„Das Volk bin ich“: Rezension von Jan-Werner Müllers „What is Populism?“

Von F. Roger Devlin, übersetzt von Lucifex. Das Original Le Peuple, C’est Moi erschien am 18. Dezember 2018 auf Counter-Currents Publishing.

Jan-Werner Müller
What Is Populism?
Penguin, 2017

Jan-Werner Müller, ein gebürtiger Deutscher, ist Professor für Politik an der Princeton University und der Autor mehrerer vorheriger Bücher. Die vorliegende Studie über den Populismus wurde 2016 von der University of Pennsyslvania Press veröffentlicht und schnell von Penguin Books in einem beliebten Taschenbuchformat nachgedruckt. Diese für einen akademischen Titel ungewöhnliche Auszeichnung verdankt natürlich viel der jüngsten Mode des Begriffs „populistisch“, aber auch der ungewöhnlichen Klarheit der These des Autors und deren Darlegung.

Es gibt wenig allgemeine Einigkeit über den Populismus, außer daß es eine Form der Politik ist, die sich für das „Volk“ gegen die Eliten einsetzt. Müller bemerkt, daß eine solche Haltung tatsächlich eine notwendige Voraussetzung für die Identifizierung eines Politikers oder einer Bewegung als „populistisch“ ist, aber keine ausreichende. Er lehnt psychologisierende Erklärungen ab, die sich auf den „Zorn“ von Populisten fokussieren, während sie dessen Ursachen ignorieren. Diese Arten von Theorien behaupten, daß das, was Populisten wirklich brauchen, nicht politische Repräsentation oder die Beseitigung objektiver Mißstände ist, sondern eine Art von Psychotherapie. Das ist sowohl herablassend als auch etwas, das unheimlich an den alten sowjetischen Mißbrauch der Einweisung von Dissidenten in psychiatrische Kliniken erinnert.

Die wahrhaft essentielle Eigenschaft des Populismus ist nach Müllers Sichtweise der Anspruch auf ausschließliche Vertretung des Volkes. Das erste Beispiel, das er anbietet, ist der gegenwärtige Präsident der Türkei, Recep Erdogan. Bei einem vor kurzem stattgefundenen Parteikongreß antwortete Erdogan seinen Kritikern mit der Bemerkung: „Wir sind das Volk; wer seid ihr?“ Der Autor kommentiert:

Natürlich wußte er, daß seine Gegner ebenfalls Türken waren. Der Anspruch auf ausschließliche Vertretung ist kein empirischer; er ist immer eindeutig moralisch. Populisten stellen ihre politischen Konkurrenten als Teil der unmoralischen, korrupten Elite dar.

Kurz gesagt, der Populist ist nach Müllers Darstellung die politische Gestalt oder Bewegung, die angedeutet oder ausdrücklich behauptet: le peuple, c’est moi – das Volk bin ich.

Dies ist eine kühne These, nicht zuletzt, weil sie nach dem eigenen Eingeständnis des Autors die People’s Party der amerikanischen 1890er – die oft als die originalen Populisten betrachtet wird – davon disqualifiziert, als „wahre“ Populisten betrachtet zu werden. Sie unterstellt auch, daß das antike Athen, trotzdem es uns das Wort Demagoge vermachte, keine „wahren“ populistischen Führer hervorbrachte, denn niemand konnte in einer direkten Demokratie, die keinen Gebrauch von Repräsentation machte, Anspruch auf ausschließliche Vertretung erheben. Weiter hinten in dem Buch erklärt er auch, daß Bernie Sanders nach dieser Definition nicht als Populist qualifiziert wäre.

Aber Müller verweist sicherlich auf eine reale und hervorstechende Neigung vieler Politiker, die als populistisch bezeichnet werden. Hugo Chavez’ Wahlkämpfe bringen Slogans wie „Chavez ist das Volk! und „Chavez, wir sind Millionen, auch ihr seid Chavez!“ George Wallace begann seine berühmte „Rassentrennung für immer“-Rede mit der folgenden großspurigen Erklärung: „Im Namen des großartigsten Volkes, das jemals auf Erden wandelte, ziehe ich die Linie im Staub und werfe der Tyrannei den Fehdehandschuh vor die Füße…“ Der Autor fragt spitz, mit welcher Autorität der Gouverneur von Alabama annahm, im Namen des amerikanischen Volkes als Ganzem zu sprechen.

Klarerweise erhalten populistische Politiker niemals einhundert Prozent Unterstützung von den Wählern. Um diese unbequeme Tatsache zu umschiffen, neigen sie dazu, an die vage Vorstellung vom „wirklichen“ Volk zu appellieren, das aus der Gesamtsumme der tatsächlichen Staatsbürger herausgezogen und von dieser unterschieden werden muß. Als zum Beispiel Nigel Farage im Brexit-Referendum das Ergebnis bekam, das er wollte, nannte er es einen „Sieg für das wahre Volk,“

und machte damit die 48 Prozent der britischen Wählerschaft, die dagegen gewesen waren, das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union herauszuholen, irgendwie weniger als real – oder stellte ihren Status als eigentliche Mitglieder der politischen Gemeinschaft in Frage.

In ähnlicher Weise hat eine populistische finnische Partei sich bis vor kurzem die „Wahren Finnen“ genannt.

Auch George Wallace beschwor ständig die Vorstellung von den „wahren Amerikanern“. Früher in seiner Karriere identifizierte er das wahre Amerika mit „dem großen angelsächsischen Südland.“ Die schuf eine mißliche Situation für ihn, als er daran ging, außerhalb der Region Unterstützung für seine Präsidentschaftsambitionen zu suchen. Er überspielte den Widerspruch, indem er kühn das gesamte Land als südlich erklärte:

Und ihr eingeborenen Söhne und Töchter des festen Patriotismus des alten Neuengland… und ihr robusten Einheimischen des großen Mittelwestens… und ihr Nachkommen des flammenden Geistes der Pionierfreiheit im fernen Westen… wir laden euch ein, zu kommen und mit uns zu sein… den ihr seid das Denken und die Geisteshaltung des Südens; auch ihr seid Südstaatler und unsere Brüder in unserem Kampf.

Es ist klar ersichtlich, daß populistische Vorstellungen vom „Volk“ sich als recht flexibel erweisen können. Aber Wallace dachte sich zweifellos etwas dabei, als er „wahre Amerikaner“ von den korrupten Eliten der Nation unterschied. Fischer aus Maine, Farmer im Mittleren Westen und Stahlarbeiter namens Kowalski aus Chicago hätten für Wallace alle eindeutig als „wahre Amerikaner“ gezählt, wohingegen Soziologieprofessoren der Ivy League, Casinobetreiber aus Las Vegas und Drag Queens aus New York nicht als solche gezählt hätten. Kurz, er unterschied „hart arbeitende Amerikaner“ sowohl von denjenigen, die er „eierköpfige Intellektuelle“ nannte – Leute, die nicht mit ihren Händen arbeiten mußten – als auch von Wohlfahrtsparasiten und anderen randständigen Gruppen.

Aber Arbeit ist nur ein mögliches Kriterium; andere Populisten haben das „wahre“ Volk auf der Grundlage der ethnischen Identität unterschieden und es in Kontrast zu ethnisch verschiedenen Eliten (Juden, Überseechinesen) und Unterschichten (Zigeuner, Schwarze) gesetzt. Auch hier jedoch wird das „wahre“ Volk für moralisch gegenüber äußeren Gruppen überlegen gehalten.

Derjenige, der im heutigen Amerika einem politischen Nachfolger von George Wallace am nächsten kommt, ist natürlich der Ivy-League-Absolvent und Casinobetreiber Donald Trump. Müller zitiert ein Wegwerfzitat von einer von Donald Trumps Wahlkampfveranstaltungen, das, wenngleich extrem vage, eine ähnliche Mentalität bekunden könnte: „Das einzig Wichtige ist die Vereinigung des Volkes – denn die anderen Leute bedeuten nichts.“

Ansprüche darauf, „das Volk“ zu vertreten, tendieren dazu, Populisten zu schlechten Verlierern zu machen, die dazu neigen, ihr Scheitern bei Wahlen einem manipulierten Verfahren zuzuschreiben:

Das Problem ist nie die unvollkommene Fähigkeit des Populisten, den Willen des Volkes zu repräsentieren; vielmehr sind es immer die Institutionen, die irgendwie die falschen Ergebnisse produzieren. Daher muß, selbst wenn sie richtig demokratisch aussehen, irgendetwas hinter den Kulissen vorgehen, das es korrupten Eliten ermöglicht, weiterhin das Volk zu verraten. Verschwörungstheorien sind daher keine seltsame Ergänzung populistischer Rhetorik; sie wurzeln in der Logik des Populismus selbst und gehen aus dieser hervor.

Dies ist ein völlig berechtigter Punkt, obwohl der Autor vielleicht die Häufigkeit von tatsächlichem Wahlbetrug unterschätzt. In der jüngeren amerikanischen Vergangenheit hatten zuvor „verlorene“ geheime Lager von Stimmen für demokratische Kandidaten eine seltsame Art aufzutauchen, wann immer eine Neuauszählung beschlossen wurde.

Populistische Politiker haben eine Abneigung gegen alle Institutionen, die sich zwischen den Volkswillen und die politische Entscheidungsbildung einmischen, und streben eine unmittelbare Beziehung zum „Volk“ an. Beppe Grillo von Italiens Fünfsterne-Bewegung sagt seinen Anhängern: „Leute, es funktioniert so: Ihr laßt es mich wissen, und ich spiele den Verstärker.“ Als Vertreter von Grillos Bewegung erstmals in das Parlament einzogen, erklärte ein enger Mitarbeiter von ihm, daß „Italiens öffentliche Meinung“ mit ihnen in das Parlament einziehe.

Aber in Wirklichkeit – und genau als Nebenprodukt dieses Anspruchs auf unmittelbare Vertretung „des Volkes“ – haben populistische Parteien eine besonders starke Tendenz dazu, monolithisch und autoritär zu sein, wo die gewöhnlichen Mitglieder einem einzigen Führer untergeordnet sind. Beppe Grillo, sagt der Autor, „ist nicht bloß der ‚Verstärker‘, wie er behauptet; er übt die zentrale Kontrolle über ‚seine‘ Abgeordneten aus und wirft all jene aus der Bewegung, die es wagen, ihm zu widersprechen.“ Geert Wilders persönlich weist jede Woche alle Legislativvertreter seiner PVV ein.

Allgemeiner gesprochen ziehen Populisten eine Repräsentation durch imperative Mandate vor statt durch freie Mandate, bei denen von den Repräsentanten erwartet wird, ihr eigenes Urteilsvermögen zu benutzen. Wie Müller hervorhebt, schwächt dies die demokratische Verantwortlichkeit: „ein freies Mandat erlegt Repräsentanten die Last auf zu rechtfertigen, wie sie ihr politisches Urteilvermögen benutzten, wenn die Zeit der Wahl – das heißt, die Zeit für die Ablegung der Rechenschaft – kommt.“ Der Träger eines imperativen Mandates kann immer denjenigen, die ihn delegierten, die Schuld für irgendwelche widrigen Folgen zuschieben.

Viele Populisten fordern mehr Volksabstimmungen, aber Müller ist von dieser Taktik nicht beeindruckt. Volksabstimmungen, wie Populisten sie sich vorstellen, sind nicht

dafür gedacht, einen ergebnisoffenen Überlegungsprozess unter tatsächlichen Staatsbürgern zu beginnen, um eine Anzahl wohlüberlegter Beurteilungen durch das Volk zu erzeugen; vielmehr dient das Referendum dazu, zu ratifizieren, was der populistische Führer bereits als das echte Volksinteresse als eine Sache der Identität ausgemacht hat, nicht als eine Sache der Ansammlung empirisch verifizierbarer Interessen.

Dies ist fraglos wahr. Ein europäischer Populist würde kein Referendum über die Masseneinwanderung aus der Dritten Welt fordern, um eine Debatte anzustoßen, sondern weil er verdammt gut weiß, was das Ergebnis solch eines Referendums wäre. Aber das wissen auch seine Feinde, die globalistischen Eliten: das ist genau de Grund, warum sie nie eine direktdemokratische Kontrolle der Einwanderungspolitik zugelassen haben. Zugegeben, die meisten Bürger des „demokratischen Europas“ haben daran festgehalten, Mainstream-Parteien zu unterstützen, lange nachdem deren Absichten offensichtlich wurden. Aber ein Referendum wäre dennoch ein wirksames Mittel, um solche Eliten einzubremsen, und eine völlig legitime und sogar demokratische Taktik.

Müller nimmt den Einwand vorweg, daß all die negativen Eigenschaften, die er Populisten zuschreibt, genauso leicht unter nicht-populistischen Parteien und Kandidaten zu finden wären:

Was demokratische Politiker von Populisten unterscheidet, ist, daß die Ersteren Repräsentationsansprüche in Form von etwas wie Hypothesen stellen, die empirisch auf der Basis tatsächlicher Ergebnisse regulärer Prozeduren und Institutionen wie Wahlen widerlegt werden können. Die meisten räumen ein, daß die Repräsentation vorübergehend und fehlbar ist, daß gegenteilige Meinungen legitim sind, daß die Gesellschaft nicht ohne den Rest vertreten werden kann und daß es unmöglich ist, daß eine Partei oder ein Politiker dauerhaft ein authentisches Volk vertritt, außer durch demokratische Prozeduren und Formen.

In Müllers Sicht sind es die Populisten selbst, nicht die „korrupten Eliten“, die sie herausfordern, die die Korrumpierung dieses demokratischen Ideals repräsentieren. Sie sind nicht einmal inhärent anti-elitistisch, hebt er hervor, in dem Sinn, daß sie denken würden, daß „die Macht immer so breit wie möglich gestreut sein sollte. Eliten sind für sie in Ordnung, solange sie die Eliten sind.“

Populistische Parteien sind oft als Protestparteien betrachtet worden, und man hat sogar gemeint, daß der Populismus nicht wirklich regieren kann, nachdem ein Sieg Anti-Elitisten ipso facto in eine neue Elite verwandelt. Aber dies ist eine zu abstrakte Argumentation: man muß beobachten, was wirklich geschieht, wo Populisten an die Macht gekommen sind.

Meistens, so Müllers Darstellung, überträgt sich der Autoritarismus, den man häufig in populistischen Parteien findet, auf ihren Regierungsstil, da sie die Legitimität der Opposition bestreiten (erinnern Sie sich an Erdogans abfällige Antwort an seine Gegner: „Wir sind das Volk, wer seid ihr“?). Alle Fehlschläge können alten Eliten zur Last gelegt werden, die immer noch hinter den Kulissen agieren (denken Sie an den „tiefen Staat“).

Als Beispiel für populistischen Autoritarismus an der Macht verweist der Autor auf jüngste Veränderungen im Beamtengesetz in Ungarn, die es der regierenden Partei ermöglicht haben, „Loyalisten an Stellen zu plazieren, die unparteiische bürokratische Positionen sein sollten.“ Er kritisiert die neue ungarische Verfassung (die seit 2012 in Kraft ist) als parteiisches Dokument, das dazu bestimmt ist, die populistische Herrschaft fortbestehen zu lassen, obwohl er zur Unterstützung dieser Ansicht nur ein paar verlängerte Amtsperioden anführt. Polens regierende Populisten „unternahmen sofort Schritte gegen die Unabhängigkeit der Gerichte. Prozeduren existierender Gerichte wurden geändert und neue Richter ernannt.“ Solche Regierungen „erzeugen also einen Staat nach ihrem eigenen politischen Geschmack und nach ihrem eigenen politischen Ebenbild.“

Ich kann nicht sehen, wie sich das vom Verhalten von Antipopulisten unterscheidet, die bei all ihrem Gerede von Pluralismus und Offenheit offensichtlich Richter und Bürokraten nach ihrem eigenen Ebenbild ernennen. Aber Müller scheint ein rosig-idealistisches Bild von den „unparteiischen Beamten“ zu pflegen, die von globalistischen Eliten ernannt werden, als ob sie ihre politischen Präferenzen gewissenhaft aus ihrer Arbeit fernhalten würden, während nur ihre von Populisten ernannten Gegenstücke problematisch sein könnten.

Allgemein gesprochen ist das auffallendste Merkmal von Müllers Studie ihr Versäumnis, sich ernsthaft mit den Problemen zu befassen, die den zeitgenössischen europäischen und amerikanischen Populismus aufkommen ließen. Der Autor möchte ein zeitloses Verständnis des Populismus begründen, das gleichermaßen auf alle Umstände anwendbar ist, aber gleichzeitig ist klar, daß er es spezifisch für die Diskreditierung von Donald Trump, Marine Le Pen, Geert Wilders, Viktor Orbán und Jaroslaw Kaczynski (und deren Anhänger) zu verwenden beabsichtigt. Aber ich bezweifle, daß irgendeine abstrakte Diskussion politischer Taktik und Rhetorik, getrennt von den spezifischen Sorgen, auf die diese Politiker reagieren, ihre herausragende und immer noch steigende Position in der zeitgenössischen Politik erklären kann.

In der folgenden Passage kommt Müller dem Ansprechen der fundamentalen Frage der Masseneinwanderung aus der Dritten Welt am nächsten:

Was oder wer entscheidet über die Mitgliedschaft im Volk, außer dem historischen Zufall, wer an einem bestimmten Ort geboren wird oder wer zufällig der Sohn oder die Tochter bestimmter Eltern ist? Einfach ausgedrückt, ist der Vorwurf gegen Populisten, daß sie auf Ausschließung bedacht sind, ein normativer, aber liberale Demokraten billigen – sofern sie sich nicht für einen Weltstaat mit einem einzigen gleichen Bürgerschaftsstatus einsetzen – effektiv ebenfalls Ausschließungen all jener, die kein Teil eines bestimmten Staates sind. Diese Herausforderung ist in der Politiktheorie als das „Grenzproblem“ bekannt. Es hat bekanntlich keine demokratische Lösung: zu sagen, das Volk sollte entscheiden, setzt voraus, daß wir bereits wissen, wer das Volk ist – aber das ist genau die Frage, die eine Antwort verlangt.

Das Grenzproblem ist nicht die Art von Problem, die irgendeine politische Theorie ein für alle Mal lösen kann. Seine Behandlung ist ein Prozess, in dem sowohl existierende Mitglieder als auch solche, die Mitglieder werden wollen, etwas zu sagen haben können; es sollte eine Sache der demokratischen Debatte sein, keine Entscheidung ein für alle Mal, die auf unveränderlichen Kriterien beruht.

Betrachten wir die aufschlußreiche Phrase „der historische Zufall, wer an einem bestimmten Ort geboren wird oder wer zufällig der Sohn oder die Tochter bestimmter Eltern ist.“ Müller schreibt hier, als ob vorgeformte menschliche Seelen wahllos Kleinkindern aus der ganzen menschlichen Spezies zugewiesen würden. Diese unbiologische Denkweise ist charakteristisch für den egalitären Liberalismus: denken Sie an John Rawls‘ „ursprüngliche Position.“

Tatsächlich könnte kein menschliches Wesen von irgendjemandem geboren werden außer von genau dem Mann und der Frau, die seine biologischen Eltern waren, denn er ist beschaffen ausgehend von ihrem einzigartigen genetischen Material und läßt ihre individuellen Eigenschaften fortbestehen, einschließlich dessen, was wir für die „menschlichsten“ Eigenschaften halten, wie Persönlichkeit und Verhaltensneigungen.

Eine Nation ist eine organische Gemeinschaft von biologisch mehr oder weniger verwandten Personen, die im Normalfall durch natürliche Fortpflanzung für den Fortbestand ihrer einzigartigen kollektiven Identität sorgen – und nicht durch demokratische Beratungen, wie Müller erklärt. Es gibt in der Tat so etwas wie Einbürgerung, die zur Staatsbürgerschaft durch Geburt in analoger Beziehung steht wie Adoption zur natürlichen Fortpflanzung: faktisch kann die gesamte Nation neue Staatsbürger adoptieren. Dies geschieht am leichtesten, wenn sie einen ähnlichen rassischen und kulturellen Hintergrund wie gebürtige Staatsbürger haben.

Aber Einbürgerung kann nur eine Ergänzung zur normalen und natürlichen Fortpflanzung der Nation sein und sie niemals ersetzen. Es ist eine ernsthafte Angelegenheit, die niemals unternommen werden sollte, um die Unterstützung für eine nationale politische Partei auf Kosten einer anderen zu verstärken, oder im Namen eines vagen Wohlfühlgeredes über Vielfalt: dazu gehören Fragen nach der Kompatibilität und Loyalität, die in Zeiten einer nationalen Krise zu Sachen von Leben und Tod werden können.

Aber für den Liberalen, der in Biologie ahnungslos ist, ist es nur ein „Zufall“, ob eine bestimmte Person als Weißer in einer erfolgreichen und wohlhabenden westlichen Nation geboren wird oder als Bantu in einem gescheiterten postkolonialen Staat in Afrika. Dies ist für ihn moralisch unerträglich, und er kommt unausweichlich zu der Ansicht, daß westliche Nationen moralisch illegitim – „rassistisch“ im zeitgenössischen Sprachgebrauch – sind, weil sie manche Personen ausschließen. Die einzig wahre Lösung für das Problem ist nicht in irgendeiner demokratischen Beratung zu finden, sondern in genau dem, was Müller „einen Weltstaat mit einem einzigen, gleichen Staatsbürgerschaftsstatus“ nennt (= Kojèves „universaler, homogener Staat“). Der Liberalismus ist somit eine tödliche Bedrohung für westliche Nationen.

In einem Nachwort für den Nachdruck von Penguin schreibt Müller:

Wenn ein Populist behauptet, daß Angela Merkel einen geheimen Plan zur Ersetzung des deutschen Volkes durch Syrer verfolgt, dann ist es geboten, daß andere Parteien in der Debatte signalisieren, daß das Territorium des normalen, legitimen demokratischen Konflikts nun entschieden verlassen worden ist.

Diese Bemerkung spricht nicht für die Fähigkeit des Autors, langfristig vorauszuschauen. Tatsächlich hat Merkel ihre Ansicht nicht geheim gehalten, daß das deutsche Volk aus allen Personen besteht, die gegenwärtig auf deutschem Territorium leben – und nichts weiter. In anderen Worten, sie ist eine egalitäre Liberale, die an die grundsätzliche Austauschbarkeit von Völkern glaubt. Nach dieser Ansicht wird die ganze Vorstellung des Austauschs eines Volkes, irgendeines Volkes, unverständlich; Syrer werden zu Deutschen, sobald sie sich in Deutschland ansiedeln. Selbst wenn die Nachkommen von Bismarcks Deutschen aussterben, wird jeder, der auf deutschem Territorium lebt, nach demselben Recht deren Fortsetzung sein, wie es ihre eigenen physischen Nachkommen gewesen wären.

Aber sehr viele von Merkels Untertanen bewahren die traditionelle, vernünftige Sicht auf die Nation als eine organische Gemeinschaft, die ihre einzigartige Identität durch natürliche Fortpflanzung fortbestehen läßt. Für sie ist es offensichtlich, daß der Anteil der ethnischen Deutschen in der Bevölkerung gegen Null tendieren wird, falls die gegenwärtige Politik über einen ausreichend langen Zeitraum beibehalten wird, denn es wird immer verarmte oder kriegszerrissene Länder geben, deren Bürger ihre Lage durch Übersiedlung verbessern könnten. Das Endspiel eines solchen Prozesses wird dem ähneln, womit Weiße es gegenwärtig im südlichen Afrika zu tun haben.

Wenn Professor Müller damit kontert, daß solche Erwägungen undemokratisch sind, dann ist es vielleicht Zeit, daß wir ein Wort über die Demokratie sagen. Wie die meisten zeitgenössischen Autoren behandelt er sie als etwas absolut Gutes. Ich möchte deutlich feststellen, daß ich, wenn eine definitive Mehrheit von Europäern fest entschlossen wäre, die souveräne Kontrolle unserer Territorien an Fremde zu übergeben, die Ergreifung und Monopolisierung der politischen Macht durch eine Minderheit unterstützen würde, die bereit ist, das zu verhindern und alle notwendigen Maßnahmen zur Bewahrung unseres Volkes und unserer Zivilisation zu ergreifen. Dies deshalb, weil ich Burke zustimme, daß eine Gesellschaft eine „Partnerschaft ist… nicht nur zwischen den Lebenden, sondern zwischen den Lebenden, den Toten und denjenigen, die erst noch geboren werden.“ Die gegenwärtige Generation verwaltet sie treuhänderisch für zukünftige Generationen und hat kein Recht, sie Fremden zu geben, denen das Schicksal unserer Kinder und Kindeskinder gleichgültig ist.

Westliche Philosophen haben immer anerkannt, daß eine gute Verfassung ein demokratisches Element enthalten wird, eine Möglichkeit für das gewöhnliche Volk, um (in den Worten der US-Verfassung) „die Regierung um Abstellung von Mißständen zu ersuchen.“ Aber ein voll demokratisches Regime ist nur funktionsfähig in einer kleinen, kulturell und rassisch homogenen Gemeinschaft tugendhafter (unkorrupter) Bürger.

Die heutigen liberalen Eliten haben den Instinkt für das kollektive Überleben verloren: sie halten es nicht mehr für wichtig, oder sogar gerecht, für den Fortbestand der besonderen Identität ihres Volkes zu sorgen. Meiner Ansicht nach qualifiziert sich das als ein weit schwerwiegenderer Zustand der Korruption als jede bloße Bereitschaft zur Annahme von Bestechungen. Die beste Hoffnung für die Zukunft unseres Volkes und unserer Zivilisation ist ein Austausch der korrupten liberalen Elite durch eine neue, die eben dazu bereit ist, „einen Staat nach ihrem eigenen politischen Geschmack und nach ihrem eigenen politischen Ebenbild zu schaffen.“ Sogar die moderne repräsentative Demokratie würde besser funktionieren, sobald dies einmal getan wäre, obwohl es vielleicht nicht möglich sein könnte, das nach den „demokratischen“ Regeln zu erreichen, die vom Liberalismus selbst festgelegt wurden.

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Siehe auch:

Was Populismus nicht ist von Greg Johnson (eine weitere Rezension von Jan-Werner Müllers „What is Populism?“)

Demokratie neu denken: Alain de Benoists The Problem of Democracy von F. Roger Devlin

Zähmung der Eliten von Trainspotter („Gründungscharta der Weißen Republik muß ausdrücklich rassischer Natur sein und garantieren, daß das Land ausschließlich und für alle Zeit für unser Volk reserviert ist (und unser Volk definieren), und daß jede Generation von Weißen in dieser Hinsicht ein Treuhänder ist. Keine Generation oder auch Reihe von Generationen hat das Recht, unser Land Nichtweißen zu geben. Es steht ihnen nicht zu, es in solcher Weise herzugeben, sondern es gehört Weißen und nur Weißen, einschließlich noch ungeborener Generationen. Jede gegenteilige Abstimmung oder Entscheidung ist null und nichtig, und bewaffneter Widerstand dagegen ist gerechtfertigt.“)

Rassenstolz ist Selbstachtung von Buttercup Dew, worin der Autor am Schluß schreibt:

Das bedeutet, ein gewisses Maß an Rassenstolz zu haben; Stolz auf die genetische Einzigartigkeit, die euch definiert, etwas, wofür mit Blut bezahlt wurde. Selbstachtung bedeutet anzuerkennen, daß ihr nicht „bloß ein Individuum“ seid.

Seid ihr das?

Vielleicht ist das die Krankheit unserer Tage überhaupt: Nicht zu wissen, daß wir nicht allein sind, sondern nur ein Glied in einer Kette, die nicht nur weit in die Vergangenheit reicht, sondern gleichermaßen auch in die Zukunft.

(8dS-Leserin Lepanto1)

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Neue Kommentarpolitik auf „Morgenwacht“: Wie bereits hier unter Punkt 1 angekündigt, am Schluß dieses Kommentars wiederholt als Absicht geäußert und in diesem Kommentar endgültig festgelegt, werden neue Kommentatoren nicht mehr zugelassen und sind die Kommentarspalten nur noch für die bereits bekannte Kommentatorenrunde offen.

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