Von The Z Man, übersetzt von Lucifex. Das Original „Digital Grifters“ erschien am 9. Januar 2020 auf Z-Mans Blog und wurde am 12. Januar 2020 auf „National Vanguard“ nachveröffentlicht, wo auch das Titelbild hinzugefügt wurde.
Wie bei den meisten Slangbegriffen ist niemand sich völlig sicher, wie das Wort „grifter“ [Gauner, Trickbetrüger] in den allgemeinen Sprachgebrauch kam, aber er ist seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts recht gängig gewesen. Forscher behaupten, es sei Karneval-Slang gewesen, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in den allgemeinen Sprachgebrauch überging. Es war möglicherweise eine Verballhornung des Wortes „graft“ [Bestechung, Schiebung], eines weiteren Slangbegriffes, der in losem Sinne Finanzverbrechen bedeutete. So oder so, ein Blick auf Google Ngram zeigt, daß er in den 1920ern und 1930 abhob. [Anm. d. Ü.: diese Grafik konnte ich leider nicht abspeichern; bei Interesse rüberklicken.]
Eine interessante Sache an dieser Grafik ist, daß der Gebrauch des Wortes dem Anstieg und Fall des sozialen Vertrauens zu folgen scheint. In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg begann das soziale Vertrauen aus einer Anzahl von Gründen zu fallen. Ein großer Grund war der Finanzkollaps und die nachfolgende Wirtschaftsdepression in den 1930ern. Die Tatsache, daß das Wort heute zunehmend gängig ist, angefangen in den 1980ern mit der digitalen Revolution, deutet auf eine Korrelation hin. Menschen sind jetzt mehr der Korruption ausgesetzt als vor 30 Jahren.
Davon abgesehen hat die Mikroprozessorrevolution viele Dinge in unserer Kultur verändert, wovon eines die Natur des Trickbetrügers ist. Vor dem Internet war die Durchführung eines Trickbetrugs eine intime Sache. Der Schwindler mußte persönlich mit der Zielperson interagieren, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Das bedeutete, daß der Schwindler Menschen lesen und seine eigenen Emotionen und seine Körpersprache kontrollieren können mußte. Er mußte seine Zielperson auch verstehen, sodaß er Dinge sagen und tun konnte, die die Eitelkeit der Zielperson ausnützten.
Das Leben des analogen Trickbetrügers war ein gefährliches. In unmittelbarer Nähe zur Zielperson arbeiten zu müssen, bedeutete physisches Risiko. Wenn die Zielperson ihm auf die Schliche kam, konnte das Schläge oder vielleicht Schlimmeres bedeuten. Der analoge Schwindler mußte daher sehr geschickt sein, aber auch etwas Mut besitzen. Oft operierte er in einer Welt mit anderen Kriminellen, nahm sich vielleicht sogar Kriminelle zum Ziel. Ein Fehler, an die falsche Tür zu klopfen oder die falsche alte Dame als Ziel auszuwählen, konnte physischen Schaden bedeuten.
Das ist das erste, das sich im digitalen Zeitalter am Trickbetrug geändert hat. Der Schwindler kann nun aus großer Distanz operieren, oft in Anonymität. Er kann eine falsche Webseite einrichten, die Leute anlockt, beruhend auf bestimmten bekannten Charakteristiken. Alternativ kann er eine falsche Online-Persona erschaffen, die die nötigen Kästchen ankreuzt, um eine Klasse von Menschen anzusprechen, auf die der Schwindler abzielt. Schwindelei und Marketing sind online oft nicht voneinander zu unterscheiden. Es ist jetzt leichter, ein Trickbetrüger zu sein.