Richtigstellung der jüngeren südafrikanischen Geschichte – Teil 1

Gastbeitrag von Ein Deutscher aus Südafrika (Bilder und Nachwort von Osimandia), ursprünglich veröffentlicht am 5. Mai 2014 auf „As der Schwerter“. Die Videos waren nicht mehr verfügbar.

Winnie Mandela, Nelson Mandela, Joe Slovo

Wo fängt man an? Es ist eine vielschichtige und komplizierte Thematik.

Fangen wir an mit ein paar Leserkommentaren in den deutschen Tageszeitungen:

Leserkommentar 1:

Ich bin nicht der Ansicht, es ginge um ‘Gepflogenheiten’ u. ich bin ganz bestimmt nicht der Ansicht, die Buren seien in ihrer Ausbeutung, Mißachtung u. langen Apartheidsgeschichte ein Vorbild. Im Gegenteil – das, was die Buren in SA getrieben haben, ist pervers menschenverachtend. Sie haben Schwarze entrechtet, versklavt, ihnen Bildung vorenthalten und komplett in bittere Armut getrieben. Daran kaut SA heute entsprechend.

Leserkommentar 2 (Deutscher Universitätsdozent in Südafrika):

Aus afrikanischer Perspektive waeren die Weissen in Suedafrika das was in Deutschland die Tuerken sind, und die Schwarzen waeren das was in Deutschland die Deutschen sind. Und so unangenehm wie in Deutschland die ueberzogenen Eskapaden des eingebildeten Chefs des tuerkischen Immigrantenclubs sind, so unangenehm koennen sich einige Weisse in Suedafrika aufspielen.

Leserkommentar 3:

Denn die Jahrzehntelange und menschenunwürdige Unterdrückung der Schwarzen und “Colours durch die burischen Betonköpfe”, folgte NACH Mandela ein “rassistisches” System, dass zudem dermaßen korrupt ist, dass die Wirtschaft darunter unsagbar leidet.

Leserkommentar 4:

Das komplexe und schwierige Thema von Südafrikas Wandel, seit dem Ende von Apartheid (vor zwanzig Jahren) nach Jahrhunderten der Ausbeutung und Unterdrückung durch europäische Siedler, wird anschaulich erklärt.

Leserkommentar 5:

Die regierenden Weissen haben den Schwarzen bis 1994 Bildungsmöglichkeiten vorenthalten und dafür gesorgt, dass sich in weiten Teilen der unter-privilegierten schwarzen Bevölkerung keine Bildungskultur entwickelte.

Leserkommentar 6:

Die Schwarzen wurden in Südafrika 350 Jahre lang extrem benachteiligt.

 

  • Burische Betonköpfe.
  • Ausbeutung.
  • Pervers.
  • Versklavt.
  • Bildung vorenthalten.
  • Entrechtet.
  • Ausbeutung und Unterdrückung.
  • Bildungsmöglichkeiten vorenthalten.

Wo kriegen die obigen Leser diese Meinungen her?

Hier muß man zwischen der Ostzone und Westdeutschland unterscheiden.

Ich habe Verwandte, die in der Ostzone aufgewachsen sind. Die haben gelernt, die Buren sind 1652 mit Jan van Riebeeck am Kap gelandet, mit der Bibel unter dem einen Arm, und der Flinte unter den anderen Arm, um Südafrika und die einheimischen Schwarzen mit Halleluja und Kanonengebrüll zu erobern.  Ich habe ein paar DDR-Bücher gelesen, und mir standen die Haare zu Berge, was ich dort gelesen habe – weiße Goldminen in kapitalistischem Besitz, arme billige schwarze Sklaven, die sich dort zu Tode schufteten, um die Kapitalisten reich zu machen. Die Verwandten sind alt, können nicht mit dem Rechner umgehen, und können kein Englisch. Sie werden nie die Wahrheit vollständig kennenlernen, sie sind zu alt dazu.

So hat man dort das Geschichtsbild Südafrikas gelernt, von dem Land, wo Karl Marx’ Schwester Louise mit dem Südafrikaner Jan Carel Juta verheiratet lebte.

Herr Juta hatte eine Buchhandlung dort.

Diese Buchhandlung hat vor einigen Jahren den Eigentümer gewechselt und verkauft heute akademische Bücher für Studenten in Pretoria.

Südafrika war das erste Land, in dem eine kommunistische Partei außerhalb der Sowjetunion gegründet wurde, laut einem Bekannten von mir, der in der SADF (die alte vor-1994-Armee) diente.

Wie genau das stimmt, weiß ich nicht, aber die SACP wurde 1921 gegründet, gerade mal vier Jahre nach der russischen Revolution 1917:

Die SACP wurde 1950, zwei Jahre nach dem Machtantritt der Buren von 1948 verboten, das russische Konsulat in Pretoria wurde dicht gemacht und die Diplomaten samt Personal aus der Republik ausgewiesen.

Danach war Südafrika in dem Zeitraum 1966 – 1989 in heftige Kämpfe mit dem Weltkommunismus  verwickelt.

Diese Auseinandersetzungen endeten bei der letzten entscheidenden Schlacht zwischen Südafrika und den Kommunisten am Lomba-Fluss in Angola, in der Nähe der unbedeutenden Stadt Cuito Cuanavale bei dem Cuito-Fluss in Angola. Diese Schlacht war so heftig, das sie von manchen Leuten als „das Schwarze Stalingrad” beschrieben wurde, und die Erlebnisberichte könnten sich in ihrer Heftigkeit sehr gut mit dem Kampfhandlungen der damaligen Ostfront vergleichen, wie in den vor kurzem aufgelösten LANDSER Heften beschrieben.

Im Licht dieser Tatsachen konnte man verständlicherweise dort kein positives Bild über Südafrika erhalten. Es war der Feind.

1990 wurde das Verbot auf die SACP durch den letzten weißen Staatspräsidenten,  FW de Klerk, aufgehoben.

Ehemalige Offiziere der kämpfenden Truppe Südafrikas und der Russen besuchen sich heutzutage, heute alle ein bisschen älter und grauer, und tauschen ihre Erinnerungen über einem Glas Bier oder Wodka je nach Standort aus, oder berichten über ihre Erfahrungen auf Webseiten wie War in Angola. So anders ist die Welt heute geworden, und während die Soldaten Frieden geschlossen haben, agieren die Politiker unbelehrbar weiter.

Und während die Kämpfe in  Südwestafrika (heute Namibia) und Angola mit unverminderter Heftigkeit fortgeführt wurden, wurde eine zweite Front nach Viet Minh (Südost-Asien) Muster, nach einer Beratungsreise nach den General Vo Nguyen Giap (Buchverweis: Peoples War, durch Dr. Anthea Jeffery), innerhalb Südafrikas durch die ANC, SAKP und ihre Mitläuferorganisationen entfesselt.

Dieser Kampf wurde mit unkonventionellen Mitteln entfesselt, und wurde entsprechend durch die südafrikanischen Verteidigungskräfte mit unkonventionellen Mitteln bekämpft. Und entsprechend durch die internationalen Medien verzerrt ihren Lesern angeboten, als sei es ein Aufstand der Schwarzen gegen die Apartheid. Wie über 20.000 Schwarze auf grausamste Art und Weise durch die schwarzen Kommunisten massakriert wurden (abgesehen von den Abermillionen Schwarzen in Angola und Mosambik durch die schwarzen Marxisten), wird nicht erwähnt. Es wird auch nicht erwähnt, wie viele Auslandskorrespondenten diese Kommunisten unterstützten.

Nachwort von Osimandia: 

 Zunächst einmal möchte ich unserem Kommentator „Ein Deutscher aus Südafrika” im Namen des AdS-Teams ganz herzlich für diesen Gastbeitrag danken. All diese Sachverhalte waren mir komplett unbekannt.

Zu der Frage des Autors:

Wo kriegen die obigen Leser diese Meinungen her?

Es ist wohl eher nicht anzunehmen, dass alle zitierten Leserkommentare von Personen stammen, die in der DDR zur Schule gegangen sind. Allerdings möchte ich dazu anmerken, dass es mich nicht im geringsten wundert, wenn sie von Leuten stammen, die in der BRD sozialisiert wurden, und zwar egal wie alt sie sind.

Ich kann mich zwar nicht daran erinnern, dass Südafrika überhaupt ein Thema im schulischen Geschichtsunterricht war, aber das Bild, das man als durchschnittlicher BRD-Bürger von diesem Land, den Buren und den Schwarzen  im Kopf hatte (und großteils wohl immer noch hat), unterscheidet sich in keiner Weise von dem, das in der kommunistischen DDR in den Schulen vermittelt wurde.

Da es zumindest in meiner Generation nicht aus dem Unterricht stammt, muss es aus den Medien stammen. Obwohl ich nie in irgendeiner anderen Weise politisch aktiv oder auch nur übermäßig interessiert war, kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, dass plötzlich jeder …. irgendwoher … wusste, dass man im Supermarkt darauf achten muss, das weiße südafrikanische Apartheidsystem keinesfalls mit Obstkauf zu unterstützen. Einen Urlaub in Südafrika zu verbringen, wäre gesellschaftlich ruinös oder zumindest sehr anrüchig gewesen.

Ich habe ein paar Bilder aus der Zeit gefunden und eingefügt. Das hat alles wunderbar parallel zu der Panikmache vor dem Kommunismus in Europas Osten funktioniert. Außer ein paar linken Aktivisten hat wohl niemand die Vorgänge in Südafrika mit Kommunismus in Verbindung gebracht, sondern lediglich mit brutaler Unterdrückung von Schwarzen, die ich mir  so ähnlich vorgestellt habe wie in der Miniserie „Roots“, die damals im Fernsehen lief und die Sklaverei in den amerikanischen Südstaaten zum Thema hatte. Schwarze hatten die meisten kaum jemals gesehen und so stellte man sie sich vor wie arme, entrechtete Weiße mit dunklerer Haut… nur vielleicht ein bisschen edler, denn die Fernsehschwarzen waren das ja auch.

Diese Bilder und die entsprechende Ideologie stecken offenbar immer noch in den Köpfen und die geradezu kitschige  Heiligenverehrung, die dem jüngst verstorbenen Nelson Mandela von Politik und Medien entgegengebracht wurde, lässt nicht vermuten, dass eine Änderung dieses Bildes geplant oder erwünscht ist.

Menschen demonstrieren am 17. November 1988 vor dem Sitz der Schweizerischen Bankgesellschaft SBG (UBS) in Bern mit Transparenten gegen die Apartheid in Suedafrika und fordern von der SBG einen Rueckzug der Konti, die in Verbindung mit dem suedafrikanischen Apartheid-Regime stehen.

Inzwischen wird Südafrika und insbesondere die abgeschaffte Apartheid offenbar zumindest manchmal auch im Schulunterricht thematisiert. Hier ist ein von der Universität Bremen im Jahr 2000 veröffentlichtes Lehrprojekt für ungefähr 16-jährige Schüler der 10. Klasse beispielhaft beschrieben. Drei Ausschnitte aus der Aufgabenstellung:

Die Geschichte Südafrikas: Obwohl der Text, was den Umfang und die sprachlichen Anforderungen anbelangt, für viele Schülerinnen und Schüler sehr anspruchsvoll war, lähmte dieser Umstand nicht die Bereitschaft, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Dies lag vermutlich auch an der Tatsache, dass sie die vorformulierten Antworten aus einem Arbeitsblatt ausschneiden und in ein Lösungsblatt hineinkleben konnten.

Apartheid: Diese Station bestand aus einem Text, der aufmerksam gelesen werden musste, und aus drei Fotos zum Thema Apartheid. Die Schülerinnen und Schüler konnten wahlweise eine Rede gegen die Apartheid schreiben oder eine Bildbeschreibung zu einem der Fotos anfertigen.

Wahlen in Südafrika: Mit Hilfe eines Textes, der vielfältige Informationen zum politischen und gesellschaftlichen Leben in der Republik Südafrika enthält, mussten die Jugendlichen ein Kreuzworträtsel lösen. Da die Lösung des Kreuzworträtsels allein aus dem Text hervorging, beschäftigten sich die Gruppen sehr intensiv mit ihm. Auch dieser Text forderte die Schülerinnen und Schüler. Letztlich kamen sie aber alle auf das Lösungswort „Nelson Mandela”.

Auf das Lösungswort wäre ich auch gekommen, ohne den Text zu lesen und das Kreuzworträtsel auszufüllen.

Diese Schüler sind mittlerweile um 30 Jahre alt. Und hiermit schließt sich der Kreis zu den Leserkommentaren.

Fortsetzung: Teil 2

Siehe auch Richtigstellung zu der Bodenreform in Südafrika: Wem gehört das Land? von Ein Deutscher aus Südafrika sowie:

Der Tod von Johannesburg von Baron Bodissey

Das Amy-Biehl-Syndrom von Christopher Donovan

Nelson Mandela: Ein weiterer falscher Gott von Kerry Bolton

Mandela: Was die Nachrufe weglassen von Jim Goad

*     *     *

Neue Kommentarpolitik auf „Morgenwacht“: Wie bereits hier unter Punkt 1 angekündigt, am Schluß dieses Kommentars wiederholt als Absicht geäußert und in diesem Kommentar endgültig festgelegt, werden neue Kommentatoren nicht mehr zugelassen und sind die Kommentarspalten nur noch für die bereits bekannte Kommentatorenrunde offen.

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3 Kommentare

  1. Als thematische Abwechslung zur Chineserviruskrise und weil ich derzeit weder Zeit noch Bock für etwas Neues habe (und auch gar nicht so recht weiß, was bringen), habe ich diesen Dreiteiler aus meinem AdS-Fundus als Lesestoff fürs Wochenende ausgegraben.

  2. Mein Leibkurde Mehmet ist auch eben auf Böckchen. Und wer kann es ihm verdenken.

  3. STEFAN MATUN

     /  März 21, 2020

    Hat dies auf My Blog rebloggt.

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