Zankapfel Balkan

Der ehemalige kroatische Diplomat Dr. Tomislav Sunić  im Gespräch

(Aus der Ausgabe November-Dezember 2013 der „Deutschen Militärzeitschrift“)

Bulgarische Truppen im Angriff während des Ersten Balkankrieges 1912-1913: Was als Bündnis gegen die Osmanen begann, führte zu allgemeinem Zwist auf dem Balkan. Gemälde von Jaroslav Véšín.

DMZ: Herr Dr. Sunić, der Balkan ist stets Zankapfel der europäischen Großmächte und auch innerlich zerstritten gewesen. 1913 – vor 100 Jahren – kam es zum Zweiten Balkankrieg. Nur wenige Monate zuvor endete der erste Balkankrieg. Warum ging es vor 100 Jahren so heiß her im südöstlichen Europa?

Sunić: Auf dem Balkan prallen viele Interessen aufeinander. Der Erste Balkankrieg begann als eine romantische Bewegung, als Bündnis der südostslawischen, christlich-orthodoxen Völker – also der Serben, Bulgaren, Montenegriner und Griechen – gegen die jahrhundertelange osmanische Despotie. Also in diesem Sinne war der erste Balkankrieg der Jahre 1912/13 eine positive Bewegung, da endlich eine fremde, nichteuropäische Macht aus Europa rausgeworfen wurde.

DMZ: Allerdings führte der Krieg schnell zu Revanchegedanken und Zwist unter den Bundesgenossen und mündete wenig später im nächsten Balkankrieg…

Sunić: Ja, Bulgarien griff kurz nach dem Krieg Serbien und Griechenland an, woraufhin Rumänien seine Chance sah, sich auf Kosten des kriegsführenden Bulgarien zu vergrößern. Und das Osmanische Reich erkannte die Chance, die Niederlage im Ersten Balkankrieg zu revidieren.

DMZ: Welche Rolle spielten dabei die europäischen Großmächte?

Sunić: Vor allem der russische, christlich-orthodoxe Panslawismus spielte dabei eine große Rolle. Die zaristische Politik am Anfang des 20. Jahrhunderts sah in der österreichischen Annexion Bosniens im Jahr 1908 nicht nur eine geopolitische Gefahr, sondern auch eine kulturelle Einmischung des dekadenten Westens. Alles, was in Europa im 20. Jahrhundert geschah, hatte einen kausalen Nexus, wenn ich hier Ernst Nolte paraphrasieren darf. So wird es in Europa auch in der Zukunft weiter sein – abgesehen davon, daß die Türken heute weiter nach Europa vorgedrungen sind, als sie es sich 1683 vor den Toren Wiens auch nur erträumt hätten.

DMZ: Welche Folgen hatte der Krieg für den Balkan und für Europa? Die Balkankriege werden oft als Wegbereiter für den Eintritt der südosteuropäischen Staaten in den Ersten Weltkrieg betrachtet. Das Pulverfaß Balkan war zudem erst die Initialzündung für den Weltkrieg.

Sunić: Über die Ansprüche oder Komplott-Theorien der damaligen Großmächte läßt sich viel debattieren. Es herrschten auch damals zwischen den Politikern in Frankreich, Rußland und Großbritannien schwere Divergenzen – von den Interessenkonflikten mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn ganz zu schweigen. Der Erste Weltkrieg hatte viele Väter.

DMZ: Das gesamte 20. Jahrhundert über war allerdings der Balkan immer wieder von Spannungen gezeichnet. Warum ist die Region so instabil? Woher rühren die Konflikte?

Sunić: Das dauernde Problem auf dem Balkan ist die mangelnde Staatsidentität der verschiedenen christlichen Völker und Völkerschaften. Der jahrhundertelange türkische Despotismus hat außerdem ein großes Trauma bei allen Völkern auf dem Balkan verursacht. Auch heute hat das Wort „Türke“ dort eine negative Bedeutung, und man hört täglich die jungen Serben und Kroaten in abschätzender Weise auch die muslimischen Bosniaken und Albaner als „Türken“ beschimpfen.

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Der Stunt der Euro-Rechten in Jerusalem

Von links nach rechts: Heinz-Christian Strache (FPÖ), Filip Dewinter (Vlaams Belang), René Stadtkewitz (Die Freiheit), Jerusalem, 07.12.2010

Von Tom Sunic, übersetzt von Deep Roots (ursprünglich veröffentlicht auf „As der Schwerter“). Das Original The Euro Rightwing Stunt in Jerusalem erschien am 15. Dezember 2010 im Occidental Observer.

 

Wenn man sie nicht schlagen kann, schließe man sich ihnen an. Das könnte man schlußfolgern, nachdem man die Ergebnisse des kürzlichen PR-Stunts von Heinz-Christian Strache, Chef der österreichischen FPÖ, Geert Wilders von der holländischen PVV und Filip DeWinter vom Vlaams Belang in Israel beobachtet hat. Angesichts der moslemischen Invasion Europas gibt es rechte Stimmen in Europa, die ernstlich glauben, daß europäische Nationalisten eine Vereinbarung mit den Zionisten treffen müssen. Ihre Arbeitshypothese lautet, daß der islamischen Bedrohung am besten entgegengewirkt werden kann, falls und wenn es innerhalb der Parameter des antiarabischen zionistischen Diskurses formuliert wird. Die Annahme ist weit verbreitet, daß schließlich ein grünes Licht in Tel Aviv zu blinken beginnen und einen sicheren Ort für Moslembashing in Europa bieten wird.

Aber bei der Jerusalem-Visite der drei Politiker geht es um mehr. Viele europäische Nationalisten erkennen, ähnlich wie alle Politiker über das gesamte Spektrum in den USA und Europa, daß politische Legitimität zu Hause nur erreicht werden kann, wenn man zuvor den Segen aus Israel erhalten hat. Deshalb legt die Visite dieser tapferen Euro-Rechten nur Zeugnis davon ab, wer der wahre Boß in Weltangelegenheiten ist. Wer möchte schon in endloser Opposition bleiben, von der breiteren Öffentlichkeit durch einen „cordon sanitaire“ abgeschnitten sein und für immer als böser Nazi verunglimpft werden?

Genausowenig sind die jüdischen Kommentatoren dumm, wie von einem Kommentator in der „Haaretz demonstriert wurde:

„Die Organisatoren dieser Besuche glauben, daß sie diesen Haufen von Extremisten gezähmt haben, die sie aus Europa herübergeholt haben, die nun, nachdem sie ihren jüdischen Dämonenfeind gegen das Modell des kriminellen moslemischen Einwanderers eingetauscht haben, einstimmig singen, daß Samaria jüdischer Boden ist. Bald werden sie sich Bärte sprießen lassen und Kippas tragen. Aber sie haben ihre spirituelle DNS nicht abgeworfen, und sie sind auf jeden Fall auf nichts anderes aus als auf die jüdische Absolution, die sie näher an die politische Macht bringen wird.“

Aber solange diese Scharade weitergeht und solange es genug nützliche Idioten unter amerikanischen und europäischen Rechten gibt, wird es schön der Sache Israels dienen. Als Rollenmodell für die FPÖ, VM und auch die BNP kann man den Fall des Ex-Faschisten Gianfranco Fini anführen, der erst Außenminister in Berlusconis Regierung wurde, nachdem er sich in Yad Vashem niedergeworfen hat. Danach konnte er die reichlichen Vergünstigungen des Quirinal genießen und ein respektabler EU-Politiker werden.

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