schlacht von jedermann, und die Herrschaft über das Sonnensystem hing dabei in der Schwebe, zu ausgeglichenen Chancen. Eine letzte und einzige Chance, denn die Erde und alle ihre Kolonien würden völlig der Gnade der Outsider ausgeliefert sein, falls sie diesen Spießrutenlauf überstanden.

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