Von Hervé Ryssen. Das französische Original „Juifs et Turcs“ erschien im September 2007 in Rivarol und findet sich auf Ryssens mittlerweile als Archiv verwendeten Netzseite herveryssen.over-blog.com. Übersetzung durch Sternbald (erstmalig am 29. Januar 2012 auf „As der Schwerter“ sowie am 31. Mai 2012 im „Archiv des Verbotenen Wissens“ veröffentlicht).
Juden und Türken gegen Christen
In André Harris’ und Alain de Sédouys Buch Juifs et Français (Grasset, 1979) finden wir interessante Zeugenaussagen über die von den Türken an der griechischen Bevölkerung nach dem Ersten Weltkrieg begangenen Grausamkeiten. Hier ist, was ein gewisser Maurice Denailles, ein Händler aus Sentier [ein Viertel in Paris, das für seinen (Schwarzmarkt-) Textilhandel bekannt ist] den beiden Journalisten berichtet. Er ist ein 1912 geborener Jude aus der Türkei, der 1924 nach Frankreich auswanderte. Folgende Erinnerungen beziehen sich auf die Machtübernahme Mustafa Kemals: „Meine ersten Erinnerungen sind furchtbar. Das war bereits ein Genozid. Ich war Augenzeuge des Massakers an den Griechen in Smyrna, wo ich gesehen habe, wie ganze Stadtviertel brannten. Ich habe Türken mit Ketten aus Brustwarzen durch die Straßen ziehen sehen. Ich habe griechische Priester gesehen, die der Reihe nach gezwungen wurden, durch Glasscherben zu laufen, welche von der Menge hingeworfen worden waren.“
Maurice Denailles freut sich, dass die Juden damals vom türkischen Furor nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden: „Glücklicherweise hatte Kemal eine halbjüdische Mutter, was uns damals gerettet hat“ (S. 94).
Kirchen zerstören
Seit langem setzten die Juden große Hoffnungen in die Türken. Als 1453 Konstantinopel von den Osmanen erobert wurde, freuten sie sich über die Niederlage der Christen. In seinem Buch Rendez-vous avec l’islam (Grasset, 2005) bestätigt Alexandre Adler, dass die Juden damals die türkische Invasion genauso unterstützten wie einige Jahrhunderte zuvor die arabische in Spanien: „Überall, wo sie vordringen, werden die Türken von den Juden als Befreier empfangen“ (S. 168).
Folgendes schreibt der namhafte jüdische Historiker Léon Poliakov: „Ein Teil der Marranen sah den Sieg der „Ismaeliten“, welcher großen Eindruck in ganz Europa machte, als ein Vorzeichen des baldigen Falles „Edoms“ [der Christenheit] und der unmittelbar bevorstehenden Befreiung Israels.“
Die Juden erwarteten damals sehnlichst die Ankunft ihres Messias: „Eine Gruppe Marranen aus Valencia entschloss sich, in die Türkei auszuwandern, weil sie sicher waren, dass der Messias auf einem Berg nahe des Bosporus erscheinen würde: „Die mit Blindheit geschlagenen Goyims sehen nicht, dass Gott sie nach ihrer Unterwerfung zu unseren Untergebenen machen wird“, sagte eine Anhängerin der Gruppe. „Unser Gott hat uns versprochen, dass wir in die Türkei gehen werden; wir haben vernommen, dass der Antichrist kommen wird; man sagt, dass der Türke die christlichen Kirchen zerstören und sie in Viehställe umwandeln wird und dass er den Juden und ihren Synagogen Ehrerbietung entgegenbringen wird“ (Histoire de l’antisémitisme, Band I, Point Seuil, 1981, S. 155).
Das Bündnis gegen die Christen
Es ist bekannt, dass viele Juden nach ihrer Vertreibung aus Spanien und den spanischen Besitzungen im Jahr 1492 im Osmanischen Reich Zuflucht fanden. Unter ihnen befand sich der berühmte Joseph Nassi, welcher der Erbe der äußerst wohlhabenden Familie Mendès war. Dieser gewann die Gunst des Sultans Suleiman. Poliakov schreibt über ihn: „Dank eines internationalen marranischen Netzwerks war er während etwa 15 Jahren der Mann mit dem größten Einfluss auf die Zirkel der Macht in Europa, und sein Wissen, verdoppelt durch seine Geschenke, ermöglichte ihm, ganz allein eine „pressure group“ zu bilden, die osmanische Außenpolitik zu beeinflussen und sogar über Krieg und Frieden zu entscheiden“ (S. 211).
Als verschworener Feind der Christenheit wusste Nassi sich über die Türken an den Christen zu rächen. Jacques Attali schreibt, dass Nassi, der einige Jahre zuvor zum Herzog von Naxos ernannt worden war, Suleiman 1569 rät „Venedig anzugreifen, um Zypern zu erobern, aus dem er einen Zufluchtsort für die Juden machen wollte“ (Les Juifs, le monde et l’argent, Fayard, 2002, S. 265).
Léon Poliakov seinerseits schreibt: „Als er 1570 Selim dazu brachte, Venedig den Krieg zu erklären, gelang die Eroberung Zyperns, wo er König zu werden hoffte. Es ist bekannt, dass diese große Insel sehr nahe an Palästina liegt. Als Folge der Eroberung Zyperns verbündeten sich jedoch Venedig, der Heilige Stuhl und Spanien, wodurch die Niederlage der Seeschlacht von Lepanto eingeleitet wurde. Nassis Stern begann nun zu sinken, und andere jüdische Günstlinge errangen das Wohlwollen des Sultans. […] Sein Name, welcher 15 Jahre lang in der europäischen Diplomatie klingende Münze war, beschäftigte noch lange die Vorstellungskraft vieler Menschen. Zusammen mit Marlowes „Der Jude von Malta“ war er ein Vorbild für Shylock, den Händler von Venedig [ein Drama von Shakespeare]“ (S. 214).
Die jüdischen Wurzeln des Kemalismus
Es ist wichtig, zu wissen, dass die Bewegung der Jungtürken zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die kemalistische Revolution und der westliche Laizismus in der Türkei teilweise aus dem Judaismus entstanden sind. In der Tat waren die Dönmeh – Juden, die vorgaben, zum Islam übergetreten zu sein (vgl. Psychanalyse du judaïsme, S. 158-164) – maßgeblich in der jüngeren türkischen Geschichte. Gershom Scholem, einer der großen jüdischen Denker des 20. Jahrhunderts, äußert sich folgendermaßen dazu: „Die Dönmehs stellten zahlreiche Mitglieder der intellektuellen Elite der Jungtürken. […] Sie spielten eine wichtige Rolle bei der Geburt des Komitees für Einheit und Fortschritt, einer jungtürkischen Organisation, die in Saloniki gegründet wurde. […] Als Beweis lässt sich anführen, dass David Bey, einer der drei Minister der ersten Regierung der Jungtürken und bedeutender Parteiführer der Bewegung, ein Dönmeh war“ (Le Messianisme juif, 1971, Calmann-Lévy, 1974, S. 235).
Der überaus einflussreiche Zeitungsdirektor Alexandre Adler bestätigt die jüdischen und freimaurerischen Ursprünge der kemalistischen Türkei: „Mindestens einer der Gründer, die am 14 Juli 1889, dem hundertsten Jahrestag des Sturms auf die Bastille, die Bewegung der Jungtürken ins Leben riefen, war ein erklärter Dönmeh: Sürkü Dey. Mehrere Dönmeh-Generäle führten die jungtürkischen Truppen an. […] Auch nach dem völligen Bruch mit seinem Mitverschwörer und Finanzminister, dem Dönmeh Djazid Bay, war das Umfeld Mustafa Kemals stets mit Sabbatianern [d. h. Dönmehs] durchsetzt (und darüber hinaus mit einer Clique sunnitischer Freimaurer des schottischen Ritus)“ (Rendez-vous avec l’islam, S. 175).
Vor jüdischem Publikum drückte Alexandre Adler sich auf einer Konferenz im Hause Itzak Rabins am 14. März 2005 etwas freier aus: „Es wird Sie nicht erstaunen, dass ich zahlreiche Dönmeh-Freunde habe, d.h. Schüler Sabbatai Zevis, und dass ich sie wirklich wundervoll finde. […] Ohne die große Anzahl an Dönmehs unter den türkischen Eliten gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hätte es keinen Kemalismus gegeben. […] Die großen Dönmehs führten die Reformen in der Türkei an und gründeten die modernen Gymnasien, darunter auch jenes, wo Mustafa Kemal in Saloniki studierte. Natürlich behaupten die türkischen Islamisten, dass Kemal selbst Dönmeh war, aber das ist falsch. Es stimmt allerdings, dass Dönmehs in seinem Umfeld und unter seinen Freunden dominierten“.
Alexandre Adler erklärt, dass eben dieser Einfluss der Dönmeh-Juden, die vortäuschen, sich zum Islam bekehrt zu haben, Grundlage des gegenwärtigen Bündnisses zwischen der Türkei und Israel sei: „Wenn nicht Dönmehs während der ersten dreißig Jahre der laizistischen Türkei das Amt des Außenministers bekleidet hätten und wenn nicht seit 1950 und heute noch 40 % der türkischen Botschafter in der Welt Dönmehs wären – darunter alle türkischen Botschafter in den USA –, dann wäre die Türkei sicherlich kein Verbündeter Israels (Vgl. Psychanalyse du judaïsme, S. 158-164).
Nun müsste man herausfinden, welche Rolle die Dönmeh-Generäle bei den Christenmassakern nach dem Ersten Weltkrieg und beim Armeniergenozid gespielt haben. Dies jedoch ist eine andere Geschichte.
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Siehe auch:
Dönmeh: Die judeo-islamischen Wendehälse der Türkei
Das maurische Spanien: Ein erfolgreiches multikulturelles Paradies? Von F. Roger Devlin
Das letzte Imperium von Anestos Canelides
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