Von Robert Farago, übersetzt von Deep Roots (Schlußbild von Osimandia modifiziert). Das Original The Critical Piece of Kit Armed Home Defenders Always Forget erschien am 15. Oktober 2014 auf Faragos Seite The Truth About Guns.
In aller Herrgottsfrühe hört ihr etwas durch die Küchentür brechen. Warum ist der Alarm nicht losgegangen? Habe ich vergessen, ihn einzustellen? Keine Zeit, sich darum zu sorgen. Ihr schnappt euch eure Brille und eure Schußwaffe, weckt eure bessere Hälfte und setzt euren Heimverteidigungsplan um. Während das Adrenalin durch eure Adern strömt (wie tausend Eisenbahnzüge), zielt ihr und drückt ab. Und schießt vorbei. Vielleicht. Vielleicht habt ihr ihn getroffen. Wer weiß? Zum Glück gibt der Bösewicht Fersengeld. Aber jetzt hört ihr seine Schritte nicht…
Weil ihr taub seid. Falls ihr eine Faustfeuerwaffe abgeschossen habt, klingeln eure Ohren schmerzhaft und blockieren alle Umgebungsgeräusche. Falls ihr eine Schrotflinte abgefeuert habt, seid ihr stocktaub – ein Zustand, der sich mit der Zeit vielleicht selbst repariert oder auch nicht, und selbst wenn, dann vielleicht nur teilweise. Was soll’s. Ihr habt eine tödliche Bedrohung gestoppt. Ihr habt überlebt. Euer Gehör ist ein kleiner Preis dafür. Nur…
Ein weiterer Schurke kommt hinter euch heran und haut euch mit einem Baseballschläger nieder. Oder sticht euch ein Messer in den Rücken. Oder erschießt euch. Während ihr zu Boden fallt, gilt euer erster Gedanke eurer Familie. Die Bullen werden bald hier sein. Früh genug? Gott, ich hoffe es. Euer zweiter Gedanke: aufstehen und kämpfen! Nur daß ihr es nicht könnt. Und irgendwo in eurem Hinterkopf taucht eine weitere Idee auf: wenn ich ihn nur hätte kommen hören.
Euer Gehörssinn ist ein entscheidender Bestandteil der bewaffneten Selbstverteidigung. Er liefert euch einsatzentscheidende Informationen über Ort, Anzahl, Geschwindigkeit, Größe und Richtung von freundlich Gesinnten und potentiellen Bedrohungen. Falls euer Gehörssinn ernsthaft vermindert wird oder ihr ihn verliert – wie es sicherlich der Fall sein wird, wenn ihr eine Feuerwaffe in eurem Haus abfeuert -, verliert ihr eine enorme Menge Situationsbewußtsein. Warum also solltet ihr?
Bewahrt ein Paar elektronischer Gehörschützer bei eurer Selbstverteidigungswaffe auf. Wenn die K. am D. ist, setzt sie auf, bevor ihr irgend etwas sonst tut. Sie werden nicht nur euer Gehör im Falle eines defensiven Schußwaffengebrauchs schützen, was den fortgesetzten Gebrauch eures Gehörs während des weiteren Ablaufs der Ereignisse ermöglicht, sondern sie verstärken auch Umgebungsgeräusche. Faktisch geben sie euch ein Supergehör – was eure strategischen Fähigkeiten erhöht.
Das Argument gegen das Aufsetzen elektronischer Gehörschützer während bewaffneter Heimverteidigung: je mehr ihr bei einem defensiven Schußwaffengebrauch zu tun habt, desto größer ist die Chance, daß ihr es nicht ordentlich macht. Ihr wollt nicht, daß der Bösewicht euch beim Herumfummeln mit dem Gehörschutz erwischt. Wenn auch gering, könnte die zusätzliche Zeit, die zum Ohrenschützeraufsetzen benötigt wird, euch hinter die Selbstverteidigungskurve bringen.
Diese Kosten-Nutzen-Kalkulation obliegt euch – nachdem ihr das Aufsetzen der Ohrenschützer geübt habt. In eurem Schlafzimmer. Mitten in der Nacht.
Es ist nicht so leicht, wie es sich anhört: die Kombination aus Adrenalin und Schlaftrunkenheit bringt eure manuelle Geschicklichkeit ganz schön durcheinander. Ihr müßt das Ding in einer bestimmten Weise neben eurem Bett plazieren – sodaß der Ein-Aus-Schalter jedesmal, wenn ihr das Kopfband über eure Birne schiebt, an derselben Stelle ist. Und ja, man kann mit aufgesetzten elektronischen Gehörschützern einen Polizeinotruf absetzen.
Ich schätze, E-Gehörschutz ist das Risiko wert. Euer Gehör in der Hitze des Gefechts zu schützen, könnte euer Leben retten. Und ich weiß, daß das seltsam klingt, aber ich würde einen defensiven Schußwaffengebrauch nicht als gewonnen betrachten, wenn ich die Bösewichte zurückgeschlagen und (mehr) von meinem Gehör verloren hätte. Alternativerweise kauft, falls ihr könnt, eine Dose [einen Schalldämpfer; d. Ü.]. Bedenkt, Schalldämpfer sind immer noch verdammt laut; von einem ist mir Tinnitus zurückgeblieben. Daher… warum nicht sowohl elektronischen Gehörschutz als auch einen Dämpfer verwenden?
Über Robert Farago
Robert Farago ist der Herausgeber von The Truth About Guns (TTAG). Er gründete die Seite, um die Ethik, Moral, geschäftliche Seite, Politik, Kultur, Technologie, Praxis, Strategie und Gefahren von Waffen und den Spaß mit ihnen zu erforschen.
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Ich (Deep Roots) finde auch: Gehörschützer sind
Siehe auch Gespräch mit einem Gunfighter vom Westernautor Charles Frederick Eckhardt, ein Interview, in dem der ehemalige Sheriff Heck Perez aus der Praxis des ernsthaften Schußwaffengebrauchs erzählt, darunter auch über die Sache mit dem Adrenalin:
„Ich hatte wahrhaftig keine Zeit, mich zu fürchten, solange die Schießerei im Gange war, aber als sie vorbei war, musste ich mich hinsetzen, mir zitterten fürchterlich die Knie, und als sie zu zittern aufhörten, musste ich schleunigst aufs Klo rennen. Das ist auch so etwas, das einem die Filme und das Fernsehen immer verschweigen: Es ist alles andere als angenehm, wenn jemand auf einen schießt.
So geht eine Schießerei in Wirklichkeit vor sich, mein Junge, und nicht, wie das im Film gezeigt wird. Bevor es losgeht, kriegt man einen so trockenen Mund, dass man Watte ausspucken könnte, und man hat einen Klumpen im Bauch wie eine Kanonenkugel so groß. Und dann tut man eine kurze Zeitlang einfach, was man zu tun hat, und danach schlottern einem die Knie und man muss dringend aufs Klo. Solche Details werden in den Wildwestromanen und am Fernsehen immer unterschlagen. Wenn du mal darüber schreibst, dann vergiss nicht, auch das zu erwähnen.“
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Nachtrag des Übersetzers:
In VISIER 6-1988 habe ich diesen Info-Kasten gefunden, den ich euch hier als Scan nachreiche:
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Neue Kommentarpolitik auf „Morgenwacht“: Wie bereits hier unter Punkt 1 angekündigt, am Schluß dieses Kommentars wiederholt als Absicht geäußert und in diesem Kommentar endgültig festgelegt, werden neue Kommentatoren nicht mehr zugelassen und sind die Kommentarspalten nur noch für die bereits bekannte Kommentatorenrunde offen.
Lucifex
/ November 4, 2017„Aber jetzt zu etwas ganz anderem…“, wie sie bei Monty Pythons immer wieder gesagt haben.
Im folgenden gebe ich euch noch einen Austausch wieder, den ich (als Deep Roots) mit branfendigaidd im Kommentarstrang zur Nachveröffentlichung auf „Cernunnos‘ Insel“ hatte:
Was mir dazu nachträglich noch eingefallen ist: Wenn man zwei oder mehr Faustfeuerwaffen besitzt, von denen mindestens eine einen runden Abzugsbügel hat (z. B. eine moderne Pistole mit eckigem Bügel und einen Revolver mit rundem), dann hätte man das Umstellungsproblem jedes Mal, wenn man von einer Waffe zur anderen wechselt.
heimdallwardablog
/ November 5, 2017Hat dies auf HEIMDALL WARDA – Die das Gras wachsen hören rebloggt.
branfendigaidd
/ November 9, 2017Hallo Lucifex. Na, das freut mich, dass Du unsere Konversationen noch so frisch hältst. Ich kann übrigens im Nachgang bestätigen, dass das Schussbild bei konsequentem Verhalten nach Deinen Ratschlägen gleichmässiger und akkurater ist.
Da ich hin und wieder auch mit einer Ruger 357. Speedsix schiesse, ist mir ebenfalls aufgefallen, dass die Zeigefinger-am-Abzugsbügel-Nummer eine ziemliche Pleite ist. Vor allem bei einer Waffe, die eine derartige Energie freisetzt, ist ein gescheiter Halt bzw. eine ordentliche Laufausrichtung kaum mehr möglich.
Lucifex
/ November 10, 2017Schön, daß meine Ratschläge für Dich von Nutzen waren, branfendigaidd (woraus man auch ableiten kann, daß sie das auch für andere Leser sind, vor allem in Verbindung mit Deiner bestätigenden Rückmeldung hier).
Ich glaube, diese Nichteignung der Schießhaltung mit dem linken Finger vorn an einem runden Abzugsbügel, wie von Dir mit dem Ruger Speed Six erlebt, dürfte neben dem Verzugsproblem ein Grund für mich gewesen sein, mir diese Haltung wieder abzugewöhnen, weil ich damals bereits vorhatte, mir neben der Pistole auch einen Revolver anzuschaffen.
Diesen Gehörschützerbeitrag habe ich jetzt hier nachveröffentlicht, weil ich in der näheren Zukunft nach und nach alle meine Donnerstock-Artikel (elf an der Zahl) ebenfalls auf „Morgenwacht“ zu bringen beabsichtige, und da möchte ich immer auf die Wichtigkeit des Gehörschutzes verweisen können.
Irgendwo habe ich kürzlich auch wieder gelesen, daß Ohrenstöpsel (die ich wegen ihrer Neigung zum Herausfallen ohnehin nicht mag) weniger Schutz bieten als Kapselgehörschützer, weil sie nur die Gehörgänge verschließen, während der Schußknall aber zum Teil auch als Körperschall über die Schädelknochensubstanz ans Innenohr weitergeleitet wird, was die „Mickymausohren“ mit ihren Muscheln durch das Abdecken der Ohrumgebung vermindern. Ganz abgesehen von den Vorteilen, die „hörende“ elektronische Gehörschützer zusätzlich bieten.
Nachtrag: Zwei der oben erwähnten „Donnerstock-Artikel“ habe ich inzwischen bereits hier nachveröffentlicht, nämlich meine beiden Flintenratgeber
Teilchenbeschleuniger 1
und
Teilchenbeschleuniger 2: Verteidigung mit Kipplauf-Flinten
Cernunnos
/ Februar 19, 2018Gegen die Schießhaltung mit dem Zeigefinger der Unterstützungshand vorne am Abzugsbügel spricht sich auch Dipl.-Ing. Manfred Ertl in seinem Artikel Waffenhaltung und Abzugstechnik im gebrauchsmäßigen Schießen aus:
lupus
/ November 11, 2017Das Knallen der Abschüsse sollte man tatsächlich beim Erwerb schon bedacht haben. Wozu braucht man eigentlich die großen Kaliber? Die Glock macht schön Bumm und der 357er reißt einem wirklich die Hand hoch, aber das ist doch eher was für den Spaß auf dem Schießstand…
Im Haus selbst ist wohl zur Verteidigung das gute alte Kleinkaliber .22 sehr geeignet. Davon wird man kaum taub und die Distancen sind auch nicht so, dass die Schussenergie durch Entfernung reduziert wird. Klar, ein Aktivschützer für die Ohren ist super, aber ich bezweifele, dass der redliche Verteidiger im Ernstfall so sortiert ist, dass er ihn verwenden kann. Insofern ist KK eine Variante, die man meiner Meinung nach ernsthaft in Erwägung ziehen sollte.
Lucifex
/ November 12, 2017Die großen Kaliber nimmt man nicht nur wegen des Spaßfaktors auf dem Schießstand, sondern man braucht sie vor allem auch, um eine einigermaßen ausreichende Stoppwirkung zu haben.
Der Geschoßenergieverlust durch die Entfernung spielt auf normale Kurzwaffendistanzen auch im Freien keine wesentliche Rolle, wohingegen es gerade bei den geringen Kampfentfernungen in Wohnungen auf eine möglichst rasche Wirkung ankommt, damit ein Eindringling nicht trotz eines Treffers noch schnell heranspringen und den Verteidiger erstechen kann, eher er selber aufgrund der Trefferwirkung umkippt. Und hierfür ist sogar die 9 Para eher an der Untergrenze des Ausreichenden.
Man denke nur an diesen Fall in Amerika vor ein paar Jahren, von dem ein Video im Internet verbreitet wurde und wo ein weißer Polizist einem Neger, mit dem er im Zuge einer Verkehrskontrolle aneinandergeraten war, achtmal hinterhergeschossen und ihn fünfmal getroffen hat. Erst beim fünften Treffer hat der Neger eine sichtbare Reaktion gezeigt, sich an die Nierengegend gegriffen, ist nach links auf den Rasen abgebogen und nach ein paar weiteren Schritten zusammengebrochen.
Wie schnell ein Messerangreifer einen Verteidiger aus sieben Metern Entfernung erreichen kann, wird aus diesen beiden „MythBusters“-Videos ersichtlich, die in Verteidigung: Bloß ein Messer, oder? eingebettet sind:
Sicher, Adam Savage hat dabei in der Ausgangssituation die Pistole noch im Holster und schafft es deshalb nicht immer, Jamie Hyneman zu treffen, ehe dieser ihn mit dem Simulationsmesser erreicht. Wenn man die Pistole schon von Anfang an in der Hand hat, tut man sich leichter, aber andererseits werden die Entfernungen zum Gegner in Wohnräumen meist noch unter sieben Metern liegen, und man kann selbst bei 9-mm-Kalibern nicht mit einer so blitzartigen Ausschaltung des Gegners rechnen, daß dieser einem nicht trotzdem noch das Messer reinstechen kann, wenn man ihn erst in zwei Schritten Distanz trifft.
In diesem Artikel wird auch ein tödlicher Zwischenfall mit einem afrikanischen „Flüchtling“ im Jahr 1989 geschildert:
Eine Kleinkaliberwaffe ist zwar besser als nichts, wenn man nur diese hat (z. B. weil man sich auf das Sportschießen mit .22 lfb spezialisiert und eine zusätzliche Großkaliberwaffe entweder nicht bewilligt bekommen hat oder sie sich nicht leisten kann bzw. will). Aber sich für die Heimverteidigung bewußt auf Kleinkaliber zu beschränken, um sich das Gehörschützeraufsetzen ersparen zu können, halte ich nicht für sinnvoll. Besser ist es, eine Großkaliberwaffe und einen Gehörschutz bereitzulegen, und falls der Eindringling im Ernstfall doch schon so nahe ist, daß man nicht mehr rechtzeitig zum Aufsetzen kommt, nun, dann muß man eben notgedrungen ohne schießen. Mit einer Flinte ist das aber nicht ratsam, denn da befürchte ich wirklich einen bleibenden Gehörschaden. Ausprobieren würde ich’s nicht wollen.
branfendigaidd
/ November 12, 2017lupus: Im Haus würde ich meine kurzläufige Pumpflinte mit grobem Schrot verwenden. 9mm ist mir da zu unsicher und KK ist viel zu riskant. Wenn einer in meinem Haus ist, dann will ich, dass die Situation so schnell wie möglich neutralisiert und bereinigt ist. Sowas erreicht man aus den von Lucifex beschriebenen Gründen unmöglich mit KK und höchst selten mit 9mm.
Die .357 würde sicher auch ausreichen, aber die erfordert mehr Zielnahme als die Pumpflinte.
Zu den Ohrschützern übrigens noch die Anmerkung, dass relativ viele Einsatzkräfte, die in geschlossenen Räumen Feuer eröffnen mussten ohne Ohrschutz, keine Schädigungen am Gehör erlitten und auch über keinen erhöhten Stress wegen des Gehörs berichteten. Es scheint bei einem gewissen Anteil der Menschen einen durch Stress und Adrenalin bewirkten Effekt zu geben, dass das Gehör in solch einer Situation quasi runterfährt.
Ein interessantes Buch zu diesem Thema ist „On combat“ von Lt. Col. David Grossman und Loren Christensen, die über solche Themen aufgrund eines grossen Erfahrungsschatzes schreiben.
Lucifex
/ November 15, 2017Irgendwo habe ich auch einmal gelesen, daß Einsatzkräfte den Schußknall im Kampfstreß nicht als so belastend wahrnehmen, sondern eher den Mündungsblitz bei schlechten Lichtverhältnissen als störend empfinden. Dabei ist aber zu bedenken, daß polizeiliche Einsatzkräfte meist mit 9 Para oder anderen Kalibern in dieser Klasse schießen, die zwar auch einen ordentlichen Knall machen, aber noch keinen bleibenden Gehörschaden verursachen.
Das kann ich selber bezeugen, denn wie ich schon damals auf AdS in einem Kommentar zu diesem Artikel geschrieben habe, ist mir selber in meiner Frühzeit als Schütze meine Pistole durch Unachtsamkeit im Zimmer losgegangen (ich hatte sie zu dieser Zeit immer durchgeladen im Waffenschrank aufbewahrt, was in Österreich legal ist, obwohl die Bullen meistens etwas anderes glauben, weil für ihre Dienstwaffen eine von der Munition getrennte Aufbewahrung vorgeschrieben ist). Der Schuß ist damals neben meinem Fuß in den Boden gegangen, und von dem Knall haben mir zwar ordentlich die Ohren geklingelt, aber es ist kein merklicher Gehörschaden zurückgeblieben. Wie stark die vorübergehende Gehörbeeinträchtigung war und wie lang sie gedauert hat, weiß ich nicht mehr; es ist ja schon viele Jahre her, und vielleicht habe ich auch im Schreck und aufgrund der Erleichterung, daß nichts passiert ist, nicht so sehr darauf geachtet.
Stärkere Kaliber wie .357 Magnum sind da schon eine andere Sache, zumal bei Revolvern auch der aus dem Trommelspalt schießende Gasschlag zum Schußknall beiträgt. Zu dieser Sache mit dem Trommelspalt gibt es übrigens dieses interessante Mythbusters-Video „Handgun Horror“, wo es allerdings um einen Revolver in einem Kaliber jenseits von .44 Magnum geht (ich vermute, .454 Casull, nachdem Jamie Hyneman Sorge gehabt hatte, daß ihm das Ding trotz der Kompensatorbohrungen im Lauf an den Kopf schlagen könnte):
Ich hatte einmal auf einem Schießstand im Freien einen Schuß mit meinem .357er ohne Gehörschutz abgefeuert, aber danach sofort wieder den Schutz aufgesetzt, denn der Knall war schmerzhaft heftig (wohl auch wegen der Überkopfblende vor mir, von der ein Teil des Knalls reflektiert wurde). In einem geschlossenen Raum muß das noch ärger sein, erst recht, wenn dickere Kaliber oder gar Flinten verwendet werden. Wie gesagt, mit letzteren würde ich es nicht ausprobieren wollen, außer im Notfall, wenn es gar nicht anders geht. Bei den erwähnten Erfahrungen von Einsatzkräften ist auch unklar, wie weit sie das Knallen nur nicht als übermäßig belastend empfanden und wie weit tatsächlich eine Schädigung des Gehörs ausgeblieben oder eingetreten ist. Auf die mechanische Belastbarkeit von Trommelfellen, Gehörknöchelchen und Sinneshärchen im Innenohr kann Adrenalin ja keine besondere Wirkung haben, und auch wenn es da einen winzigen Muskel geben soll, der die Gehörgänge bei Lärmbelastung verengt, so kann dieser doch bei Impulslärm nicht schnell genug reagieren.
Übrigens ist auch Kleinkaliber nicht ganz ohne: ich hatte einmal im Schießkeller fünf Schuß mit einem .22er-Gewehr ohne Gehörschutz abgefeuert, und obwohl mir das Knallen erträglich erschienen war, hatte ich unmittelbar danach beim Sprechen dieses seltsam „pamstlige“ Gefühl in den Gehörgängen, als ob jedes Wort mit einem „bzzzsssst“ unterlegt sei. Dabei ist dieser Schießkeller viel größer als die meisten Räume in einer Wohnung, und Pistolen sind wegen der kürzeren Läufe noch lauter.
Noch eine Leseempfehlung: Verteidigungsschießen: Konfrontationen auf extrem kurze Entfernungen von Dipl. Ing. Manfred Ertl
Lucifex
/ November 15, 2017Im Zusammenhang mit der gesetzlichen Situation in Österreich bezüglich der Aufbewahrung von Waffen und Munition in Privathaushalten, die entgegen dem Glauben vieler Polizisten nicht getrennt erfolgen muß, habe ich seinerzeit auf „As der Schwerter“ einen Artikel aus der IWÖ-Zeitschrift nachveröffentlicht, den ich jetzt hier wiedergebe:
Es muß sich aber jeder selbst überlegen, ob er es wegen der gesetzeskonformen Aufbewahrung seiner Waffe in geladenem Zustand auf Diskussionen mit kontrollierenden Polizisten, die etwas anderes glauben, ankommen lassen will (mit dem Risiko, daß die Waffe „vorläufig“ bis zur gerichtlichen Klärung beschlagnahmt wird) – oder ob er sicherheitshalber immer in der Zeit, wo wieder mit der Verwahrungskontrolle zu rechnen ist, Waffe und Munition getrennt aufbewahrt, bis die Bullen dagewesen sind.
Lucifex
/ November 16, 2017Im VISIER-Special 22 „Verteidigung mit der Kurzwaffe“ ist ab Seite 82 ein Artikel mit dem Titel „Nur Treffer zählen“ enthalten, aus dem ich nachfolgend Auszüge wiedergebe, die für das hier erörterte Thema „Mannstoppwirkung im Nahbereich“ am relevantesten sind:
Bei Hohlspitzgeschossen ist auch zu bedenken, daß deren Hohlspitze sich mit Material der durchschossenen Kleidungsschichten verstopfen kann, mit der Folge, daß die Aufpilzung dann vermindert oder gar nicht stattfindet. Nächster Ausschnitt:
Zu Knochentreffern, die für eine deutliche Verformung von Teilmantelgeschossen notwendig sind, kann es bei Brustkorbtreffern mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 40 -50 % kommen, denn die Lücken zwischen den Rippen sind nicht viel breiter als die Rippen selbst, sodaß etwa jeder zweite Schuß eine Rippe treffen oder streifen wird. Neben der Verformung kann ein versetzter Rippentreffer auch dazu führen, daß das Geschoß sich querstellt und dadurch ebenfalls einen größeren Wundkanal reißt. Weiter aus dem VISIER-Artikel:
„Deformationsmunition“ ist auch ein wichtiges Stichwort im Zusammenhang mit der 9 mm Makarow, da man in diesem Kaliber zumindest bei uns kaum etwas anderes als Vollmantelpatronen bekommt. In 9 mm kurz gibt es seit einiger Zeit sogar die starke Critical Defense von Hornady mit 90 grs (5,8 g) schwerem FTX-Hohlspitzgeschoß, in dessen Hohlspitze eine Kugel aus weichem rotem Kunststoff sitzt, die ein Verstopfen mit Kleidungsmaterial verhindert und mit ihrer Verformung das Aufpilzen unterstützt. Davon kostet aber eine 25er-Packung über 30 Euro…
hildesvin
/ Februar 19, 2018Wenn bei Hohlspitzgeschossen, und so etwas ist mir neu, durchgeschlagene normale Bekleidung das Aufpilzen ganz oder nahezu völlig verhindern kann, dann könnte man das Löchlein auch gleich vorher imprägnieren. Die Pferderasse ist dabei ziemlich egal …
Lucifex
/ August 2, 2018Bei der Durchsicht alter Zeitschriften bin ich in VISIER 6-1988 auf einen Infokasten über Gehörschäden durch Knalltrauma („Knochenbrüche im Ohr“) gestoßen, den ich jetzt als Scan an den obigen Artikel angehängt habe.
Lucifex
/ August 2, 2018In demselben VISIER-Heft ist auch dieser Kurzbeitrag über das amerikanische Städtchen Kennesaw enthalten, wo Anfang der 1980er eine Waffenpflicht eingeführt wurde:
Im deutschen Wiki-Artikel über Kennesaw wird das am 1. Mai 1982 beschlossene Waffenpflichtgesetz erwähnt; dabei steht auch, daß das Ignorieren der Waffenpflicht nicht [mehr] unter Strafe steht. Im Abschnitt Kriminalität steht:
Für heutige Verhältnisse und eingedenk der Nähe der vernegerten Großstadt Atlanta ist das wirklich relativ wenig. Interessanterweise wird der Name Kennesaw auf den Cherokee-Ausdruck Gah-nee-sah zurückgeführt, der Friedhof oder Gräberfeld bedeutet. Verbrechergräber, könnte man dabei denken.
Im Abschnitt Gun Law des englischen Wiki-Artikels über Kennesaw ist das „einzigartige“ Waffenpflichtgesetz in seinen zwei Absätzen wiedergegeben; dort steht auch, daß von der Waffenpflicht diejenigen Haushaltsvorstände ausgenommen sind, die entweder aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung an der sicheren Handhabung einer Feuerwaffe gehindert werden, sowie solche, die entweder zu arm sind oder aus Gewissensgründen keine Waffe im Haus haben wollen, und natürlich auch verurteilte Straftäter.
Wenn man von der Einstellung der Polizei von Kennesaw zur bewaffneten Selbstverteidigung der Bürger liest, könnte einen der Neid fressen. So geht’s also auch, ganz im Gegensatz zu dem, was R. Houck in Law Enforcement & The Hostile Elite über die traurige und schändliche allgemeine Realität der Polizeikräfte in (((Amerika))) und im Großteil des restlichen (((Westens))) schreibt.
Lucifex
/ Oktober 26, 2018Eine kürzlich gemachte Praxiserfahrung mit dem „Supergehör“ durch elektronische Gehörschützer möchte ich an euch weitergeben:
Gestern am frühen Abend (es war schon dunkel) hörte ich im Eingangsbereich Geräusche zu mir herauf, als ob jemand hereingekommen wäre. Eine Nachschau ergab, daß doch niemand da war, aber als ich wenig später wieder Geräusche hörte, habe ich den Gehörschützer aufgesetzt und eingeschaltet und bin mit dem geladenen Revolver bis in den Keller hinunter nachschauen gegangen.
Auch diesmal war niemand da, aber ich habe bei dieser Nachschau die Erfahrung gemacht, daß die verstärkte Geräuschwiedergabe durch die Mikrofon/Kopfhörer-Kombination eine ungewohnt intensive Geräuschwahrnehmung ermöglicht; man hört Sachen, die man sonst nicht bemerkt, z. B. das Rascheln der eigenen Kleidung, irgendwelche normalerweise unauffälligen Hintergrundgeräusche im Haus, und auch das Richtungshören entspricht nicht der natürlichen Wahrnehmung.
In so einer angespannten Situation kann all das zusätzlich beunruhigend wirken, und es ist etwas, dessen man bewußt sein sollte, um bei einer bewaffneten Nachschau Fehlreaktionen aus Nervosität zu vermeiden.
Lucifex
/ November 12, 2019Im Märzheft 2010 von „caliber“ ist ein Artikel über das VTAC-Pistolenvisier „Warrior Sight“ enthalten, an dessen Schluß auch die neue VTAC-Mannscheibe beschrieben wird. Diesen Abschnitt gebe ich nachfolgend wieder, weil darin auch zielballistisch interessante Informationen vorkommen, nachdem wir uns weiter oben über dieses Thema unterhalten haben (fette Hervorhebung im Text von mir):
Hier ist diese Scheibe zu sehen:
https://www.vikingtactics.de/VTAC-Products/VTAC-Target/VTAC-DSTT.html?language=en
Lucifex
/ November 12, 2019Hier ist das Video des weiter oben von mir erwähnten Schußwaffengebrauchs durch den Polizisten Michael Slager gegen den Neger Walter Scott: