Von Sándor Avraham, übersetzt von Lucifex. Das Original The True Origin of Roma and Sinti erschien auf Myths, Hypotheses and Facts Concerning the Origin of Peoples. [Anm. d. Ü.: der Autor, der selbst ein Zigeuner ist, argumentiert darin, daß sein Volk aus einem verlorenen jüdischen Stamm des nördlichen Königreichs Israel hervorgegangen ist. Sein Essay ist ein langer, stellenweise etwas weitschweifiger und trockener Text, weshalb ich seine Übersetzung all die Jahre, seit die AdS-Leserin Auguste-Viktoria uns darauf aufmerksam gemacht hat, immer vor mir hergeschoben habe. Aber er ist dennoch interessant und aufschlußreich.]
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Viele Mythen sind über den Ursprung jenes mysteriösen Volkes ausgearbeitet worden, das in jedem westlichen Land präsent ist und mit verschiedenen Namen benannt wird, üblicherweise als Zigeuner, Gypsies, Gitanos, Cigány etc., und dessen korrektes Ethnonym für die meisten Gruppen Rom (oder besser Rhom) ist und Sinti für andere. Wir werden hier nicht mit den universal anerkannten Legenden auseinandersetzen, sondern mit dem letzten und verbreitetsten Mythos, der immer noch für wahr gehalten wird: ihre angebliche indoeuropäische Volkszugehörigkeit.
Daß Roma Europa nach einer langen Reise erreichten, die irgendwo in Indien begann, ist eine Tatsache, die nicht bedeutet, daß sie aus ihrem ursprünglichen Heimatland kamen. Jeder muß von irgendeinem Ort kommen, wo seine Vorfahren zuvor lebten, wohin sie vielleicht aus irgendeinem anderen Land kamen.
Die ganze Hypothese hinsichtlich ihres angeblichen indoeuropäischen Volkstums gründet sich auf nur einer Sache: der Sprache Romanes. Solch eine Theorie berücksichtigt keine anderen wichtigen kulturellen Tatsachen und Hinweise, die zeigen, daß Roma mit indischen Völkern nichts außer einigen linguistischen Elementen gemeinsam haben. Wenn wir eine Hypothese ernst nehmen sollen, die nur die Sprache berücksichtig, um den Ursprung eines Volkes zu bestimmen, dann müssen wir annehmen, daß fast alle Nordafrikaner aus Arabien kamen, daß aschkenasische Juden ein deutscher Stamm sind, daß sephardische Juden Spanier waren, die einer religiösen Minderheit angehörten, aber keinem anderen Volk, und so weiter. Schwarze Amerikaner wissen nicht einmal, welche Sprache ihre Vorfahren sprachen, folglich müssen sie Engländer sein. Sprache allein ist definitiv keine ausreichende Grundlage, um den ethnischen Hintergrund festzustellen, und all die anderen bestimmenden Fakten sprechen gegen den indischen Ursprung der Roma – einschließlich auch mancher Hinweise in der Roma-Sprache selbst. Die relevantesten Elemente, die in jedem Volk seit fernster Vergangenheit fortbestehen, sind von spiritueller Natur, wie sie sich in ihren inneren Gefühlen, typischen Verhaltensweisen und der unterbewußten Erinnerung manifestieren, nämlich ihr atavistisches Erbe.
In diesem Essay beginne ich mit der Darlegung des Mythos, bevor ich die Fakten und die daraus folgende Hypothese über den wahren Ursprung der Roma präsentiere.
Viele Bemühungen sind von Wissenschaftlern unternommen worden mit dem Zweck, den indischen Ursprung der Roma zu beweisen, und sie alle sind einer nach dem anderen daran gescheitert, überzeugende Beweise zu liefern. Manche Darstellungen, die als Referenzen verwendet wurden, wie die von Firdausi geschriebenen Geschichten, sind nun diskreditiert. Alle Völker, die angeblich mit den Roma verwandt sind, nämlich Dom, Luri, Gaduliya Lohar, Lambadi, Banjara etc. haben in Wirklichkeit überhaupt keine Verbindungen mit den Roma und nicht einmal gemeinsame Ursprünge. Die einzige ersichtliche Ähnlichkeit sind das Nomadenleben und Berufe, die für jeden nomadischen Stamm jeglicher ethnischer Abstammung typisch sind. All diese müßigen Ergebnisse sind die natürliche Folge einer Forschungsarbeit, die nach falschen Mustern betrieben wird: sie ignorieren die Essenz der Kultur der Roma, das heißt, das spirituelle Erbe, das mit allen indischen Völkern inkompatibel ist.
Eine neuere Theorie, die einigen Erfolg in dem intellektuellen Umfeld hat, das sich für das Thema interessiert – und die dazu bestimmt ist, sich wie all die vorhergehenden Hypothesen als irrig zu erweisen – gibt vor, die ursprüngliche „Stadt“ entdeckt zu haben, aus der die Roma gekommen sein könnten: Kannauj in Uttar Pradesh, Indien. Der Autor ist jedenfalls zu einigen wertvollen Schlußfolgerungen gekommen, die all die vorherigen Theorien diskreditieren, doch nachdem er derselben Spur folgt, einem rein linguistischen Hinweis, verfehlt er das Ziel. Somit begründet der Autor die gesamte Argumentation auf einem angeblichen linguistischen Beweis, der völlig ungenügend ist, die kulturellen Merkmale der Roma zu erklären, die nicht mit Sprache zu tun haben und die unzweifelhaft viel relevanter sind, und keine zuverlässigen Beweise werden gegeben, die seine Theorie stützen.
In diesem Essay werde ich einige Behauptungen des Autors zitieren, obwohl ich seine seltsame und unpassender Art, Romanes-Wörter zu schreiben, durch eine richtigere und verständlichere Transliteration ersetze – zum Beispiel repräsentiert das „rr“ kein Phonem in Romanes; das gutturale „r“ wird besser durch „rh“ dargestellt, obwohl es nicht alle Romanes-Dialekte aussprechen, so wie die Volksbezeichnung „Rom“ entweder als „Rhom“ oder einfach „Rom“ gesprochen wird. Doch das „h“ wird herkömmlicherweise verwendet, um einen ergänzenden Laut zu einem vorhergehenden Konsonanten zu kennzeichnen, und wenn graphische Betonungszeichen, Circumflexes oder andere zusätzliche Zeichen vermieden werden sollen, ist das „h“ in vielen Fällen der beste ergänzende Buchstabe. Ich persönlich würde das slowenische Alphabet mit einigen leichten Veränderungen benutzen, um die Roma-Sprache besser zu transkribieren, aber da grafische Zeichen vielleicht nicht immer durch das Internet gezeigt werden, verwende ich das alternative System.
Zur Darlegung der oben erwähnten Theorie beginne ich mit einer Aussage des Autors, die ich für richtig halte und mit der ich übereinstimme:
„Es ist auch bekannt, daß es in Indien kein Volk mehr gibt, das eindeutig mit den Roma verwandt ist. Die verschiedenen nomadischen Gruppen in Indien, die als ‚gypsies‘ (mit kleinem ‚g‘) bezeichnet werden, haben keine Verwandtschaft oder genetische Verbindung mit den Roma. Sie bekamen die Bezeichnung ‚gypsies‘ von der britischen Kolonialpolizei, die sie im neunzehnten Jahrhundert als Analogie zu den ‚Gypsies‘ Englands so nannte. Zusätzlich wandte sie auf sie dieselben diskriminierenden Regeln an wie auf die englischen ‚Gypsies‘. Später beharrten die meisten europäischen Forscher in der Überzeugung, daß Nomadentum oder Mobilität ein Grundmerkmal der Identität der Roma sei, darauf, die Roma mit verschiedenen nomadischen Stämmen Indiens zu vergleichen, ohne irgendwelche wirklichen gemeinsamen Merkmale zu finden, weil ihre Forschungsarbeit durch ihre Vorurteile hinsichtlich nomadischer Gruppen konditioniert worden war.“
Dies ist wahr, Forscher haben vorgefaßte Muster verwendet, auf denen sie ihre Hypothesen gründeten. Dennoch ist der Autor nicht davon ausgenommen, denselben Fehler begangen zu haben. Aus seiner eigenen Erklärung gehen die folgenden Fragen hervor: Warum gibt es in Indien kein einziges Volk, das mit den Roma verwandt ist? Warum wanderte das gesamte Volk der Roma aus, ohne die geringste Spur von sich oder irgendwelche Verwandten zu hinterlassen? Es gibt nur eine mögliche Antwort: sie waren keine Inder, ihr Ursprung lag nicht in diesem Land, und ihre Kultur war völlig inkompatibel mit der indischen. Nur eine religiöse Minderheit kann en masse aus einem Land auswandern, in dem die meisten Einwohner von derselben ethnischen Population sind. Und eine religiöse Minderheit bedeutete in jenen Zeiten einen „importierten“ Glauben, der nicht im indoarischen Bereich geschaffen wurde. Das angebliche Exil in Khorassan, das vom Autor als der Grund präsentiert wird, wegen dem die Roma Indien verließen, ist unbegründet und gibt keine Erklärung betreffend die angestammtesten Glaubensinhalte und Traditionen der Roma, die weder indisch noch moslemisch sind (denn Khorassan war in jenen Zeiten nicht mehr mazdaistisch), aber ich werde mich mit diesem Thema später in diesem Essay befassen.
Jedenfalls stellt der Autor in seiner folgenden Aussage einen Mythos bloß:
„Was die angeblichen Ähnlichkeiten zwischen Romanes und der einen oder anderen indischen Sprache, üblicherweise Punjabi oder Rajasthani, angeht, so ist die nur ein Trick, der von denjenigen Nationalisten praktiziert wird, die diese Sprachen sprechen und Verteidiger dieser Nationen sind: sie versuchen bloß, die Zahl ihrer Population künstlich zu erhöhen.“
Dies ist genau der Fall. Ich habe zufällig in vielen Rajput/Jat-Diskussionsgruppen herausgefunden, daß sie überzeugt sind (oder zu sein behaupten), daß die Roma Jats oder ein Rajput-Clan sind. Entweder sind sie guten Glaubens oder nicht, ihre Behauptungen werden in einem nationalistischen Kontext geäußert und scheinen irgendeinen politischen Zweck zu haben. Der hauptsächliche sogenannte Beweis, den sie anführen, ist, daß die Araber die Roma „Zott“, nannten, das bedeute „Jat“, nachdem sie angeblich im Nahen Osten erschienen. Ehrlich gesagt sind die Darstellungen der arabischen Historiker hinsichtlich Richtigkeit nur etwas verläßlicher als die „Geschichten aus 1001 Nacht“.
Nachdem ich den Autor der „Kannauj-Theorie“ gebührend für diese wichtigen Reflektionen gewürdigt habe, entblöße ich nun seine Behauptungen, in denen es ihm nicht gelang, die Gesamtheit seiner Hypothese zu stützen:
„Im Gegensatz zu dem, was man in fast allen Publikationen lesen kann, wußten die ersten Roma, die in Europa ankamen, voll über ihre indische Herkunft Bescheid. Es gibt definitive Beweise dafür in mehreren Dokumenten, die auf das fünfzehnte und sechzehnte Jahrhundert zurückgehen. Erst später focht ein mythischer ägyptischer Ursprung die Darstellungen der wirklichen Ursprünge der Roma in Indien an. Da er prestigereicher war, würde er schließlich ihrer Integration in Europa helfen. Tatsächlich wurde der Mythos von der ägyptischen Herkunft der Roma nach und nach als authentisch akzeptiert.“
Bevor ich auf diese Erklärung antworte, zeige ich eine weitere Aussage, in der der Autor sich selbst widerspricht:
„Unter all den Legenden ist eine der hartnäckigsten der angebliche ägyptische Ursprung des Roma-Volkes, den sie selbst schon im sechzehnten Jahrhundert in Umlauf zu bringen begannen. […] In beiden Fällen förderten das Prestige Ägyptens, das sich in der Bibel widerspiegelt, und die Geschichten von Verfolgungen, die von Christen in diesem Land erlitten wurden, wahrscheinlich eine größere Akzeptanz der Ägypten-Legende als des wahren indischen Ursprungs, und es half ihnen wahrscheinlich dabei, Geleitbriefe und Empfehlungsschreiben von Fürsten, Königen und sogar vom Papst zu bekommen.“
(Über das, was zwischen den Klammern ausgelassen wurde, wird später berichtet werden.)
Die erste Behauptung ist unrichtig, denn es gibt ältere Dokumente, die sogar auf das zwölfte Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung zurückgehen, in denen „Ägypter“ erwähnt werden, womit Roma gemeint sind. Üblicherweise wurden Roma mit unterschiedlichen Namen entsprechend ihrer unmittelbaren Herkunft benannt, zum Beispiel wurden in Westeuropa die ersten Roma „Böhmen“ oder „Ungarn“ (diese Bezeichnung ist in vielen Ländern immer noch sehr häufig) etc. genannt, während Araber sie „Zott“ nannten, was „Jat“ bedeutet, weil sie aus dem Industal kamen. Sie sind in Europa niemals „Inder“ genannt worden. Doch nachdem die Roma über den Bosporus aus dem Iran und Armenien nach Europa kamen, ist es unwahrscheinlich, daß sie dabei über Ägypten kamen – es war in ihrer eigenen historischen Erinnerung, daß sie einst in Ägypten waren, von wo ihre Wanderung begann, und sie erklärten es zu ihrem ältesten Ursprungsort. Zu dieser Zeit war Indien beinahe völlig vergessen. Bevor sie byzantinisches Territorium erreichten, hatten die Roma, wie der Autor selbst zugibt, eine lange Zeit in moslemischen Ländern gelebt, und es ist bekannt, daß jemand, der den Islam angenommen hatte, kaum zum Christentum konvertieren würde. Als die Roma in Byzanz ankamen, waren sie bereits Christen.
Nun eine interessante Frage: Wie kannten die Roma DIE BIBEL in moslemischem Territorium? Dies ist etwas, das der Autor nicht rechtfertigen kann, nachdem die Roma die heilige Schrift bis in jüngere Zeit nur vom Hörensagen kannten! Sicherlich konnten sie in Indien, Persien und in den arabischen Ländern, wo sie reisten, bevor sie Europa erreichten, niemals etwas über die Bibel gehört haben, und sicherlich nicht einmal in Byzanz oder Europa, wo die heiligen Schriften für gewöhnliche Leute verboten und nicht in der gängigen Sprache geschrieben waren. Es gibt keine Möglichkeit, daß die Roma die Bibel kannten, wenn nicht deshalb, weil die ganze biblische Geschichte tief in ihrem kollektiven Gedächtnis eingraviert war. Diese Erinnerung wurde während ihres langen Exils in Indien bewahrt, in solch starker Weise, daß sie nicht einmal das geringste Element der hinduistischen Kultur oder irgendeiner anderen in Indien existierenden übernahmen.
Die meisten Roma lesen nun die Bibel, und sie alle rufen erstaunt: „All unsere Gesetze und Regeln stehen in der Bibel!“ – Kein anderes Volk auf der Welt außer den Juden kann so etwas sagen, niemand in Indien und auch in keinem anderen Land.
(Dies ist das, was oben zwischen den Klammern ausgelassen wurde)
„Auf jeden Fall wurden zigeunerische Wahrsager in Byzanz schon sehr früh Aigyptissai, ‚Ägypter‘, genannt, und der Klerus verbot allen, sie zwecks Wahrsagerei zu konsultieren. Auf der Grundlage von Hesekiels Buch (30:23) werden die Roma nicht nur auf dem Balkan Ägypter genannt, sondern auch in Ungarn, wo sie in der Vergangenheit manchmal als ‚Volk des Pharao‘ (Faraonépek) bezeichnet wurden, und im Westen, wo Worte, die aus dem griechischen Namen der Ägypter stammen (Aigypt[an]oi, Gypsy und Gitano) weithin benutzt werden, um den atlantischen Zweig des Roma-Volkes zu bezeichnen.“
Es sollte einen Grund geben, warum sie in Byzanz Ägypter genannt wurden, einen Grund, der vom Autor nicht erläutert wird. Dieser ist, daß die Roma selbst zugaben, irgendwann in ferner Vergangenheit in Ägypten gewesen zu sein. Es gibt auch ein anderes griechisches Wort, mit dem Roma in Byzanz identifiziert wurden: „Athinganoi“, wovon sich die Begriffe Cigány, Tsigan, Zingaro, etc. ableiten. Die Byzantiner wußten sehr wohl, wer die Athinganoi waren, und sie identifizierten die Roma mit ihnen. Tatsächlich passen die wenigen Informationen, die wir über diese Gruppe haben, in vieler Hinsicht zur Beschreibung der heutigen Roma. Es gibt nicht genug Beweise, um zu behaupten, daß die Athinganoi Roma waren, aber in gleicher Weise gibt es keine Beweise für die Behauptung, daß sie es nicht waren. Der einzige Grund, warum die Möglichkeit, daß die Athinganoi mit den Roma identifiziert werden könnten, a priori fallengelassen worden ist, ist der, daß sie ungefähr zu Beginn des sechsten nachchristlichen Jahrhunderts erwähnt werden, als laut den eingefleischten Unterstützern des indischen Ursprungs Rome zu dieser Zeit nicht in Anatolien gewesen sein sollten. Den Athinganoi wurde solch ein Name in Verbindung mit ihren rituellen Reinheitsgesetzen gegeben, die jeden Kontakt mit anderen Menschen als unrein betrachteten, was dem Roma-Gesetz betreffend „Gadje“ (Nicht-Roma) recht ähnlich ist. Sie praktizierten Magie, Wahrsagerei, Schlangenbeschwörung etc., und ihr Glaube war eine Art von „reformiertem“ Judaismus, vermischt mit Christentum (oder mit Zoroastrismus?), da sie den Sabbat und andere Regeln der Thora behielten, an die Einheit Gottes glaubten, aber sie praktizierten nicht mehr die Beschneidung und führten Taufen durch (was nicht exklusiv christlich ist, sondern auch ein üblicher Ritus unter Feueranbetern). Betreffend die Athinganoi sagt die Jewish Encyclopedia: „Sie können als Juden betrachtet werden.“
Eine weitere sehr bedeutsame Tatsache ist, daß die Roma ihre Wanderungen mit dem Pharao in Verbindung bringen, etwas, das für das hebräische Volk exklusiv ist. Die ältesten Aufzeichnungen betreffend die Ankunft von Roma in Europa berichten über ihre Erklärung, Sklaven des ägyptischen Pharaos gewesen zu sein; daher gibt es zwei Möglichkeiten: entweder war es Teil ihrer historischen Erinnerung, oder es war etwas, das sie später erfanden, um die Gunst der Menschen zu gewinnen – die zweite Möglichkeit ist sehr unwahrscheinlich, nachdem solch eine Erklärung sie mit nur einem Volk identifizieren könnte, welches genau das meistgehasste in Europa war, und nicht die günstigste Identität war, die man wählen konnte.
„Da sie Überreste einer früheren ägyptischen Migration nach Kleinasien und auf den Balkan beobachteten, erkannten sie, daß es für sie profitabel wäre, vorzugeben, sie seien Christen aus Ägypten, die von Moslems verjagt oder zu ruhelosem Wandern verurteilt wurden, um für ihren Glaubensabfall zu büßen.“
Dies war eine „Korrektur“, die sie vornahmen, nachdem sie erkannt hatten, daß die ursprüngliche Version ihres ägyptischen Aufenthalts in Sklaverei unter dem Pharao selbstschädigend war, weil sie als Juden etikettiert wurden. Diese zweite, korrigierte Version ist das, was der Autor als „die früheste Erwähnung dieser Legende im sechzehnten nachchristlichen Jahrhundert“ betrachtet, aber die ursprüngliche Darstellung war viel älter. Roma haben nie gesagt, daß sie aus Indien kamen, bis irgendwelche Gadje im 20. Jahrhundert ihnen sagten, daß sie studiert haben und daß die „Wissenschaft“ bestimmt, daß sie Inder sind!
Die Überzeugung des Autors, daß das ursprüngliche Heimatland der Roma die Stadt Kannauj war, beruht auf einer einfachen Mutmaßung und der Sammlung einiger schwacher Elemente, die nichts beweisen und leicht durch andere Fakten zu widerlegen sind, die ich später darlegen werde. Lesen wir nun seine Hypothese:
„…eine Passage im Kitab al-Yamini (Buch der Yamin) des arabischen Chronisten Abu Nasr Al-‚Utbi (961-1040), in der über den Angriff von Sultan Mahmud von Ghazni auf die imperiale Stadt Kannauj berichtet wird, der im Dezember 1018 in ihrer Plünderung und Zerstörung und der Deportation ihrer Bewohner nach Afghanistan resultierte… Jedoch waren sie nach unvollständigen Chroniken, die nur ein paar Vorstöße ins nordwestliche Indien erwähnen, nie voll in der Lage, den Mechanismus dieses Exodus zu beschreiben… sie beschreibt einen Überfall, der im Winter 1018-1019 durchgeführt wurde und viel weiter nach Osten ausgriff, über Mathura hinaus, bis zur prestigereichen mittelalterlichen Stadt Kannauj, 50 Meilen nordwestlich von Kanpur… Im frühen elften Jahrhundert war Kannauj (das ehemalige Kanakubja des Mahabharata und des Ramayana), das sich vier Meilen entlang der Ufer des Ganges ausbreitete, immer noch ein bedeutendes kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des nördlichen Indien. Nicht nur behaupteten die gelehrtesten Brahmanan Indiens, aus Kannauj zu stammen (wie sie es heute immer noch tun), sondern es war auch eine Stadt, die ein sehr hohes Zivilisationsniveau im Sinne dessen erreichte, was wir nun Demokratie, Toleranz, Menschenrechte, Pazifismus und sogar Ökumenismus nennen würden. Doch im Winter 1018 – 1019 kam ein Stoßtrupp aus Ghazni (nun in Afghanistan) und nahm die Bevölkerung von Kannauj gefangen, die sie danach als Sklaven verkaufte. Es war nicht der erste Raubzug des Sultans, aber die vorherigen waren nur bis Pandschab und Rajasthan gekommen. Diesmal zog er weiter nach Kannauj, einer großen Stadt mit mehr als 50.000 Bewohnern, und nahm am 20. Dezember 1018 die gesamte Bevölkerung gefangen, ‚reich und arm, hell und dunkel […] die meisten davon ‚Notabeln, Künstler und Handwerker‘, um sie, ‚ganze Familien‘, in Ghasni und Kabul zu verkaufen (laut Al-‚Utbis Text). Später schienen laut demselben Text Khorassan und der Irak ‚voll von dieser Population‘ gewesen zu sein. Was ist es, das uns zu dem Glauben führt, daß die Ursprünge der Roma in dieser Razzia liegen?“
Hier zeigt der Autor, daß ihn die kulturellen Elemente der Roma überhaupt nicht kümmern, sondern daß er nur daran interessiert ist, einen möglichen Ursprung in Indien und nirgends sonst zu finden. Daher sind viele wichtige Details ignoriert worden. Hier erwähne ich ein paar:
- Zu dieser Zeit wurde die Stadt Kannauj von der Pratihara-Dynastie regiert, die keine Indoarier waren, sondern Gujjar, nämlich Khasaren. Nach den linguistischen Regeln leiten sich die indoarischen Begriffe „Gujjar“ und „Gujrati“ vom ursprünglichen Namen „Khasar“ durch die Standardregeln der Lautverschiebung ab: Indoarische Sprachen, denen die Phoneme „kh“ und „z“ fehlen, transkribieren sie als „g“ bzw. „j“. Falls Roma die Einwohner von Kannauj waren, dann waren sie keine Indoarier, sondern eng verwandt mit den heutigen Ungarn, Bulgaren, einem kleinen Teil der aschkenasischen Juden, mit Baschkiren, Tschuwaschen und einigen anderen Völkern des Kaukasus und des Wolgabeckens… Die Bezeichnung „Ungarn“, wie sie in den meisten westlichen Ländern häufig genannt werden, wäre dann doch nicht so unzutreffend – jedenfalls exakter als „Inder“.
- Wenn die Roma sich bis zum elften nachchristlichen Jahrhundert immer in Indien aufgehalten haben, wie der Autor behauptet, dann hätten sie sicherlich die verbreitetste Religion in diesem Gebiet praktiziert, oder jedenfalls hätten sie viele Kulturelemente des Brahmanismus absorbiert, besonders wenn es ein so prestigereicher Stammbaum ist, ein Brahmane aus Kannauj zu sein. Doch es gibt nicht die geringsten Spur einer brahmanistischen Tradition in der Spiritualität und Kultur der Roma; im Gegenteil, es ist nichts weiter vom „Romaimós“ (Zigeunertum) entfernt als der Hinduismus, Jainismus, Sikhismus oder irgendein anderer aus Indien stammender „-ismus“.
- Der Sultan von Ghazni war unzweifelhaft ein Moslem. Die Menschen, die er deportierte, wurden nach Afghanistan, Khorassan und andere Teile des Iran umgesiedelt. Dies hätte nicht die Übernahme von Kulturelementen aus dem Mazdaismus begünstigt (die in der Roma-Kultur recht offensichtlich sind), sondern hätte im Gegenteil dazu beigetragen, sie zu meiden, nachdem die Feueranbeter von den Moslems beinahe ausgelöscht wurden – sicherlich würde ein Volk im Exil keine verbotene Religion annehmen, um definitiv ausgerottet zu werden! Folglich waren die Roma lange vor dem Aufstieg des Islam in iranischen Ländern, als die Feueranbetung immer noch die vorherrschende Religion war. Roma waren im Iran, bevor sie Indien erreichten, und ihre Kultur war bereits voll definiert, als sie dort ankamen. Es gibt ein Volk, das genau die gleichen Charakteristika hatte: die Israeliten des Königreichs Samaria im Exil im Mederreich, die ihr mosaisches Erbe beibehielten, aber einige Praktiken der Mager übernahmen und nur eines nicht behielten: ihre ursprüngliche Sprache (wie es auch südliche Juden nicht taten; Hebräisch ist von Juden nicht gesprochen worden, bis der Staat Israel 1948 wieder gegründet wurde). Indische Juden sprechen indische Sprachen, und doch sind sie Juden, keine Indoeuropäer.
Nachdem ich kurz die schwachen Punkte festgestellt habe, auf denen die Theorie vom Ursprung in Kannauj liegt, ist es nun richtig, die Gründe des Autors zu betrachten:
„Hauptsächlich die folgenden Punkte:
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Das Detail ‚hell und dunkel‘ würde die Vielfalt der Hautfarben erklären, auf die man bei den verschiedenen Roma-Gruppen trifft, wenn die ursprüngliche Population gemischt war. Es gab wahrscheinlich viele Rajputs in Kannauj. Diese Leute waren nicht mit der indigenen Bevölkerung verwandt, waren aber wegen ihrer Verdienste zur Würde von Kshatrias erhoben worden. Daher könnten sie der vorerwähnte ‚dunkle‘ Teil der Bevölkerung gewesen sein.“
Dies ist solch eine naive Behauptung für einen Wissenschaftler. Es ist gut belegt, daß die Roma sich auf ihrer langen Reise mit verschiedenen Völkern vermischt haben. Genau wie die Juden. Es genügt, Israel zu besuchen, um zu bemerken, daß es schwarze Juden gibt, blonde Juden, hochgewachsene Juden, kleine Juden, Juden, die wie Inder aussehen, wie Chinesen, wie Europäer etc. Die vom Autor erwähnte Darstellung zeigt, daß die Bevölkerung von Kannauj nicht homogen war und nicht einer einzigen Volksgruppe angehörte! In Wirklichkeit gab es Rajputs genauso wie Gujratis und viele andere, wenn die Stadt so kosmopolitisch war, wie es scheint. Dies beweist nicht, daß Roma das Volk von Kannauj waren.
„• Die Tatsache, daß die gefangenen Sklaven aus allen Gesellschaftsschichten kamen und hochgeborene Individuen dazugehörten, könnte erklären, wie sie so leicht mit wichtigen und einflußreichen Leuten wie Königen, Kaisern und Päpsten bekanntgemacht wurden, als sie Europa erreichten. Dies war deshalb so, weil es unter den Roma Nachkommen von ‚Notabeln‘ aus Kannauj gab. Der französische Indologe Louis Frédéric bestätigt, daß die Bevölkerung von Kannauj großteils aus ‚Notabeln‘, Künstlern, Handwerkern und Kriegern bestand.“
Dies ist reine Spekulation. Roma schreiben sich für gewöhnlich irgendeinen angesehenen Titel zu, um Gunst zu gewinnen, Geleitbriefe zu bekommen etc. Das wurde vor nur einem Jahrhundert noch von Roma praktiziert, die in Südamerika ankamen und behaupteten, „Fürsten aus Ägypten“ oder Notabeln von irgendwo anders zu sein. Die Behörden begannen argwöhnisch zu werden, nachdem so viele Fürsten aus fremden Ländern ankamen. Es gibt eine bedeutende Tatsache, die der Autor nicht berücksichtigt hat: Er hat zuvor erklärt, daß Kannauj ein prestigereiches brahmanistisches Zentrum war. Wie ist es möglich, daß es unter den Roma keine Priesterkaste gibt? Was geschah mit den vermuteten „Rom-Brahmanen“? Alle indoarischen Völker hatten eine Priesterkaste, und viele andere Völker hatten eine, einschließlich der Medo-Perser (die Mager), und auch semitische Völker, außer einem: die nördlichen Israeliten – nach ihrer Trennung von Juda verloren sie die Leviten, und daher wurde kein besonderer Stamm für die Priesterschaft ernannt. Es gab Notabeln, Künstler, Handwerker, Krieger und jede Art von gesellschaftlichem Status unter Israeliten, aber keine Priester. Ebenfalls interessant ist, daß israelitische Notabeln an den Höfen der heidnischen Könige sehr geschätzt waren, und da sie seine besondere prophetische Gabe hatten, wurden viele Israeliten in Persien zu Magern sowie Wahrsager und Zauberer. Nicht zu vergessen, daß die häufigste Magie, die von Roma praktiziert wird, das Tarot ist, eine hebräische Erfindung.
„• Diese gesellschaftliche Vielfalt in der ursprünglichen deportierten Bevölkerung könnte auch das fortdauernde Überleben der Roma-Sprache erklären, nahezu tausend Jahre nach dem Exodus. Wie die Soziolinguistik gezeigt hat, wird eine Population im Exil umso länger ihre ursprüngliche Sprache weitergeben, je mehr sie aus gemischten sozialen Hintergründen besteht.“
Diese Behauptung stützt nichts und ist recht fragwürdig, da es viele Beispiele für das Gegenteil gibt: die Geschichte bezeugt, daß Hebräer aus jedem gesellschaftlichen Status ins Exil gebracht wurden, und sie verloren ihre Sprache in relativ kurzer Zeit – eine einzigartige Tatsache ist, daß sie die verschiedenen Sprachen, die sie im Exil übernahmen, lange Zeit statt ihrer ursprünglichen behielten, zum Beispiel sprechen mizrahische Juden immer noch assyrisches Aramäisch; sephardische Juden sprechen Ladino, ein mittelalterliches Spanisch, das sie sechs Jahrhunderte nach ihrer Vertreibung aus Spanien behalten; aschkenasische Juden sprechen Jiddisch, und Roma sprechen Romanes, die Sprache, die sie im Exil übernahmen.
Andere Beispiel von Völkern aus jeder sozialen Schicht, die ins Exil gebracht wurden oder in beträchtlicher Zahl auswanderten und ihre Sprache in kurzer Zeit verloren, sind amerikanische, brasilianische und karibische Schwarze, Italiener der 2. und 3. Generation in Amerika, Argentinien, Uruguay, Brasilien etc., Araber der 2. und 3. Generation in denselben Ländern, etc. Andere Gemeinschaften haben eine stärkere Verbindung zu ihrer Sprache, wie Armenier, Roma oder Juden. Es gibt kein universales Muster, wie der Autor behauptet.
„• Die geographische Einheit des Ortes, von dem die Vorfahren der Roma kamen, erklärt auch die auffallende Geschlossenheit des indischen Elements in der Sprache Romanes, nachdem die Hauptunterschiede zwischen den Dialekten nicht in der indischen Komponente der Sprache zu finden sind, sondern in dem Vokabular, das auf europäischem Boden entlehnt wurde.“
Diese Tatsache bedeutet nicht, daß ihr Ursprung auf dem Gebiet Indiens lag. Es stimmt, daß Romanes anfänglich in einem indoeuropäischen Kontext geformt wurde, aber dieselben „indischen“ Worte sind auch anderen Sprachen gemeinsam, die außerhalb des Subkontinents existierten, nämlich in Mesopotamien. Hurritische Sprachen sind der wahrscheinlichste Hintergrund, aus dem die indischen Sprachen entstanden (überprüfen Sie einfach die alten Aufzeichnungen der Mitanni, um zu erkennen, daß das Sanskrit seinen Ursprung in dieser Region hatte). Mit dem Sanskrit verwandte Sprachen wurden in einem weiten Bereich des Nahen Ostens gesprochen, einschließlich in Kanaan: die biblischen Horiter (Hurriter) wohnten in der Negev, die Jebusiter und Hiwiter, zwei hurritische Stämme, im Gebiet von Juda und Galiläa. Nördliche Israeliten wurden von den Assyrern anfänglich nach „Hala, Havur, Guzana und in die Städte der Meder“ umgesiedelt (2 Könige 17:6) – das ist genau das Land der Hurriter. Nach dem Fall von Nineveh unter Babylon wanderten die meisten Hurriter mit einem Teil der exilierten Israeliten nach Osten aus und gründeten Choresmien, von wo sie weiters das Industal und die obere Gangesregion kolonisierten. Es ist interessant, daß manche besondere Wörter im Romanes althebräische oder altaramäische Wörter sind, die niemals in einer späteren Periode auf ihrem Weg durch den Nahen Osten nach Europa erworben worden sein konnten, sondern nur in seinem sehr frühen Stadium der Geschichte, vor ihrer Ankunft in Indien. Ein sehr wichtiges und eines, das von der Theorie vom „indischen Ursprung“ nie berücksichtigt wird, ist die ethnische Selbstbezeichnung der Roma: „Rom“. Es gibt in keinem Sanskrit-Dokument eine Erwähnung irgendeines Volkes namens Rom. Das Wort selbst, das „Mann“ bedeutet, hat nur einen Bezug: altägyptisch rom = Mann. Laut der Bibel hatten die nördlichen Israeliten einige Dialektunterschiede zu den Judäern und hatten mehr Bindung an die ägyptische Kultur sowie zur kanaanitischen Umwelt. Die israelische Religion nach der Abspaltung von Juda erinnerte an die ägyptische, die Anbetung des Kalbes. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, daß das ägyptische Wort mit der Bedeutung Mann von den nördlichen Israeliten auch nach dem Exil in Hanigalbat und Arrapka und danach immer noch verwendet wurde.
Doch da die Ursprünge nicht durch die Sprache gesucht werden sollten, werde ich mich hier über dieses Thema nicht weiter auslassen.
„• Dieses Argument untergräbt völlig die Theorie, daß die Roma ‚von einer einfachen Konglomeration von Dom-Stämmen‘ (oder welcher anderer Gruppen auch immer) entstanden. Es ist hier erwähnenswert, daß Sampson bereits angemerkt hat, daß die Roma ‚als eine einzige Gruppe nach Persien kamen, die eine gemeinsame Sprache sprach‘.“
Ich stimme diesem Argument völlig zu; doch es ist wichtig anzumerken, daß die „Dom-Theorie“ bis vor kurzer Zeit unter Wissenschaftlern die „offizielle“ war, und da diese diskreditiert wurde, beruht auch jede andere Theorie, die mit einem indischen Ursprung verbunden ist, auf falschen Mustern, die zu einer niemals endenden widersprüchlichen Forschungsarbeit führen.
„• Es konnte wahrscheinlich eine große Zahl von Dhomba-Künstlern in Kannauj gegeben haben, wie in allen zivilisierten Städten jener Zeit. Als hauptsächliches intellektuelles und spirituelles urbanes Zentrum im nördlichen Indien zog Kannauj zweifellos zahlreiche Künstler an, unter denen viele Dhomba waren (vielleicht, aber nicht definitiv, die Vorfahren der heutigen Dhombs). Als nun die Bevölkerung von Kannauj in Khorassan und benachbarten Gebieten verstreut war, fesselten die Dhomba-Künstler höchstwahrscheinlich das Interesse der örtlichen Bevölkerung, mehr als die Notabeln und Handwerker, was die Ausdehnung des Namens Dhomba als Bezeichnung für die gesamte Gruppe der Fremden aus Kannauj erklären würde. Diese könnten diesen Namen später als Selbstbezeichnung übernommen haben (im Gegensatz zur allgemeineren Bezeichnung Sind[h]~, pers. Hind~, ionisches Griechisch Indh~ in der Bedeutung von „Inder“ – woraus vielleicht der Name ‚Sinto‘ entstand, trotz der paradoxen Entwicklung von ~nd~ zu ~nt~, die in diesem Fall postuliert werden müßte. Tatsächlich scheinen manche einzelne Roma-Dialekte, hauptsächlich in Ungarn, Österreich und Slowenien, diese Evolution von ~nd~ zu ~nt~ aufzuweisen.)“
Nachdem der Autor keine praktikable Erklärung des Begriffs „Rom“ findet, greift er auf spekulative Vorwände zurück, die absolut unwahrscheinlich sind. Das ist in seinen eigenen Ausdrücken offensichtlich: „könnten wahrscheinlich“, „vielleicht“, „könnten haben“, „scheinen“… Die gesamte Struktur, auf der diese Theorie beruht, fällt durch die Unmöglichkeit zusammen, die kulturellen und spirituellen Merkmale zu erklären, die den Rom und Sinti zu eigen sind, und im Wesentlichen enthüllt diese Behauptung „könnten diesen Namen Dhom später als Selbstbezeichnung übernommen haben“ sich als völlig irrig. Der Autor widerspricht sich selbst, da er zuvor behauptete, daß „viele aus Kannauj Notabeln waren“, dann unterstellte er, daß dieselben „Notabeln“ die Bezeichnung einer „niedrigeren Kaste“, wie es die Dhomba-Künstlern waren, für sich übernommen haben.
„• Die Tatsache, daß die Proto-Romani-Population aus einem urbanen Gebiet gekommen war und hauptsächlich aus Notabeln, Künstlern und Handwerkern bestand, könnte vielleicht die sehr kleine Zahl von Roma erklären, die bis jetzt in der Landwirtschaft arbeitete. Obwohl ‚der Boden der Region reich und fruchtbar war, die Feldfrüchte reichlich und das Klima warm‘, bemerkt der chinesische Pilger Xuán Zàng (auch romanisiert als Hsüan Tsang): ‚wenige der Bewohner der Region betrieben Landwirtschaft‘. In Wirklichkeit wurde das Land seit der Antike hauptsächlich für die Produktion von Parfümblumen kultiviert (hauptsächlich für religiöse Zwecke).“
Auch diese Behauptung beweist nichts, sondern bestärkt die Hypothese, daß sie in Wirklichkeit keine Inder waren: ein korrekter Vergleich mit dem jüdischen Volk führt zum selben Ergebnis, da Juden von jedem sozialen Status aus ihrem Land weggebracht wurden, und doch haben Juden sich niemals der Landwirtschaft gewidmet und immer in Städten gewohnt, wo immer sie in der Diaspora sind. Juden wurden erst in jüngerer Zeit zu Bauern, im Staat Israel, weil es für die Entwicklung der Nation notwendig war. Es gibt Hinweise darauf, daß die Roma, als sie in Indien ankamen, bereits Menschen mit denselben Charakteristika waren, die sie heute haben; da sowohl die Nord-Assyrer wie auch die babylonischen Assyrer eine selektive Deporation aus den beiden Königreichen Israel und Juda praktizierten, wie wir lesen: „Und er (der König von Babylon) brachte ganz Jerusalem ins Exil, und all die Offiziere und all die mächtigen Krieger – zehntausend Menschen – und all die Handwerker und Schmiede. Keiner blieb zurück außer den ärmsten Menschen des Landes. Und er brachte Yehoyakin, und die Mutter des Königs, und seine Ehefrauen, und seine Notabeln, und die Führer des Landes aus Jerusalem nach Babylon ins Exil, und all die Krieger und Handwerker und Schmiede…“ (2 Könige 24:14-16): „Aber der Befehlshaber der Armee ließ einige der Armen des Landes als Weingärtner und Bauern zurück (2 Könige 25:12). Dasselbe taten die assyrischen Könige 120 Jahre davor mit dem Nördlichen Königreich, und jene Bauern, die sie zurückließen, sind die heutigen Samariter, während die größte Zahl der Israeliten immer noch „verloren“ ist, und es gibt gewissen Hinweise, daß die meisten von ihnen nach Indien migrierten.
„• Es scheint, daß eine kleine Gruppe vor dem Überfall auf den Wassern des Ganges floh und nach Benares zog, von wo sie wegen der Feindseligkeit der indigenen Bevölkerung wieder wegzogen, um sich im Gebiet von Ranchee anzusiedeln. Diese Menschen sprechen Sadri, eine spezifische indische Sprache, die hauptsächlich für die Kommunikation zwischen den Stämmen benutzt wird. Es ist erwähnenswert, daß Sadri die indische Sprache zu sein scheint, die die leichteste Kommunikation zwischen ihren Sprechern und den Sprechern von Romanes ermöglicht.“
Wiederum stützt der Autor sich auf seine spekulative Theorie, die einen indischen Stamm nur durch einige anscheinend häufigen linguistischen Merkmale mit den Roma verbindet, aber nichts, das mit der Kultur und Spiritualität der Roma und ihren Regeln und Traditionen zusammenhängt, und liefert keinen historischen Beweis. Sprachen sind ein relativer Bezugspunkt und sind oft irreführend, nachdem sie leicht von völlig unverwandten Völkern übernommen werden können. Vielleicht kennt der Autor keine rätselhaften Fälle wie den folgenden: es gibt eine Provinz in Argentinien, Santiago del Estero, wo eine indigene Sprache aus der vorkolonialen Zeit immer noch gesprochen wird: Ketschua, ein Dialekt der Inkasprache; die besondere Tatsache ist, daß fast alle, die diese Sprache sprechen, keine Indigenen sind, sondern syrisch-libanesische Araber, die sich vor ungefähr einem Jahrhundert in dieser Provinz ansiedelten! Im angenommenen Fall eines zukünftigen katastrophalen Ereignisses, bei dem keine Aufzeichnungen von der arabischen Einwanderung übrigbleiben, würden Wissenschaftler des 25. Jahrhunderts sicherlich spekulieren, daß jene Araber die letzten echten Überlebenden der alten Inkazivilisation sind… Was sie nicht erklären könnten, ist, warum jene „Inkas“ in einem römisch-katholischen Land christlich-orthodoxe Traditionen haben, obwohl die beiden Traditionen einander bei weitem näher stehen als die Kultur der Roma und jene der Inder.
Ein weiteres ähnliches Beispiel gibt es von den Sinti selbst: im nordwestlichen Italien wird der lokale piemontesische Dialekt von den Gadje immer weniger gesprochen; er wird hauptsächlich von älteren Individuen praktiziert, ist aber nicht mehr die Erstsprache der piemontesischen Kinder, die Italienisch sprechen. Die Bewahrung dieses Dialekts hängt fast ausschließlich von den Sinti „Piemontesi“ ab, die ihn als ihre eigene „Roma“-Sprache übernommen haben und bis zum Ende des gegenwärtigen Jahrhunderts wahrscheinlich die einzigen Sprecher dieser Sprache sein werden. In einer imaginären Situation wie der oben genannten würden zukünftige Wissenschaftler zum Schluß kommen, daß die authentischen Piemontesen die Sinti dieser Region sind…
„• Weiters haben Sadri-Sprecher die Gewohnheit, bei besonderen Zeremonien etwas Getränk vor dem Trinken auf den Boden zu schütten und zu sagen: ‚für unsere Brüder, die vom kalten Wind jenseits der Berge weggebracht wurden‘ (persönliche Kommunikation von Rézmuves Melinda). Diese ‚Brüder‘ könnten Mahmuds Gefangene sein. Jedoch ist ein ausführlicheres Studium der Sadri-sprechenden Gruppe notwendig.“
Eine weitere spekulative Mutmaßung, die auf keinen konkreten Fakten beruht. Deportationen waren in jenen Zeiten häufig, und zu behaupten, daß sie sich auf Roma beziehen, ist mehr als riskant. Bedeutsamer in dieser Sadri-Tradition ist, daß der „kalte Wind jenseits der Berge“ kaum geeignet ist für eine Deportation westwärts jenseits der Flüsse, natürlich durch einen warmen Wind; es kann sich eher auf eine Deportation nach Norden über den Himalaya beziehen, wo der kalte Wind weht.
„• Die Schutzgöttin von Kannauj war Kali, eine Gottheit, die unter Roma immer noch sehr populär ist.“
Dies ist eine recht seltsame Behauptung für jemanden, der ein Gelehrter der Roma-Kultur sein will, denn in Wirklichkeit haben Roma keine Ahnung von der indischen Göttin Kali, und es gibt keine solche „Popularität“. Ich weiß nicht, ob der Autor diese falsche Aussage mit dem einzigen Zweck der Stärkung seiner Theorie eingefügt hat, aber ich ziehe es vor, an seinen guten Glaubebn zu glauben. Es gibt kein Element in meiner Familie, das zum Glauben führen könnte, daß solch eine Tradition jemals existierte, und auch in keiner der zahlreichen Roma- und Sintifamilien, denen ich weltweit begegnet bin, von Rußland bis Spanien, von Schweden bis Italien, von den Vereinigten Staaten bis Feuerland, aus jedem Roma-Zweig von den Kalderasha/Churarya/Lovarya bis zu den spanischen Kalé, von den Estraxharya/Eftavagarya-Sinti bis zu den finnischen Kale, von den Machwaya bis zu den südamerikanischen Khoraxhané. Ich fordere jeden heraus, Roma zu fragen, was sie denken, wer Kali war – ihre Antwort würde lauten: „eine schwarze Frau“, denn „kali“ ist die weibliche Form von „kaló“, was „schwarz“ bedeutet (nicht weil sie wirklich wissen, daß die indische Götzenfigur ebenfalls schwarz ist). Ich kenne die meisten der sehr bedeutenden Roma-Familien weltweit, und ich schlage vor, daß der Autor Roma in Argentinien besucht, wo aus irgendeinem Grund die mit den Kalderash verbundene Roma-Kultur authentischer bewahrt wird als irgendwo sonst.
Die Verehrung der „Sara kali“ durch einige Gruppen in der Camargue ist mit der römisch-katholischen Kultur verbunden, nicht mit der hinduistischen. Tatsächlich gibt es „schwarze Madonnen“ in fast jedem römisch-katholischen Land (einschließlich Polens!). Sara „kali“ wird so genannt, weil sie eine schwarze Frau ist, die durch Zufall oder nicht den Namen der Mutter des hebräischen Volkes hat, und dies könnte der Grund ein, warum die katholischen Roma sie als ihre eigene Heilige ausgewählt haben.
„• Weiters bedeutete der ehemalige Name der Stadt Kanakubja (in griechischen Quellen auch Kanogyza) ‚bucklige, verkrüppelte Jungfrau‘. Der Ursprung dieses überraschenden Namens ist in einer Passage von Valmikis Ramajan zu finden: Kusmabha hatte eine Stadt namens Mahodaja (Großer Wohlstand) gegründet; er hatte hundert schöne Töchter, und als sie eines Tages im königlichen Garten spielten, verliebte Vàju, der Gott des Windes, sich in sie und wollte sie heiraten. Leider stieß er auf Ablehnung, und aus Zorn verwandelte er sie in Bucklige, was zu dem Namen der Stadt wurde. In einer anderen Version war Kana Kubja der Spitzname einer Verehrerin Krischnas, der der Gott einen schönen und gesunden Körper als Dank dafür wiederherstellte, daß sie seine Füße leidenschaftlich salbte. In Wirklichkeit war ‚bucklige Jungfrau‘ einer der Titel für die Bezeichnung von Durga, der Kriegergöttin, einer weiteren Form der Kali. In anderen Worten, wir können eine Parallele ziehen: kana kubja (‚bucklige Jungfrau‘) = Durga = Kali. Rajko Djuric hat auf einige Ähnlichkeiten zwischen dem Roma-Kult um Bibia oder Kali Bibi und dem indischen Mythos von Kali hingewiesen.“
Eine weitere rein spekulative Argumentation, die keine wirkliche Untermauerung hat. Ähnliche Geschichten sind im Nahen Osten sehr häufig (ich empfehle dem Autor, für eine bessere Dokumentation die „Geschichten aus 1001 Nacht“ zu lesen). Es ist wohlbekannt, daß Roma üblicherweise Fabeln aus den Ländern übernehmen, in denen sie wohnten, und sie an ihre eigene Fantasie anpassen. Es ist ebenfalls eine Tatsache, daß die meisten „Roma“-Fabeln auch als „jüdische“ Fabeln etikettiert sind, und beide behaupten, die Originalquelle zu sein. Es gibt auch einige persische, armenische und sogar arabische Fabeln in der mündlichen Literatur der Roma.
Ich frage mich, warum der Autor nicht die Popularität des Propheten Elias bei vielen Roma-Gruppen erwähnt… vielleicht weil er den „indischen“ Ursprung solch einer Tradition nicht erklären könnte. Elias war ein Prophet des nördlichen Königreichs Israel.
„• Die Zeit, die die Roma in Khorassan verbrachten (ein Jahrhundert oder mehrere Jahrhunderte) würde auch die Zahl der persischen Wortstämme erklären, die in das Romanes-Vokabular integriert wurden (ungefähr 70 – neben 900 indischen Wortstämmen und 220 griechischen), nachdem Khorassan eine persischsprachige Region war.“
Dasselbe Muster triftt auf ihren Aufenthalt in Indien zu. Da solche Wörter keinen persischen Ursprung beweisen, beweisen nicht einmal die indischen Wörter einen indischen Ursprung, sondern nur einen langdauernden Aufenthalt! Die folgende Darlegung des Autors ist rein linguistisch orientiert, und obwohl sie eine berechtigte Überlegung ist, beweist sie dennoch keinen Ursprung in Kannauj, wie wir sehen werden:
„• Ein weiteres auffallendes Element ist die Übereinstimmung dreier linguistischer Merkmale, die das Romanes mit den Sprachen des Gebietes um Kannauj verbinden, und nur oder hauptsächlich mit ihnen, nämlich:
– unter allen modernen indoarischen Sprachen unterscheiden nur Braj (auch Braj Bhakha genannt, eine Sprache, die von etwa 15 Millionen Benutzern unmittelbar westlich von Kannauj gesprochen wird) und Romanes zwei Geschlechter in der Einzahl der dritten Person des persönlichen Fürwortes: jo oder vo im Braj (wahrscheinlich o in Alt-Braj) und ov, vov oder jov – ‚er‘ – im Romanes für das männliche und ja oder va im Braj und oj, voj oder jon – ‚sie‘ für das weibliche Geschlecht, während alle anderen indoarischen Sprachen eine einzige Form, üblicherweise yé, vé – ‚er, sie‘ – für beide Geschlechter. Diese spezifischen Fürwörter sind jeden Tag auf den Straßen von Kannauj zu hören.
– unter allen modernen indoarischen Sprachen haben nur die Dialekte des Raumes um Kannauj, einige der Braj-Sprachen und Nepali (Nepal ist nur sechzig Meilen von Kannauj entfernt) eine Endung der männlichen Hauptwörter und Eigenschaftswörter auf ~o (oder ~au = ~o), die mit Romanes identisch ist, wo es ebenfalls ~o ist: purano ‚antik, alt‘ (andere indoarische Sprachen purana, Romanes purano), taruno‚ jung [wörtlich in Hindi]‘ (andere indoarische Sprachen taruna, Sinto tarno, Romanes terno). In Wirklichkeit unterliegt die Dialektentwicklung des häufigen ~a zu ~o recht komplizierten Regeln, die immer noch aufgeklärt werden müssen.
– und zuletzt präsentiert unter allen modernen indoarischen Sprachen nur Awadhi (eine Sprache, die von etwa 20 Millionen Benutzern in einem großen Bereich westlich von Kannauj gesprochen wird) genau wie das Romanes eine alternative lange Form des besitzanzeigenden nachgestellten Verhältniswortes. Es gibt nicht nur eine strikte Parallele in dem Phänomen selbst, sondern die nachgestellten Verhältnisworte sind auch in der Form identisch: zusätzlich zur kurzen Form (~ka, ~ki ~ke), die allen indoarischen Sprachen gemeinsam ist, hat Awadhi eine lange Variante ~kar(a), ~keri, ~kere, genau wie viele der archaischsten Romanes-Dialekte, wie jene von Mazedonien, Bulgarien (~qoro, ~qiri and ~qere), der Slowakei und Rußlands (~qero, ~qeri, ~qere); diese Form ist in den Sinti-Dialekten reduziert worden (~qro, ~qri, ~qre). Zusätzlich hat eine jüngste Feldforschungsmission in manchen Dörfern des Raumes um Kannauj Spuren eines unerforschten Vokabulars enthüllt, die dem Romanes sehr ähnlich sind (tikni ‚klein‘, daj ‚Mutter‘ [im allgemeinen Hindi ‚Hebamme‘], ghoro ‚Krug‘, larika ‚Bursche‘ [allgemeines Hindi larkha] etc…) All dies rechtfertigt Professor Ian Hancocks Aussage: ‚die Sprache, die dem Romanes am nächsten steht, ist das westliche Hindi‘, üblicher Braj genannt, das die meisten seiner Merkmale mit dem modernen Kannauj teilt.“
Wie ich schon zuvor sagte, ist die Überlegung interessant, doch sie beweist nichts, aus den folgenden Gründen:
- All die Bemerkungen, die der Autor aufgelistet hat, zeigen, daß das Romanes grammatikalisch komplexer ist als die meisten Sprachen, die heutzutage in Indien gesprochen werden, was bedeutet, daß es zu der Zeit, als die Roma sich in Indien aufhielten, dort sehr wahrscheinlich eine homogenere Sprache gab, die sich noch nicht zu den verschiedenen Sprachen entwickelt hatten, die nach linguistischer Logik vom grammatischen Standpunkt aus leichter sind. Dies geschah zum Beispiel mit dem Latein, das einst in einem weiten Bereich Westeuropas gesprochen wurde und sich zu Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Katalanisch, Okzitanisch, Rumänisch etc. entwickelte, die alle eine viel leichtere Grammatik haben.
- Folglich waren, wie ebenfalls angemerkt wird, all die westindischen Sprachen einst nur eine, von der das Romanes sich ein einem frühen Entstehungsstadium trennte. Solch ein primitives Stadium der Sprache könnte sehr wohl auf die hurritische Periode hindeuten, vor irgendeinem Aufenthalt in Indien, aber das ist nur eine Annahme. Was daraus hervorgeht, ist, daß auf jeden Fall die gesamte westliche Hindi-Familie, nämlich die Sprachen des Industales und von Rajasthan, direkte Abkömmlinge jener sogenannten „Kannauj“-Sprache sind, und dies deutet darauf hin, daß das Romanes nicht unbedingt mit dem Gebiet um Kannauj verbunden sein muß, sondern gut möglich mit der gesamten Region verbunden sein könnte, von Kaschmir bis Gujarat, von Sindh bis Uttar Pradesh.
- Es ist auch sicher, daß das oben erwähnte Gebiet, aus dem das Romanes gekommen sein sollte, damals nichts mit den arischen Indern zu tun hatte, sondern mit den skytho-sarmatischen Völkern, die im Industal und in Sakastan siedelten, einschließlich Kannauj (das von einer Gujarati-Dynastie regiert wurde) und die etwas gemeinsam hatten: sie alle kamen aus dem Westen! Es gibt überwältigende Beweise dafür, daß die Völker des Industales Sakas waren, keine Arier, aber das ist nicht der Gegenstand dieses Essays.
- Die Tatsache, daß Spuren dieser uralten Sprache im Gebiet von Kannauj immer noch existieren, bedeutet überhaupt nicht, daß es das ursprüngliche Land ist, und in der Sprachgeschichte gibt es viele Beispiele:
– einst war die keltische Sprache in fast ganz Europa weitverbreitet, heute überlebt sie in einigen Regionen der Britischen Inseln und in der Bretagne, die nicht das Heimatland der Kelten sind.
– Wenn man wiederum das Latein als Beispiel nimmt, ist die nächststehende Sprache, die heute gesprochen wird, nicht Italienisch, sondern Rumänisch, weit entfernt von dem Land, wo das Latein geboren wurde.
– Einst wurden fast vier Jahrhunderte lang (zwischen Attila und Árpád) in der gesamten Ukraine Magyarisch und eng verwandte Sprachen gesprochen, und heute gibt es in der Ukraine keine Spur des Magyarisch, aber es wird in Ungarn, Transsylvanien und einigen benachbarten Regionen gesprochen.
– In gleicher Weise ist Türkisch in Kleinasien bis zum Ende des Mittelalters nicht gesprochen worden, und es existiert nicht mehr in seinem ursprünglichen Heimatland.
– Es ist bewiesen, daß die baskische Sprache (Euskara) ihren Ursprung im Maukasus hatte, auf der anderen Seite Europas gegenüber dem, wo Baskisch nun gesprochen wird, und ohne dazwischenliegende Verbindung, ohne Spuren der langen Reise, die die alten Basken durchführten, und ohne einen Ort im Kaukasus, wo Baskisch immer noch existiert, sondern nur ein paar verwandte Sprachen.
– Die einzigen Menschen, die die Wikigersagas immer noch in der Sprache lesen können, in der sie geschrieben wurden, sind die Isländer und die Bewohner der Färöer-Inseln, während Schweden, Norweger und Dänen, wo die Sagas geschrieben wurden, sie kaum verstehen können.
– Die altsumerische Sprache konnte nur mit Hilfe des modernen Ungarisch entziffert werden, was zeigt, wie ungenau es ist, eine Sprache mit dem Gebiet zu verbinden, in dem sie gegenwärtig gesprochen wird.
Es gibt viele andere Beispiele wie diese, obwohl diese genug sein sollten. Doch es gibt eine weitere Untersuchung, die der Autor vorschlägt:
„Was die Chronologie des Exodus betrifft, so paßt sie auch zu Mahmuds Zeit, nachdem klar ist, daß er nicht vor dem 10. Nachchristlichen Jahrhundert stattgefunden haben konnte, wenn man sieht, daß das Romanes zwei grammatikalische Hauptmerkmale aufweist, die am Ende des ersten Jahrtausends zustande kamen, nämlich:
- a) die Bildung des Postpositionalsystems statt der alt- und mittelindischen Beugungen;
b ) der Verlust des Neutrums mit der Zuordnung der ehemals neutralen Hauptwörter zum männlichen oder weiblichen Geschlecht. Nachdem fast all diese Hauptwörter im Romanes denselben Geschlechtern zugeordnet worden sind wie im Hindi (Hancock 2001:10), kann man nur schlußfolgern, daß dieses Phänomen stattfand, als Romanes immer noch auf indischem Boden gesprochen wurde. Dementsprechend spaltete das Romanes sich von anderen indischen Sprachen erst nach diesen Evolutionen ab.“
Was der Autor nicht begreift, ist das Folgende: es gab keine einheitliche indische Sprache, sondern ein besonderes Merkmal zwischen der skytho-sarmatischen Region und dem arischen Gebiet, und daß:
- a) die Postposition [das nachgestellte Verhältniswort] ein Merkmal ist, das in den von skytho-sarmatischen Völkern gesprochenen Sprachen sehr häufig ist;
- b) es in der Industal-Variante des „Altindischen“ nur das männliche und das weibliche Geschlecht gab, bevor den Brahmanen die Vereinigung ganz Indiens oder des Großteils davon gelang, folglich war auch die Sprache irgendwie vereinheitlicht, und es ist logisch, daß beide Parteien dazu beitrugen, doch die leichteste Form setzte sich durch, und das neutrale Geschlecht verschwand aus der arischen Variante. Es war nicht notwendig, daß die Roma immer noch in Indien waren, als die Sprache vereinheitlicht wurde.
Der Rest des Essays, der vom Autor der „Theorie vom Ursprung in Kannauj“ geschrieben wurde, befaßt sich nicht mit dem angeblichen Ursprung des Roma, sondern mit einigen historischen Aspekten von Kannauj, die für diese Recherche nicht relevant sind, daher beschließe ich hier die Kommentare zu dieser Hypothese und beginne mit der Darlegung anderer Aspekte der Roma-Kultur, die sicherlich wichtiger als die Sprache sind und die zeigen, daß die Roma nichts mit irgendeinem indischen Volk gemeinsam haben, weder in der Gegenwart noch in der Vergangenheit. Die Aspekte, die ich hier präsentieren werde, können von den Unterstützern der Theorie vom indischen Ursprung nicht erklärt werden.
Die kulturellen und spirituellen Aspekte des Roma-Volkes können in zwei Hauptkategorien klassifiziert werden:
1) Glaubensinhalte, Gesetze, Regeln und Praktiken, die mit hebräischen verwandt sind; sehr wichtig im Gemeinschaftsleben der Roma;
2) mit der Feueranbetung verwandte Praktiken und manche mit dem Glauben verbundene Elemente; sie regulieren großteils die Beziehung zum Nicht-Roma-Eleent.
Vor der Darlegung dieser Aspekte ist es passend, einen kurzen historischen Überblick zu geben, um es dem Leser zu ermöglichen zu verstehen, wie und warum die Roma zu einer bestimmten Zeit in Indien waren und warum sie ihren Ursprung nicht in diesem Land haben können. Die „Prähistorie“ der Roma begann in Mesopotamien, im unteren Tal des Euphrat; ihre „Proto-Geschichte“ im unteren Niltal und in Kanaan…
Während der semitischen Expansion im Nahen Osten zog eine akkadische Familie aus Sumer nach Kanaan und später nach Ägypten, wo sie an Zahl und Bedeutung innerhalb der ägyptischen Gesellschaft zunahm; so sehr, daß sie gehasst und der Sklaverei unterworfen wurden, bis die Zeit ihrer Befreiung kam und sie das Land verließen, um sich in Kanaan anzusiedeln. Zu dieser Zeit bestanden sie aus dreizehn Stämmen, von einen einer für den Priesterstand berufen war, daher waren die anderen zwölf das „Volk“ namens Israel. Diese Nation hatte eine Besonderheit, die sie von jeder anderen Nation in dieser Zeit unterschied: sie glaubten an nur einen Gott. Sie empfingen eine Anzahl von Gesetzen, Regeln und Glaubensartikeln, die befolgt werden mußten und jeden gesellschaftlichen Aspekt und ihre strikte Trennung von jedem anderen Volk betrafen; Gesetze betreffend rituelle Reinheit und Unreinheit und andere Charakteristika, die sie zu einem eigenartigen Volk machten, das von jedem anderen auf der Welt verschieden war. Sie hatten eine gemeinsame Erinnerung, daß sie in Ägypten im Exil waren, und ein gemeinsames Erbe, diese Anzahl von Vorschriften, die bestimmten, daß im Falle ihrer Nichteinhaltung ihr Schicksal wiederum das Exil sein würde, nicht in Ägypten, sondern in jedem Land.
Dennoch begannen, sobald sie ihr Territorium erobert hatten, die Abweichungen zwischen dem führenden Stamm und den anderen immer offensichtlicher zu werden, bis ihr Königreich sich in zwei teilte: die nördlichen Stämme hingen mehr an ihrer ägyptischen Vergangenheit und wählten als Zeichen der Trennung das ägyptische Götzenbild, das wie ein Kalb geformt war, um den Einen Gott zu repräsentieren (sie verehrten schließlich auch niedrigere Gottheiten), und sie lehnten den Priesterstamm ab, der sich dem südlichen Königreich Juda anschloß. Dieses nördliche Königreich erlaubte einige verbotene Praktiken im Zusammenhang mit Magie und Wahrsagerei. Im Jahr 722 v. Chr. marschierten die Assyrer in ihrem Land ein und schickten fast die gesamte Bevölkerung ins Exil, wobei sie nur die Bauern zurückließen, und siedelten sie in ein anderes Land um, das die Assyrer bereits erobert hatten: das ehemalige Königreich Hanigalbat-Mitanni, ein Land, wo eine dem Romanes sehr nahestehende Sprache gesprochen wurde und dessen Hauptgottheiten Indra und Varuna waren. Dieses Land lag nicht in Indien, sondern im oberen Mesopotamien. Das Volk dieses Landes ist der Geschichte als Hurriter bekannt. Hier bringe ich einen Einschub, um eine kurze Beschreibung dieser Nation zu geben, bevor ich mit der Geschichte unseres Volkes fortfahre:
Die Hurriter, die ursprünglichen Inder
Die frühesten Zeugnisse einer indischen Sprache sind nicht in Indien zu finden, sondern im Tigris-Euphrat-Becken, ca. 1600 v. Chr. Hier lag das Reich Mitanni, das sich von den Ufern des Mittelmeeres bis zum Zagros-Gebirge erstreckte und sich mit den Hethitern im Westen und mit den Ägyptern im Südwesten im Konflikt um die Kontrolle des Euphrats befand. Die Sprache von Mitanni war das Hurritische; es gibt klare Beweise für die Verwendung des indischen Vokabulars in den Dokumenten aus Mitanni:
ila-ni mi-it-ra as‘-s’i-il ila-ni u-ru wa.na-as’s’i-el (in einam anderen Text a.ru-na-as‘.s’i-il) in.dar (anderer Text: in-da.ra) ila-ni na-s’a-at-ti-ya-an-na (vgl. Winckler, Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft No. 35, 1907, S. 51, s. Boghazkoi-Studien VIII, Leipzig 1923, S. 32 f., 54 f.)
All die vier Vertragsgötter werden in einer Hymne des Rigveda erwähnt (RV. 10.125.1). P. Thieme zeigte, daß die Götter der Mitanni-Verträge spezifisch vedische Götter sind, Varun.a und Mitra, Indra und N-satyau, mit diesen Formen ihrer Namen, können und in den Veden zurückverfolgt werden. Und doch erschienen sie in den hurritischen Aufzeichnungen!
In dem Vertrag zwischen den Hethitern und Mitanni schwört der Mitanni-König bei: Mi-it-ra (der indische Mitra), Aru-na (Varun.a), In-da-ra (Indra) und Na-sa-at-tiya (Nasatya oder As’wins). Ein hethitischer Text über das Pferdetraining und Streitwagenfahren, geschrieben von Kikkuli (einem Mitanni) verwendet indische Ziffern, um die Zahl der Wendungen eines Streitwagens auf einer Bahn anzugeben: aika (indisch eka ‚eins‘), tera (tri ‚drei‘), panza (panca ‚fünf‘) und na (nava ‚neun‘).
Ein weiterer hurritischer Text von Nuzi verwendet indische Wörter, um die Farbe der Pferde zu beschreiben, zum Beispiel babru (indisch babbru ‚braun‘), parita (palita ‚grau‘) und pinkara (pingala ‚rötlich‘). Der mitannische Streitwagenfahrer wird „marya“ genannt (indisch-vedisch marya ‚Krieger, junger Mann‘). Zusätzlich dazu gibt es eine Reihe von Namen der Edelmänner oder der Aristokratie von Mitanni, die eindeutig indisch sind.
Die meisten Autoritäten zu dem Thema sind sich nun allgemein einig, daß die arischen linguistischen Überreste im Nahen Osten spezifisch mit dem Indoarischen zu verbinden sind und nicht mit dem Iranischen, und auch, daß sie keine dritte, unabhängige arische Gruppe darstellen und nicht dem hypothetisch rekonstruierten Proto-Arischen zuzuschreiben sind. Diese Schlußfolgerung ist im Titel von M. Mayrhofers Bibliographie zu dem Thema, Die Indo-Arier im Alten Vorderasien (Wiesbaden 1966) enthalten, und man kann sie nun als die allgemein akzeptierte Sicht annehmen. Sie beruht darauf, daß, wo immer es eine Abweichung zwischen dem Iranischen und dem Indoarischen gibt, und wo solche Elemente in den nahöstlichen Aufzeichnungen erscheinen, Letztere immer mit dem Indoarischen übereinstimmen.
Die Teilung des Proto-Arischen in zwei Zweige, Indoarisch und Iranisch, muß stattgefunden haben, bevor diese Sprachen in ihren schließlichen Heimaten etabliert wurden, und nicht bloß an Entwicklungen liegen, die in jeder der beiden Gruppen stattfanden, nachdem die Indoarier sich in Indien ansiedelten und die Iraner im Iran. Diese Schlußfolgerung könnte nur widerlegt werden, wenn gezeigt werden könnte, daß die vedischen Inder, nachdem sie den ganzen Weg aus ihrer früheren Heimat in den Pandschab migriert waren, dann in ihren Fußstapfen zurückgegangen wären und eine weitere Migration in Richtung des Nahen Ostens unternommen hatten. Es gibt keine Beweise dafür, und es scheint, daß eine Theorie, die solch eine Komplikation enthält, mit Sicherheit ignoriert werden kann… Eine weitere Schlußfolgerung daraus ist, daß das Datum der proto-arischen Periode weiter zurückverlegt werden muß, als man oft gedacht hat, und wahrscheinlich kann es nicht unter spätestens 2000 v. Chr. gebracht werden.
Sarasvati ist an erster Stelle der proto-indoarische Name des Flusses im Iran, der nach der Migration auf den Fluß in Indien übertragen wurde. Der iranische Name Haraxvaiti ist ein Lehnwort aus dem Proto-Indoarischen, mit einer Ersetzung des S- durch H-, die auch in Hind/Sindhu vorkommt. Ein weiterer Fall ist der Flußname Sarayu, der vom Iran (Haraiva-/Haro-yu) auf einen Fluß in Nordwestindien übertragen wurde, und dann noch einmal von dort auf einen Nebenfluß des Ganges in Ostindien.
Man kann auf der Basis des altsumerischen Handwerkswortes ta/ibira, „Kupferbearbeiter“ annehmen, daß die Hurriter seit früher Zeit im Nahen Osten gewesen sind, wofür ein überzeugender Beweis aus einer hurritischen Quelle erbracht werden kann (Otten 1984, Wilhelm 1988). Atal-s’en bezeichnet sich als den Sohn eines S’atar-mat, der ansonsten unbekannt ist und dessen Name ebenfalls hurritisch ist. Die Herrschaftszeit von Atal-s’en kann nicht mit Sicherheit datiert werden, gehört aber wahrscheinlich in das Ende der Guti-Periode (ca. 2090 – 2048 v. Chr.) oder in die ersten Jahrzehnte der Periode Ur III (2047 – 1940 v. Chr.). Aufzeichnungen aus der Periode Ur III enthüllen, daß die Berggebiete östlich und nördlich des Tigris- und des Euphrattales zu dieser Zeit von hurritisch sprechenden Völkern bewohnt waren, die in der Zwischenzeit auch in das östliche Tigris-Land nördlich der Diya-la eingedrungen waren. Als Folge der Kriege von S’ulgi (2029 – 1982 v. Chr.) fanden große Zahlen hurritischer Gefangener sich in Sumer wieder, wo sie als Arbeitskräfte eingesetzt wurden. Dies ist der Grund, warum so viele Menschen mit hurritischen Namen in der Periode Ur III in Südmesopotamien zu finden sind. Die Etymologie mancher Namen ist sicherlich oder höchstwahrscheinlich indoarisch, denn zum Beispiel Artatama = vedisch r.ta-dha-man „dessen Aufenthaltsort r.ta ist“, Tus’ratta (Tuis’eratta) = vedisch tves-a-ratha „dessen Streitwagen wild voranstürmt“, Sattizawa = alt-inodarisch sa_ti-va_ja „erwirbt Beute“, vedisch va-ja-sa-ti „Erwerb von Beute“ (Mayrhofer 1974: S. 23 – 25). Die hurritische Sprache war im 14. Vorchristlichen Jahrhundert bis mindestens Zentralsyrien (Qatna, also wahrscheinlich Qadesh) in Gebrauch, und diese Expansion resultiert wahrscheinlich aus den Populationsverschiebungen während des Aufstiegs von Mitanni. Unter den Göttern, die im späten 14. Vorchristlichen Jahrhundert immer noch von den Königen von Mitanni geehrt wurden, finden wir Mitra-, Varun.a, Indra- und die Na-satya-Zwillinge, die uns auch aus den Veden bekannt sind, den ältesten indischen Gedichten.
Fortsetzung:
Der wahre Ursprung der Sinti und Roma (2)
* * *
Neue Kommentarpolitik auf „Morgenwacht“: Wie bereits hier unter Punkt 1 angekündigt, am Schluß dieses Kommentars wiederholt als Absicht geäußert und in diesem Kommentar endgültig festgelegt, werden neue Kommentatoren nicht mehr zugelassen und sind die Kommentarspalten nur noch für die bereits bekannte Kommentatorenrunde offen.
Lucifex
/ Dezember 14, 2019Diesen interessanten Text habe ich auf der Seite „Wo ist Zigeunerland?“ gefunden (fette Hervorhebung von mir):
https://roma-und-sinti.kwikk.info/?page_id=248
Sara
/ Dezember 16, 2019Ja, sehr interessanter Artikel. Heutzutage sind die Roma meistens optisch angepasst, im Sinne, dass sie „normale“ Kleidung tragen, wie der Rest der Gesellschaft in der sie leben. Aber in einigen Regionen Balkans trifft man sie immer noch in ihren typischen Kleidern, vor allem bei Frauen, die ziemlich bunt und glitzernd sind, sehr ähnlich mit den indischen Saris. Vielleicht war das auch ein Punkt (bei dem einfachen Volk, nicht bei den Forschern) um noch mehr an einer angeblichen indischen Herkunft zu glauben. Bunte Kleidung haben aber viele Völker überall auf der Welt.
Das Wort „Balkan Ägypter“ kenne ich überwiegend als Beleidigung für die Roma, nicht als akzeptable Herkunftsbezeichnung. Also ähnlich wie das Wort „Zigeuner“. Die Geschichte darüber, dass sie ursprünglich aus Ägypten kommen, war mir auch bekannt, aber in einer anderen Variante, nämlich dass sie aus Ägypten mit Gewalt von den Osmanen verschleppt worden sind, um als Diener oder Sklaven tätig zu sein.
Eines noch: Ich las mal vor langer Zeit über diese sogenannte jüdische Ritualmord-Legende, die früher in Europa verbreitet war. Über Kinder, die kurz vor dem Pessach-Fest in den jüdischen Gassen verschwanden um nicht mehr zurückzukommen. Tatsächlich kenne ich das aus meiner Kindheit auf dem Balkan über die Roma. Alte Leute erzählten uns mal gerne von solchen Legenden, dass wir niemals in der Nähe von Roma-Ghettos spielen dürften weil sie, die Zigeuner, den Gadje-Kindern schlimme Dinge antun würden. Abscheuliche Hexerei/Magie taten angeblich die Zigeuner….naja.
Lucifex
/ Dezember 16, 2019Über die Ritualmordlegende und ihre historischen Hintergründe gibt es auch diesen Essay von Andrew Hamilton über das Buch des israelischen Mittelalterforschers Ariel Toaff, dessen Vater Oberrabbiner von Rom war:
Teuflische Passion: Ariel Toaffs „Blood Passovers“
Es würde ins Bild passen, wenn Zigeuner ebenfalls ähnliche Praktiken hätten (oder gehabt hätten). Zum Teil können die traditionellen Warnungen an europäische Kinder vor Zigeunern auch mit deren Neigung zusammenhängen, „Gadje“-Kinder als Quasi-Sklaven zu entführen.
Zu einem zeitgenössischen derartigen Fall in Griechenland gibt es einen Artikel von Jim Goad, The Little Blonde Gypsy Girl, den ich für AdS übersetzt, hier aber noch nicht nachveröffentlicht habe. Damals gab es auf AdS einen Motz-Kommentar dazu, wegen dieser Stelle:
Nachdem Du mich daran erinnert hast, werde ich ihn nach dem dritten Teil von Sándor Avrahams Essay nachveröffentlichen.
Sara
/ Dezember 16, 2019Bei den Legenden liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. So ganz unwahr sind sie nicht immer. In diesem Fall würden sie entweder die Tat eines sadistischen pädophilen Einzeltäters aus dieser Minderheit beschreiben oder einfach die Realität der organisierten Kriminalität unter den Zigeunern wie halt das Verkaufen der Kinder an die Bettler-Mafia. In den 90er Jahren eine sehr übliche Praxis. Heute bestimmt auch noch. Danke für den Link.
STEFAN MATUN
/ Dezember 15, 2019Hat dies auf My Blog rebloggt.
alphachamber
/ Dezember 16, 2019Danke fuer den interessanten Artikel, hat sicher viel Muehe gemacht.