Luftpost über die Kartönligeister

Luftpost aus dem Siechkobel hat mit der ursprünglich auf die AfD-PIfanten bezogenen „Kartonmentalität“ wieder ein interessantes Konzept präsentiert, und zwar in mehreren Kommentaren bei Nuada und auf „Morgenwacht“, die ich (Lucifex) hier zusammengestellt und mit zwei Bildern ergänzt habe:

Luftpost:

Wäre die AfD eine ehrliche Opposition, dann würde sie aufklären und nicht populistische Nebelkerzen werfen wie dieses „Merkel muss weg“. Sie hätten gerade bei der Kampagne zum Migrationspakt die Gelegenheit gehabt, auf die vielen multinationalen Verträge und Erklärungen hinzuweisen, die lange vor und dann unter Merkel unterschrieben und in den Parteiprogrammen aufgenommen wurden, um Schritt für Schritt umgesetzt zu werden.

Es gibt durchaus Dinge, die man aussprechen kann ohne gleich an die Wand gestellt zu werden.

Weshalb erklären sie nicht, wie die Globalisierung funktioniert, wie die ideologisch/moralische Vereinheitlichung durchgesetzt wird, wie die Bankenkrise zustande kam oder die Kriege in Gang gesetzt werden. Nein, sie tun so, als hätte Merkel, die mächtigste Frau der Welt, die Zerstörerin Europas, die „Flüchtlingskrise“ gemacht, und die deutschen Wähler trügen die Verantwortung dafür.

Sie könnten wenigsten versuchen, einige Mechanismen zu erklären, die dafür sorgen, dass alle Parteien sich angleichen. Aber statt das Wissen unter ihren Anhängern ein Wenig anzuheben, erzählen sie den Blödsinn von der mächtigen Merkel und den bösen Grünen und noch dümmer und gemeiner, sie tun so, als hätte Deutschland die Macht, sich selbst und alle anderen Länder in den Abgrund zu ziehen, oder nicht, und der deutsche Wähler die Macht, das Ruder herumzureißen. Sie wälzen alle Schuld auf die deutschen Wähler ab, und so ist die antideutsche Pipifax-Maschine eine Folge der Vernebelung der Machtverhältnisse, die die AFD fröhlich betreibt.

Vor der AfD gab es eine Menge Neugier, und Leute versuchten herauszufinden, weshalb alles so läuft wie es läuft. Bei PI kann man das an der Entwicklung im Kommentarbereich gut erkennen. Eine relative Offenheit bei der Suche nach Antworten (auch wenn PI selbst ja immer eine kleine Außenstelle der Neokonservativen war) ist in diesen richtig abstoßenden Stolz auf die eigene Ignoranz und diese bösartige Meinungsfestigkeit übergegangen, die sich nur noch an Parolen klammert und das deutsche Wesen zum Kern jeder von den PIlern abgelehnten Entwicklung erhebt.

Dieser „patriotische“ Populismus ist wie ein Karton, den sich die Leute auf den Kopf setzen und in dem sie dann nichts als die Innenseite des Kartons sehen. Und sie fühlen sich wohl darin und erleuchtet und besser als die anderen Leute und hören nur auf das Echo des eigenen Geredes. Ich kenne keinen deutschen Begriff dafür – Politik ist eine „closing minds“-Maschine und die Parteien bieten den Anhängern die passenden Kartons, in die sie ihre Köpfe stecken, und wenn sie dann auf Kartonträger einer anderen „Seite“ treffen, dann knallen sie die Kartons gegeneinander.

Natürlich gibt es noch Leute außerhalb der Kartons, aber für die gibt es kaum noch Angebote im Netz, und bei PI wird jeder Versuch, die Kartons leicht anzuheben, damit ein bisschen Luft und Licht hineinkommt, durch die Zensur unterbunden. Einfach nur zu sehen, dass hinter der Pappe die Welt weitergeht ist bei PI schon ein Verdachtsmoment und wird durch stundenlanges Moderieren oder Sperre bestraft.

Dieses „closing minds“ ist ein Gruppenereignis, aber es ist auch ein ganz realer individueller physiologischer Prozess im Gehirn, bei dem durch Ausschluss von anderen möglichen Gedankenverbindungen feste und immer festere Gedankenverbindungen hergestellt und bleibend verankert werden. Das kann man sich so vorstellen, wie den Unterschied zwischen einem Auto und einem Fahrzeug auf Schienen.

Weltonline ist ein Meister darin, die PI- und Kartonmenschenfraktion durch Überschriftenmanagement völlig irre zu machen. Da steht dann nebeneinander z.B. „die Deutschen wähnen sich in falscher Sicherheit“, „German Angst zerstört Innovationskraft“ und solcher Quark. Und in den Kommentarbereichen toben sich dann die Kartonmenschen aus und erklären, weshalb die Deutschen so selbstgefällig oder so ängstlich, gutmenschlich oder unsolidarisch oder einfach immer so böse sind – es ist das deutsche Wesen und dann zeigen sie auf, wie das alles mit Hitler zusammenhängt.

Um an Madonnas Auftritt in Israel anzuschließen, „Not everyone is learning from the past, not everyone is coming to the future.“ Die Kartonmenschen glauben aber, dass sie gelernt haben und werden zu stolzen Zombies.

Ich kann das gerade nicht mehr ertragen und versuche mich im Netz mit anderen Gedanken und Themen zu befassen, damit ich mich nicht auch in einem Karton lande. Naja – meist kann man ja nur unterschiedliche Kartons ansehen. Selbst wenn man zu PI geht, um anderen Leuten zu helfen, man begibt sich in diese Gedankenwelt und es kann zu viel werden. Ich musste mich da erst mal rausziehen. Freya und Ihresgleichen sind schon zum Alptraum geworden.

Es gibt doch dieses Bild von Zuckerberg, da geht er durch so eine Halle und läuft unerkannt einen Gang entlang und rechts und links sitzen massenweise Leute auf ihren Stühlen und haben solche Dinger auf dem Kopf und werden mit virtueller Realität versorgt und nur Zuckerberg kann sehen. So kann man sich das alles mit den Kartonleuten vorstellen. Manche bekommen die AfD, andere Leute die anderen Geräte aufgesetzt, und sie jubeln oder schimpfen oder fürchten sich, je nach dem was ihnen gerade gezeigt wird. Und immer öfter wird ihnen gezeigt, dass der, der neben ihnen sitzt, ein Monster ist, und dann prügeln sie aufeinander ein. Hunger Games, Game of Thrones, die Kathedrale brennt, Madonna singt, Endzeitprogrammierung.

Der Bundespräsident hat ja gerade übermittelt, dass jeder überall, allzeit gegen Verschwörungstheoretiker kämpfen muss. Die Spiele können beginnen. Die Halle verwandelt sich in einen Hexenkessel.

Nuada:

@Luftpost:

Ich stimme Dir absolut zu, was die AfD angeht. Ein bisschen weniger Desinfo (zum Beispiel, was das Finanzsystem angeht, aber auch zu anderen Themen), wäre von der Rechtslage ohne Weiteres möglich. Aber dann wäre es vermutlich in weiten Teilen eine Kopie der NPD, die ja auch eine legale Partei ist.

Wenn man sich aber ansieht, wie oft die AfD in den Medien vorkommt und wie oft die NPD vorkommt? Man könnte meinen, sie habe gar keine Meinung zu der großen Invasion von 2015. Oder diese kleinen islamkritischen Parteien, für die bei PI geschwärmt wurde, bevor 2013 Superman (die Farbgebung des AfD-Logos hat mich auf Anhieb an sein Konstüm erinnert!) aufgetaucht ist.

Ich weiß, dass die PI-ler das darauf zurückführen, dass die Medien „nicht mehr daran vorbeikommen“, die AfD einzuladen, weil sie so viele Anhänger hat. Das ist eine vollkommen naive Haltung gegenüber den Medien, die kommen an noch ganz anderen Sachen „vorbei“ als an einer von 30 Kleinparteien, und es ist natürlich genau umgekehrt: Die AfD hat deswegen so viele Anhänger, weil sie andauernd in den Medien ist.

Das lässt sich auch zeitlich wasserdicht beweisen. Sie war 2013 gleich nach der Gründung (Stimmenzahl: 0,0%) in allen Medien präsent und hat nach einem halben Jahr schon fast die Fünfprozenthürde geschafft. Das war Folge einer massiven Werbekampagne der MSM. Die gleiche Masche wie bei Trump.

Dein Bild von den Kartonmenschen ist genial. Vor meinem geistigen Auge ist eine ganze Herde PIfanten mit Pappkartons auf dem Kopf aufmarschiert und ich musste lachen. Sie denken doch, sie wären aufgewacht! Ein bisschen tun sie mir auch leid. Ich unterscheide zwischen AfD und AfDlern wie zwischen Vogelkäfig und Vögeln.

Wie es aussieht, ist Freya weg und auch ihre Zweitaccounts Bachelorette, VeronikaM und Ginger. Der nicht aggressive Schwachsinnsgenerator Haremhab ist aber noch im Einsatz.

Luftpost:

Ja, Nuada, die Medien kommen nicht an der AfD vorbei. So muss das auch bei der kleinen Greta gewesen sein, die ganz allein die Schule schwänzte und mit einem Pappschild auf dem Boden saß. Das (!) ließ sich nicht mehr unterdrücken. Sie mussten berichten und nun ist sie auf dem Time (?) Cover und das bestätigt, laut Weltonline, dass sie das mächtigste Kind der Welt ist. Einfach nicht zu stoppen. Überall muss berichtet werden und nun ist das (auch Welt) die erste wirklich globale Jugendbewegung.
Komisch ist, dass ich die Kleine wirklich berührend finde. Die Zöpfchen, Mützen und Karoblusen. Mich spricht das an.

Das mit dem Karton hilft, wenn man im Netz unterwegs ist und sich Dinge anschaut und einem neuen Karton begegnet. Man steckt den Kopf hinein und zieht ihn wieder raus und fragt sich: was für ein Karton ist das?

Ich kann nicht misstrauisch durchs Leben gehen, aber nach genügend vielen Reinfällen auch unmöglich „Follower“ sein. Der Kartongedanke hilft, ist neutral, eher empathisch und nicht böse.

Das ist ja was! Die Operation Freya wurde beendet? Irgend eine Freya, mit der ich mal kommunizierte, wirkte weit über PI Niveau gebildet. Aber dann entwickelte sich daraus mehr so ein Charakter wie der, der Dich immer so übel beschimpft hat. Dann war da noch so einer, ein gebüldeter, mit dem ich mich ausführlich gestritten habe (hat Freude gemacht) der mit dem Brüllaffen zusammen auftrat. Ich glaube, als Du weg warst, waren sie es auch.

Luftposts Antwort an B-Mashina (fette Hervorhebung von mir [Lucifex]):

Na gut, B-Mashina, genau das

„Allerdings ist es auch so, dass ich durchaus einen geistigen Abstand zu den Themen und Szenarien einhalte, also auch zu euren, „Luftpost“ eingeschlossen. Ich schätze sie wegen der Art ihres Denkens und ihrer Verknüpfungen, was nicht heißen soll, dass ich ihr in der Sache immer zu 100% zustimme!“

gefällt mir.

Das ist was, was ich mir mühsam antrainiere und bedeutet auch, dass ich mir selbst auch die Freiheit nehme, Quellen aus verschiedenen Kartons zu nutzen, die nicht zum Spektrum zählen, ja sogar richtig andere Seite sind. Sagen wir mal, hätte ich dazumal gewusst, dass Leo Strauss die Lüge als legitimes Werkzeug der Herrschenden propagiert, dann hätte ich früher PJ Media oder Breitbart anders gelesen.

Ich hätte es wissen können, auf der linken Seite (anti Bush, anti Krieg war das wohl durchaus Thema), aber ich war bereits von links in die Neocon-Denkweise hineingeraten, selbstverglühend moralisch infiziert und durch den 11. September so sehr traumatisiert, dass absolut alles, was ich über die Jahre über Amerikas Kriege und Geheimdienste gelernt hatte, im Papierkorb verschwand, den ich aber zum Glück nicht ausgeschüttet habe.

Hätte ich also zu der Zeit gelesen, dass Strauss eigentlich ein faschistisches Gesellschaftsmodell (so ein bisschen von hinten durch die kalte Küche) anstrebt, dann hätte ich das für linken Dreck gehalten. Und das ist das Ding mit den Kartons, aus einem raus und rein in den nächsten und weiter so und Deckel zu. Das hat ewig gebraucht, bis mir das deutlicher wurde.

Mir gefällt, was Du zur Distanz schreibst, weil eine neutrale, durchaus auch hingeneigte Distanz zu Inhalten und Personen gerade in Zeiten der zahllosen psy ops angebracht ist. Wie Du auch sagst, jeder kann sich immer irren, man selbst und andere und nicht jeder Irrtum ist ein Beweis für böse Absicht. Wenn man den Charakter oder die politische Richtung von Leuten ablehnt, können die von ihnen verbreiteten Infos trotzdem wertvoll sein und die von Leuten die man schätzt, können teilweise falsch sein. Bei offensichtlichem Betrug, wie durch das Große Zelt, bin ich absolut nachtragend. Ohne Lucifex‘ Arbeit hätte ich keine Zeile mehr aus der Richtung gelesen. Kein Klick, kein nix, gekappt.

Das alles ist super verwirrend, finde ich, und um nicht gefühlsmäßig rein zu geraten (Misstrauen ist nötig, aber Paranoia ist nun auch wieder ein Zustand, der durch Zersetzungsarbeit [Leib und Magen] ausgelöst werden kann), habe ich mir diese virtuelle Skala gedacht und vergebe die 100 einfach nicht. 99 ist die oberste Vertrauensstufe. Das hilft gegen paranoide Anfälle, die Traurigkeit nicht vertrauen zu können und zu viel Anbindung, aber auch nicht 100%ig. Man muss aber, weil man ja den 90er Bereich hat, gleichzeitig nicht innerlich verkrüppeln oder durch eine Zynismusbrille auf alles herabsehen.

Auf „eures Schlages“ kann ich nicht antworten, bei Leib und Magen, ja das ist durchaus zentral für mich — weil es zentral ist — und weil es bald nicht mehr möglich sein dürfte, dazu im Netz notwendige Informationen zu finden oder öffentlich zu verbreiten, ist da ein Zeitdruck der durchaus Panik bei mir auslöst. Auf der anderen Seite sehe ich jede Überhitzung als Gefahr, Überhitzung frisst die Denkfähigkeit und macht einen manipulierbar. Wo das auftaucht, werde ich durchaus misstrauisch. L+M

Das Kartonprinzip gilt überall, da ist keine Richtung ausgeschlossen. Weil ich das auch wieder an mir bemerkt habe, setze ich mich jetzt immer mal nebenher mit Themen und Figuren auseinander, die sich außerhalb des Kartons in anderen Kartons bewegen, aber da dann doch wieder bei denen, deren Deckel nicht total versiegelt ist.

Die Sache mit dem Ton, der ein Problem ist – gerade im Schriftlichen ist es doch unheimlich heikel, humorig zu sein, ohne missverstanden zu werden. Forschheit und Humoriges kann im direkten Gespräch durch Stimme, Mimik, Gestik ganz anders verstanden werden, als wenn man nur liest, was da steht, und was der Autor humorig meint, kommt dann als giftiger Angriff rüber. Ich nehme mich da nicht aus. So was passiert. Ganz blöd aber (mein Ton wird eindringlicher) ist es, in einem Atemzug eine Person hochzujubeln und eine andere herabzusetzen. Das ist einfach nie gut und (heheeh Küchentischpsychologie ist auch noch mein Leibgericht) kein Zeichen emotionaler Intelligenz. Finger erhoben, strenges Gesicht, kerzengerade aufgerichtet.

Mach was draus. 😊

*     *     *

Neue Kommentarpolitik auf „Morgenwacht“: Wie bereits hier unter Punkt 1 angekündigt, am Schluß dieses Kommentars wiederholt als Absicht geäußert und in diesem Kommentar endgültig festgelegt, werden neue Kommentatoren nicht mehr zugelassen und sind die Kommentarspalten nur noch für die bereits bekannte Kommentatorenrunde offen.

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6 Kommentare

  1. Luftpost aus dem Siechkobel

     /  Juni 8, 2019

    Die Bilder sind ja super! Danke schön.

  2. Deine geniale Kartonköpfe-Idee verdient das, Luftpost. Ich hatte auch noch eines, wo ein Kartonkopf mit einer Axt gegen einen anderen ausholt, aber das war in einem Dateityp, der von WordPress nicht zugelassen ist.

  3. @ Luftpost

    Die Deinerseits formulierten Anforderungen an die Anhänger und die Aktiven der AfD gereichen den Genannten zur Ehre. Verstünden sie derlei Kritik als Ausdruck tiefer Enttäuschung, in der Du Dich keineswegs alleine findest, müßte hier eine Flut von Dankesschreiben folgen, schließlich impliziert der geäußerte Unmut, daß Du ihnen sowohl den Willen als auch die Befähigung unterstellst, tiefere Zusammenhänge zu verstehen.

    Die Versuchung ist groß, den genannten Kreisen eine besondere Intellektualität zu unterstellen. Die Basis dieser verlockenden Zuschreibung ist aber nur eine Projektion des Gewünschten und Gesuchten.

    „Merkel muss weg“ ist dabei bereits der obere Rand des Zumutbaren, geht es um das Austesten der Grenzen des Denkens.

    Du forderst, „auf die vielen multinationalen Verträge und Erklärungen hinzuweisen, die lange vor und dann unter Merkel unterschrieben und in den Parteiprogrammen aufgenommen wurden…“
    Wie sollen wir das jemandem erklären, dem es an den rudimentärsten Grundlagen fehlt, die Relevanz solcher Verträge zu erkennen?

    Um „das Wissen unter ihren Anhängern ein Wenig anzuheben…“ bedürfte es des Wunsches seitens der Adressaten, tieferes Wissen zu erlangen.
    Wissen entsteht aber nicht durch die Flut der Informationen alleine, Reflexion und Verarbeitung gehören ebenso dazu, um sinnvolle Ableitungen treffen zu können.

    Im Vorfeld des Migrationspaktes hatten wir uns über Monate hinweg bemüht, den Kontext ein Stück weit zu erhellen. Wirklich interessiert hat das kaum jemanden. Zuvor hatten wir uns über Jahre hinweg bemüht, die größeren Zusammenhänge etwas greifbarer zu machen, indem wir in immer größerem Maße auf Komplexität verzichteten, um in stets kleiner werdenden „Häppchen“ auf eine Art Gesamtbild hinzuführen.
    Es scheiterte immer am Fehlen von Grundlagen.
    Je mehr wir unseren Anspruch senkten, um so deutlicher wurde uns, auf welcher Ebene es bereits an Rezipienzfähigkeit mangelte.
    Das war nicht der Fehler unserer Zielgruppen, es war ein Fehler in unserer Projektion.

    Den Fehler begeht der, der den Berg verläßt, um in der „Bunten Stadt“ den Übermenschen zu lehren.
    Schuld am Mißverständnis ist nicht die Herde, welche auf dem Marktplatz den Auftritt des Seiltänzers erwartet.
    …doch mit den „Höheren Menschen“, so es sie denn geben sollte, lassen sich keine Wahlen gewinnen. Da geht es um Prozente, nicht um Promille.
    So gesehen macht es die AfD schon richtig, wenn sich sich unterhalb der größeren Zusammenhänge bewegt, mögen wir das persönlich noch so sehr bedauern.
    (würde man dort versuchen, den „Sandkasten“ zu erklären, lägen die Mitgliederzahlen schnell unterhalb derer bei Morgenwacht)
    http://www.stachelschriften.de/sem/sandkasten.html

    Falls Du Dir hin und wieder mal eine weitere Brieftaube am Fensterbrett Deines Kobels wünschst, gib ihr einfach Deine Mailadresse.

    LG
    Aculeus

  4. Luftpost aus dem Siechkobel

     /  Juni 9, 2019

    Ich lasse die AfD, also wofür ich sie halte, mal ganz weg Aculeus, weil das sonst ein riesen Schwall werden müsste. Nuada hatte meiner AfD Kritik auch eigentlich schon mit ihrem Argument, wenn die AfD halbwegs so wäre, wie ich es da anbrachte, wäre sie unbekannt geblieben, den Stecker gezogen. :)Parteien und Wahlen sind einfach nicht das Feld, wo Aufklärung geschieht, sie sollen Fragen verhindern und das weiß ich eigentlich auch. Das Prinzip „Merkel muss“ weg ist eingebaut. Es geht ja nur darum, dass Wähler glauben sollen, sie hätten die Macht, wenn sie Figuren abwählen dürfen. Trotzdem habe ich immer wieder diesen Impuls – müsste nicht wenigstens … oder werfe die Hände in die Luft und rufe, das ist doch wohl nicht möglich, dass … .

    Das mit der Projektion kann ich nachvollziehen und da hab ich noch mal kräftig überlegt.
    Tatsächlich habe ich, bedingt durch Sozialisation, einen ganzen Kanon von Erzählungen aus der traditionellen Arbeiterbewegung im Kopf, in denen es um Selbststudium und Diskussionen und gemeinsames Lernen geht und jetzt, wo ich drüber nachdenke, kommt mir das romantisch , aber doch auch gut und richtig vor.
    Anspruch und Wirklichkeit haben sich nicht sehr weit überschnitten. Aber den Anspruch selbst habe ich voll verinnerlicht und auch gerade deshalb, weil die sozialdemokratische Arbeiterbewegung in der Zeit des NS den Massencharakter verlor und nur Splitterchen im Untergrund weiter existierten und eigentlich waren es auch nur Einzelne, die sich nicht ergaben. Das meine ich jetzt nicht als politische Bewertung, also richtig oder falsch, sondern als Haltung.

    Dass immer noch einige der Bücher bei uns herumstehen, die eigentlich während der NS Zeit sehr unerwünscht waren und die in einer Laube versteckt, bei mehreren Hausdurchsuchungen nicht gefunden wurden, ist ein Wert in sich, auch wenn ich die Autoren, besonders die Anzahl der (((Autoren))) und Inhalte jetzt sehr gründlich hinterfrage.

    Eine super organisierte, sogar emsig geschulte und kulturell verbundene Massenbewegung kann von einem Tag zum anderen einfach verschwinden. Wenn die alten Freunde einen nur nicht mehr kennen und nicht anzeigen, muss man froh sein und man bleibt wer man ist, weil was anderes einfach nicht in Frage kommt und hält sich im Zustand unbegründeter Zuversicht. So habe ich das gelernt. Das klingt natürlich romantisch und das ist es ja nicht gewesen und wird es nie sein aber wie soll es sonst gehen.

    Egal, was so alles über die Sozialdemokratie zu sagen ist, dass ich mit den Geschichten über das anschwellende Gewicht der Dunkelheit aufgewachsen bin war zwar traumatisierend, aber meine Sicht hat sich gewandelt, entpolitisiert und was geblieben ist, ist das unvernünftige Prinzip „ihr Wille gegen meinen, eins zu eins …“, – einfach so – und das Wissen, dass man auch jederzeit zerquetscht werden kann.
    Insofern kann es auch nie um die Herdenbildung gehen und ob man überhaupt irgendwas erreicht ist auch mehr als fragwürdig.

    Ob das jetzt eine halbwegs vernünftige Antwort ist, weiß ich auch nicht .

  5. Hallo Luftpost,
    das ist nicht nur „halbwegs“ vernünftig.

    Alleine das Erkennen der eigenen Romantik als ein Hindernis im analytischen Prozess zeigt, daß Du aus Deinem gedanklichen Sozialisationsmodell sehr wohl auch heraustreten kannst.
    Das ist üblicherweise der schwierigste Schritt, zu dem man sich mühsam befähigen muß, bevor man sich in die ewige Triade der (klassischen) Dialektik begibt.

    An Deine Einschränkung, „die AfD … mal ganz weg [zu lassen], weil das sonst ein riesen Schwall werden müsste“, werde ich mich gerne auch bezüglich Parteien generell halten. Das Faß wäre tatsächlich zu groß, es nun öffnen zu wollen, und der Inhalt hielte uns auch zu lange an der Oberfläche.
    Daher würde ich lieber die eine oder andere Aussage isoliert angehen.

    Du sagst: „Das klingt natürlich romantisch … aber wie soll es sonst gehen [?]“
    Vorangestellt diagnostizierst Du sehr nachvollziehbar einen „Zustand unbegründeter Zuversicht“.
    Darin sehe ich von Deiner Seite mehr Erkenntnis, als Du Dir vielleicht einzugestehen bereit bist.
    Eigentlich wißt Du ja längst, welch geringes Gewicht dieser Zuversicht noch beizumessen ist, so bitter das auch sein mag.

    …Wie Du anmerkst, “ kann es auch nie um die Herdenbildung gehen und ob man überhaupt irgendwas erreicht, ist auch mehr als fragwürdig.“
    Und dennoch werden wir es unentwegt versuchen. Wir werden unseren Berg immer wieder verlassen, um die Bunte Stadt aufzusuchen.
    (soziale Wesen tun das, ungeachtet einer Sinnhaftigkeit)
    …sollte Dir das nun wiederholt bemühte Bild aus „Berg, Stadt und dem Markt“ evtl. befremdlich erscheinen, gestatte mit bitte den Hinweis zu Zarathustra’s Vorrede.
    ( z.B. auffindbar unter http://www.pileface.com/sollers/pdf/Zarathustra.pdf )
    In den ersten drei Absätzen zeigen sich in aller Deutlichkeit die didaktischen Probleme, mit denen wir uns konfrontiert sehen, wenn wir „Aufklärung“ betreiben wollen. Sie zeigen uns auch die Grundprobleme in der „Erwachsenenbildung“ auf.
    Aber Nietzsche gibt uns auch die erhellende Einsicht, daß wir nicht die Einzigen sind, die immer wieder an diese Wand fahren.
    So gesehen sind wir also in durchaus Guter Gesellschaft.

    LG
    Aculeus

  6. @ Luftpost

    …ich will noch gerne auf Deinen Satz eingehen, in dem Du sagst, es ginge ja nur darum, „dass Wähler glauben sollen, sie hätten die Macht, wenn sie Figuren abwählen dürfen“.
    In diesem Glauben sehe ich weniger ein „Sollen“, das ließe sich aus einem Befehl heraus begründen. (…Du sollst / Du mußt…)
    Aus empirischer Sicht bin ich da näher an einem „Wollen“ seitens der Wählenden. (der Begriff der „Wählenden“ möge hier bitte nicht als ein Tribut an Genderideologien verstanden werden, sondern viel mehr als eine Abgrenzung zum lediglich „Wahlberechtigten“)

    Dein Kommentar legt, wenn auch etwas verborgen, recht gut dar, wo unsere Souveränität abgeblieben ist (wenn wir als Menschen sie jemals gehabt haben sollten).
    Der „verhaushundete“ Zivilisationsmensch (Konrad Lorenz sprach in seiner Verhaltensforschung von Verhausschweinung) strebt danach, seine Souveränität abgeben zu dürfen.
    In „Formen des Herrschens“ haben wir das u.a. versucht zu beschreiben.

    Der Wunsch nach der eigenen Unterwerfung kann sich dabei in vielerlei Weise zeigen.
    Da ist der Mensch vom Hund nicht all zu weit entfernt. Der wesentliche Unterschied liegt in der Fähigkeit, den Unterwerfungsdrang durch religiöse bzw. theistische Aspekte zu erweitern, was weitgehend den neurobiologischen Besonderheiten des Menschen zugeschrieben wird.
    (Anerkennung der Herrscher von Gottes Gnaden, der Wunsch nach einer Höheren Macht, Anbetung von Gegenständen, aber auch Huldigung)
    So wird schrittweise die Souveränität nach „oben“ abgegeben und durchgereicht, bis hin zu einer fiktiven Macht, die angeblich das Universum beherrscht.
    (An diesem Punkt bekommen wir in Gesprächsrunden fast immer Ärger – da bleiben dann nur noch die ganz hart gesottenen Teilnehmer bei der Stange.)

    …“Parteien und Wahlen sind einfach nicht das Feld, wo Aufklärung geschieht…“
    Das hängt sehr vom Umfang dessen ab, was man dem Begriff „Aufklärung“ zuschreibt.
    Wird die kumulative Beschreibung alltäglicher Mißstände für ausreichend erachtet, so kann das durchaus im Rahmen einer Partei stattfinden.
    Ein schlichter Blog mit offener Kommentarspalte erfüllt diesen Zweck ebenso, bleibt aber in der eigenen Echokammer.
    Will man jedoch die Aufklärung als einen Weg zu tieferer Erkenntnis begreifen, so können Parteien, alleine schon wegen der Grundcharakteristik ihrer Zielgruppen, nur scheitern.
    Was Parteien leisten können, findet innerhalb des „Sandkastens“ statt, denn dort sind sie verankert. Dort sind sie eine notwendige und veritable, ordnende Kraft. In so fern ist die „Macht des Wählers“ tatsächlich existent und erkennbar wirksam.

    LG
    Aculeus