
US-Erdkampfflugzeug Fairchild A-10 Thunderbolt II feuert seine 30-mm-Maschinenkanone GAU-8 ab (Bild nicht aus dem DMZ-Artikel).
Von Dieter Stockfisch, aus der „Deutschen Militärzeitschrift“ Nr. 25 April-Juni 2001 (inkl. Bildern im Text; Links im Text von mir eingefügt).
„Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“ (Sophokles)
„Die Bundeswehr hat keinen Hinweis darauf, daß deutsche Soldaten bei ihrem Einsatz im Kosovo Erkrankungen durch Reste von Uran-Munition erlitten haben. Bei Untersuchungen von Soldaten sind bislang keine Erkrankungen festgestellt worden, die auf Kontakte mit uranbelasteter Munition zurückzuführen seien“, meldete das Bundesministerium der Verteidigung in einer Presseerklärung am 4. Januar 2001. Hintergrund dieser Pressemitteilung ist die Frage, ob radioaktive Uran-Munition, die über Bosnien 1994/95 und insbesondere im Kosovo-Krieg massenweise eingesetzt worden ist, Krebserkrankungen verursacht haben könnte.
Die NATO hatte im April 1999 den Einsatz schwach radioaktiver Uran-Munition bei ca. 100 Angriffen mit amerikanischen A-10-Kampfbombern eingeräumt. Dabei haben die Flugzeuge ca. 31.000 Geschosse mit insgesamt acht Tonnen Uran abgefeuert. Nach den Todes- und schweren Leukämiefällen unter NATO-Soldaten in zwölf Ländern, die alle auf dem Balkan eingesetzt waren, fordert vor allem Italien Aufklärung von der NATO. Der Generalsekretär der Allianz, George Robertson, versprach Italien eine Karte mit Zielen zusammenzustellen, die mit Uran-Waffen angegriffen worden sind. Auch in Großbritannien, Spanien, Portugal, Finnland und der Türkei werden auf dem Balkan eingesetzte Soldaten auf Strahlenschäden untersucht. In Deutschland haben inzwischen Politiker, Militärs und Verbände ein Verbot uranhaltiger Munition gefordert.
Großbritannien und Frankreich haben erklärt, daß nur die USA im Kosovo-Krieg Uran-Munition eingesetzt hätten. Die USA stellen bislang jeden ursächlichen Zusammenhang von Leukämie und Uran-Munition in Abrede, denn ein solcher Zusammenhang sei wissenschaftlich nicht erwiesen. Auch die Weltgesundheitsorganisation glaubt nicht, daß Soldaten und Zivilisten durch den Kontakt mit Uran-Munition einem erhöhten Leukämie-Risiko ausgesetzt sind. Nach Modellrechnungen von Strahlenexperten liegt die radioaktive Belastung unter den Grenzwerten für Arbeiter, die mit Uran in Kontakt kommen.
Uran-Munition wurde auch im Golfkrieg 1991 eingesetzt
Bereits im Golfkrieg 1991 haben amerikanische Streitkräfte bei der Operation „Desert Storm“ Uran-Munition gegen gepanzerte irakische Ziele verwendet. Damals wurden ca. 785.000 Projektile, Kaliber 30 mm, aus den Bordkanonen der A-10-Kampfbomber verschossen. Das sind mehr als 250 Tonnen Uran. Noch heute leiden Tausende Soldaten unter dem sogenannten Golfkrieg-Syndrom, das Fachleute u. a. auch auf die dort eingesetzten Waffen und Giftgase zurückführen. Auffallend sind die hohen Raten an Mißbildungen bei Babys und an Krebs bei Zivilisten und Soldaten, die sich 1991 im Kampfgebiet in der Nähe der Schlachtfelder und in Basra aufgehalten haben. Auf den alten Schlachtfeldern in der Wüste liegen unzählige Wracks von T-55- und T-72-Panzern sowjetischer Herkunft, die alle etwa sieben Zentimeter große Einschußlöcher von Uranprojektilen aufweisen. Ein ähnliches Bild gibt es am Seitenarm des Saddam-Flusses. Nach dem Golfkrieg wurden US-Soldaten dazu angehalten, Atemmasken zu tragen, wenn sie in der Nähe irakischer Panzer arbeiten mußten, die mit Uran-Munition zerstört worden waren.
Die im Golf- und im Kosovo-Krieg eingesetzten Projektile enthielten jeweils ca. 272 Gramm sogenanntes abgereichertes Uran-238 (depleted uranium, DU) – ein Abfallprodukt aus der Urananreicherung von Brennelementen für Kernkraftwerke. Das in der Natur vorkommende Uran enthält 0,7 Prozent Uran-235, das zur Kernspaltung verwendet wird. Dieses Uran-235 wird im Anreicherungsprozeß dem natürlichen Uran entzogen. Als Abfallprodukt bleibt das abgereicherte Uran-238 übrig, das weniger strahlt als das natürliche Uran. Es enthält aber noch ca. 0,25 Prozent Uran-235.