Von Kairos (ursprünglich veröffentlicht am 4. Juni 2011 auf „As der Schwerter)
Wie Kommentator Meyer im Kommentarstrang zu „Kartoffel werden“ (einem der bemerkenswertesten Kommentarstränge, der jemals in Manfreds „Korrektheiten“ entstanden ist – ich empfehle die komplette Lektüre) bemerkt hat, lässt sich das Recht auf freie Rede auf bewaffnete Männer zurückführen, die den Tod verachten. Solchen Männern kann man nämlich den Mund nicht verbieten.
Man muss sich immer wieder klarmachen, dass die meisten Menschen in unserer Gesellschaft unter „Freiheit“ etwas ganz anderes verstehen, nämlich die Möglichkeit zu unbeschränktem Konsum, Promiskuität und „Selbstverwirklichung, das totalisierte Lustprinzip, demgegenüber jeder gesellschaftliche Wert auf der Strecke bleibt, gar als Anachronismus verteufelt wird.
Woher kommt aber diese individuelle Freiheit? Aus der Fähigkeit, sich zu wehren. Wer sich nicht wehren kann, der wird von anderen beherrscht.
Wir sind es nicht mehr gewohnt, uns selbst zu wehren, weil in unserer Gesellschaft Spezialisten dafür ausgebildet werden. Sie sollen uns voreinander und vor Übergriffen von außen schützen.
Was aber, wenn diese Gesellschaft nicht mehr funktioniert?
Genau genommen gehören zur Freiheit nämlich zwei Dinge: Sich wehren können und sich selbst versorgen können (oder in einem Wort: Überleben). Beide Dinge sind in unserer Gesellschaft arbeitsteilig auf Spezialisten abgewälzt worden, damit der Rest von uns an der Produktion von Luxusgütern arbeiten oder faul in der Ecke liegen (im Büro oder an der Uni rumsitzen) kann.
Bis zu einem gewissen Grade macht diese Arbeitsteilung ja auch Sinn, da eine Gesellschaft von Spezialisten einer Gesellschaft von Alleskönnern überlegen ist. Ich sehe aber zwei Probleme:
- Die Ausweitung der Arbeitsteilung über die nationalen Grenzen hinaus
- Das völlige Verlernen lebenswichtiger Tugenden und Fähigkeiten durch die Spezialisierung
Ad 1:
Wir haben uns daran gewöhnt, die Globalisierung quasi als eine über uns hereinbrechende Naturkatastrophe wahrzunehmen. Keiner mag sie wirklich, aber außer den Spinnern von „attac“ kämpft auch niemand ernsthaft dagegen an.
Eine Auswirkung dieser Globalisierung ist die Aufhebung nationaler Autarkie. Nahezu jedes Land ist von Lieferungen anderer Länder abhängig. Wären all diese Länder Bundesstaaten ein und desselben Reiches, würde es sicherlich Sinn machen, den einen Bundesstaat, in dem nunmal das Ölvorkommen entdeckt wurde, mit der Ölförderung zu betrauen und den anderen damit, Ingenieure auszubilden.
Das Problem am Globus ist aber, dass seine Staaten nicht zu dem gleichen Reich gehören und auch nie gehören werden. Alle Anstrengungen der UN und anderer globalistischer Akteure sind für die Katz. Es wird keine „Eine Welt“ geben, es wird keine Weltregierung geben. So lange es noch Völker gibt, werden sie sich auch selbst regieren wollen.
Länder haben keine Freunde, sondern nur Interessen. Es kann Vermittler geben, die Streit zwischen Staaten schlichten, aber es kann nie eine Organisation geben, welche den Staaten so übergeordnet ist, wie der Staat den Bürgern. Der „Völkerbund“, den Kant erträumte, um den „ewigen Frieden“ zu garantieren, ist nur als ein deformiertes Monster in der Realität erschienen. Die UN, gegründet als Spionageabteilung des KGB und von den Roten zur kulturellen Desorientierung Amerikas gebraucht, hat seit dem Ende des kalten Krieges unmerklich eine Verschiebung der Macht hin zur OIC erlebt.
In der NATO dagegen herrscht die amerikanische Vorstellung von Moral, in der das Recht und die Interessen Amerikas ein und dasselbe sind.
Und so ist eine weltweite Vernetzung durch Internet und neue Medien sicherlich möglich, eine globale Arbeitsteilung jedoch nicht.
Je nachdem, welches Land aus dieser Arbeitsteilung ausbricht, erleidet das System mehr oder weniger schweren Schaden. Und es gibt Länder (wie unseres zum Beispiel), die man aus dieser Arbeitsteilung gar nicht herauslassen wird, so lange es noch die Möglichkeit gibt, sie mit Gewalt dort drin zu halten.
Ad 2:
Ein Spezialist, sagt Bierce, ist ein Experte, der von immer weniger immer mehr weiß, bis er schließlich von nichts alles weiß. Das beschreibt ziemlich perfekt eine Gesellschaft, in der kaum noch jemand weiß, wie man ein Tier schlachtet und ausnimmt, geschweige denn, wie man zur Jagd geht. Eine Gesellschaft, in welcher jeder daran gewöhnt ist, den ganzen Tag über Dinge zu benutzen, von denen er nur eine rudimentäre Vorstellung hat, wie sie tatsächlich funktionieren (Computer, Autos, etc.).
So lange eine Nation stabil und wohlhabend ist, stellt das weiter kein Problem dar. Was aber ist, wenn es kriselt?
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