Von Stefan Perey und Jens Tigges, aus „caliber“ 2-2004. (Link im Text von mir eingefügt.)

Wegweiser in der Dunkelheit: Unzählige Straftaten ereignen sich bei schlechten Lichtverhältnissen. Hier sind die Taschenlampe und die Tritium-Visierung auf der Kurzwaffe die geeigneten Lösungsmittel, um solch eine Situation zu meistern.
In der Nacht sind selbstleuchtende Kurzwaffen-Visierungen mit Tritium-Einlagen gerade für den Dienst- und Selbstschutzbereich eine feine Sache und vor allem in den USA weit verbreitet. Hierzulande hemmen immer noch ungeklärte Abstimmungs- und Auslegungsprobleme zwischen dem Bundesamt für Strahlenschutz und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt über den Import und Handel mit Tritiumvisieren deren Verbreitung. caliber hat sich die neuesten Tritium-Visiere der amerikanischen Firma Xpress Sights Systems einmal näher angesehen.
Uhren mit selbstleuchtenden Ziffern waren die Vorreiter dieser seit über 10 Jahren in Visieren eingesetzten Technologie. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg war die schweizerische Uhrenindustrie auf die Idee gekommen, durch Beigabe von radioaktiven Substanzen einen selbstleuchtenden Farbstoff herzustellen. Früher wurde Radium 226 als anregende Substanz verwendet. Nach dem Nachweis der Gefährdung durch Radium im Jahre 1955 wurden von den meisten Uhrenherstellern andere künstlich erzeugte Radionuklide als Aktivatoren für die Leuchtfarben eingesetzt. Von allen verwendbaren Radionukliden ist das Wasserstoff-Isotop Tritium (H3) laut einer aufwendigen Studie der Schweizer Uhrenhersteller (Fédération suisse des associations de fabricants d’horologerie, kurz F.H.) das Radionuklid mit der niedrigsten Radiotoxizität. Tritium ist ein reiner Beta-Strahler mit einer maximalen Energie von 18 keV (Kiloelektronvolt). Tritium-Leuchtfarben sind in allen Ländern zugelassen, und das Durchdringungsvermögen der Strahlung ist so gering, daß die Oberfläche einer Uhr als strahlungsfrei bezeichnet werden kann. Während bei Leuchtfarben für Uhren tritiumhaltiges Material in sehr dünner Schicht auf Zinksulfidkristalle aufgebracht wird, damit diese durch die Betastrahlung des Tritiums zum Leuchten gebracht werden, kommen in selbstleuchtenden Visierungen kleine tritiumgasgefüllte Glasbehälter (tritium vials) zum Einsatz, deren innere Phosphorbeschichtung durch das Tritium zum Leuchten angeregt wird.
Uhren leuchten den Weg
Die gleiche Technologie wird wegen ihrer noch geringeren Strahlung auch bei den H3-Militäruhren eingesetzt. Uneinheitliche Aussagen gibt es indes über den Handel mit tritiumhaltigen Visieren in Deutschland. Während Uhren (Sonderzeitmesser) mit einer Strahlung von bis zu 25 Millicuries (mCi) gehandelt werden dürfen, muß für den Handel mit tritiumhaltigen Visieren nach Aussage des Bundesamtes für Strahlenschutz eine Freigabe durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) erteilt werden, obwohl die höchstzulässigen Strahlungswerte von den Visieren mit maximal 18 Millicuries nicht überschritten werden. (1 Curie ist definiert als die Aktivität von 1 g Radium-226, entsprechend etwa 37 Mrd- Becquerel.) Diese Zulassungs-Probleme betreffen aber hauptsächlich die Importeure und Großhändler, sowie die Behörden, die momentan sogar einen Strahlenschutzbeauftragten und einen speziellen Lagerraum für Waffen mit Tritiumvisieren benötigen.